Kirchtruderinger Skandalhaus: Es gibt noch 20 weitere in der Stadt
Keine Küche, kein warmes Wasser – und offenbar kein Einzelfall: Den Behörden sind Häuser bekannt, wo ähnliche Zustände herrschen.
München - Seit gestern ist es offiziell: Das Kirchtruderinger Skandalhaus ist kein Einzelfall. Auf eine Anfrage der SPD hin musste das Sozialreferat nun eingestehen, dass ihm 20 weiteren Häuser in München bekannt sind, wo ähnlich menschenunwürdige Zustände herrschen.
Ende Juni dieses Jahres, so geht aus der schriftlichen Antwort des Sozialreferats hervor, hatte die Behörde die Sozialbürgerhäuser beauftragt, eine Liste mit „überbelegten Objekten und prekären Wohnverhältnissen“ zu erstellen. Im Wohnungsamt sollte daraufhin überlegt werden, was man für die betroffenen Menschen tun könne.
Besonders viel fiel der Behörde allerdings offenbar nicht ein. Im Fall des Kirchtruderinger Skandalhauses unternahm sie jedenfalls lange nichts.
Wie ebenfalls aus dem Antwortschreiben hervorgeht, waren dem Sozialreferat die Zustände in dem Gebäude mit der Adresse Am Mitterfeld 30 spätestens seit Mitte Juli bekannt. Damals waren erste Beschwerden von Anwohnern eingegangen, in denen von Ruhestörung, Vermüllung des Gartens und von bis zu 60 Menschen die Rede war, die auf engstem Raum zusammen hausen wurden.
Die Behörden waren also frühzeitig informiert – und unbeobachtet blieb das Haus auch nicht. Die Antwort des Sozialreferats listet detailliert auf, wann jemand Am Mitterfeld vorbeigeschaut hat. Fast 20 Mal sahen Behördenvertreter nach dem Rechten, bevor das Haus Ende Oktober schließlich auf Weisung des OBs geräumt wurde.
Als Konsequenz aus dem Behördenversagen hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) seine Referate nun angewiesen, künftig noch enger zusammenzuarbeiten, um bei Mietwucher und menschenunwürdigen Wohnbedingungen in Zukunft früher einschreiten zu können.
Als Voraussetzung dafür hat die Rathaus-SPD den Freistaat gestern ersucht, das 2005 in Bayern abgeschaffte Wohnungsaufsichtsgesetzes wieder einzuführen. „In Nordrhein-Westfalen müssen Vermieter mit Geldbußen von bis zu 50 000 Euro rechnen, wenn sie Missstände nicht beheben“, sagt Fraktionschef Alexander Reissl.
Wäre das Gesetz nicht aufgehoben worden, vielleicht wäre die Lage in Kirchtrudering nicht eskaliert. Das Sozialreferat führt in seinem Schreiben aus, den Vermieter des Skandalhauses mehrfach damit beauftragt zu haben, die hygienischen Mängel zu beseitigen – der sei den Aufforderungen jedoch schlichtweg nie nachgekommen.
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