Kanzlerkandidatur der Union: Markus Söder benennt "klaren Favoriten"
München - CSU-Chef Markus Söder warnt eindringlich davor, dass sich die Union zu früh auf einen Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2025 festlegt. "Wir sollten uns in der Union nicht von außen mit einer verfrühten Diskussion ablenken lassen", sagte der bayerische Ministerpräsident. "Es ist wie beim Elfmeterschießen: Wer zu früh anläuft, der verschießt."
K-Frage: CSU-Chef Markus Söder sieht in Friedrich Merz den ersten Anwärter
Die Frage werde zwischen den Parteivorsitzenden von CDU und CSU geklärt, erklärte Söder der "Bild am Sonntag" weiter. "Wir beide verstehen uns so hervorragend, dass wir das gut hinbekommen. Und deshalb ist es wichtig, sich jetzt auch nicht treiben zu lassen."
Aktuell sieht Söder den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz als ersten Anwärter auf die Kandidatur: "Selbstverständlich ist der Vorsitzende der größeren Partei unter den Unionsschwestern ein natürlicher Kandidat. Würden wir jetzt wählen, wäre er auch der klare Favorit. Und ich plädiere ja für eine Neuwahl so schnell wie möglich."
Söder versprach, dass es zu keinem neuen Streit um den Kanzlerkandidaten kommen werde: "2021 wird sich nicht wiederholen." Der nächste Bundestag wird regulär im Herbst 2025 gewählt. 2021 hatte Söder die Kanzlerkandidatur der Union nach einem erbitterten Machtkampf dem damaligen CDU-Parteichef Armin Laschet überlassen. Er hatte sich im August dafür ausgesprochen, den Unionskanzlerkandidaten erst nach den Ost-Wahlen zu küren. Im September 2024 werden in Sachsen, Thüringen und Brandenburg die Landtage neu gewählt.
Markus Söder fordert Wehrpflicht von mindestens sieben Monaten
Weil die Bundeswehr unter Personalmangel leide und es neue Bedrohungen für Deutschland gebe, stellte der CSU-Chef zudem einen kontroversen Vorschlag zur Debatte und sprach sich für die Rückkehr zur Wehrpflicht mit einer Dauer von mindestens sieben Monaten aus.
"Die Aussetzung war aus heutiger Sicht ein Fehler", sagte er der "Bams" und ergänzte: "Das Argument war damals, dass wir in Europa keine Bedrohung mehr haben. Das ist jetzt anders. Bei wachsender Bedrohungslage macht die Wiedereinführung der Wehrpflicht Sinn."
Die Wiedereinführung gehe nicht über Nacht, räumte er ein. "Wir reden über eine Umsetzung in einem Zeitraum von frühestens fünf Jahren, um die notwendigen Strukturen anzupassen."
Söder: Schon jetzt damit anfangen, den freiwilligen Wehrdienst zu stärken
Als Alternative könne man auch an eine allgemeine Dienstpflicht denken, die aber verfassungsrechtlich schwierig durchzusetzen sei. "Die Wehrpflicht würde für Männer gelten. Eine soziale Dienstpflicht für alle", erklärte Söder. "Wobei natürlich die Bundeswehr offen für Frauen ist."
Seit 2011 keine Wehrpflicht mehr in Deutschland
Schon jetzt solle man anfangen, den freiwilligen Wehrdienst zu stärken, meinte der CSU-Chef. "Das bisherige Angebot ist nicht attraktiv genug. Alle, die freiwillig ein Jahr dienen, sollten einen Bonus erhalten: zum Beispiel die Reduzierung des Numerus clausus fürs Studium, den Erlass von Praxissemestern oder eine Verkürzung der Ausbildungszeit." Außerdem sollte der Dienst besser bezahlt werden. "All das muss natürlich auch bei einem Grundwehrdienst gelten."
Die Wehrpflicht war im Juli 2011 nach 55 Jahren von dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, da auch alle Strukturen für die Musterung und Ausbildung einer größeren Zahl von Soldaten abgeschafft wurden.
Debatte: Wie sinnvoll ist das schwedische Wehrpflichtmodell?
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt derzeit wegen der veränderten Sicherheitslage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Er hatte erklärt, auch das schwedische Wehrpflichtmodell in den Blick zu nehmen. "Dort werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, und nur ein ausgewählter Teil von ihnen leistet am Ende den Grundwehrdienst. Ob so etwas auch bei uns denkbar wäre, ist Teil dieser Überlegungen", sagte er Mitte Dezember der "Welt am Sonntag".
Kritik kam vor allem aus der FDP und von den Grünen, aber auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ging auf Distanz zu dem Vorstoß. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, forderte daraufhin, im neuen Jahr eine sachliche Debatte über die Modelle für einen allgemeinen Dienst in Bundeswehr und Zivilorganisationen zu führen.
Markus Söder plädiert für "Drohnenarmee mit 100.000 Drohnen"
"Wir müssen unser Land zu hundert Prozent verteidigungsfähig machen. Das bedeutet erstens: volle Ausrüstung, volle Munitionsdepots, volle Ausbildungsmöglichkeiten", betonte Söder. Das Beschaffungswesen müsse man "revolutionieren".
Nötig sei auch eine "Drohnenarmee mit 100.000 Drohnen für unsere Streitkräfte". Zudem brauche es eine moderne Infrastruktur mit neuen Kasernen, neuen Depotstrukturen und neuen Verwaltungseinheiten. "Nur so bekommen wir bei wachsender Bedrohungslage eine größere und stärkere Bundeswehr hin."
Söder spricht sich gegen Böllerverbot aus – persönlich kein Böller-Fan
Auch in die jährlich aufkeimende Silvesterdebatte um ein Verbot privater Knallerei schaltete sich der bayerische Ministerpräsident ein. "Ein generelles Böllerverbot ist der falsche Weg", sagte der CSU-Politiker. "Lebensfreude zum Jahreswechsel ist in Ordnung. Man sollte wegen einiger Halbkrimineller, wie zum Beispiel letztes Jahr in Berlin, nicht alle anderen bestrafen."
Städte könnten aus Sicherheitsgründen bestimmte Stadtteile vom Böllern ausschließen, betonte Söder. "Aber ein generelles Verbot ist nicht verhältnismäßig. Persönlich bin ich wegen unserer Hunde kein großer Fan davon, aber letztlich soll das jeder selbst entscheiden."
Markus Söder: "Berlin entwickelt sich leider zu einer Chaos-Stadt"
Nach den Krawallen in Berlin vergangenes Silvester hatte der CSU-Chef in Richtung der damals rot-grün-rot regierten Hauptstadt gesagt: "Berlin entwickelt sich leider zu einer Chaos-Stadt – beginnend bei der Politik, die weder Wahlen organisieren noch die Sicherheit ihrer Bürger garantieren kann." Inzwischen hat Berlin mit Kai Wegner einen CDU-Regierungschef.
Im bayerischen Landtagswahlkampf 2023 schloss Söder eine Koalition mit den Grünen aus, weil sie in einer "Verbotswelt" lebten – dabei nannte er explizit auch ein Böllerverbot, für das die Partei sei.