In 80 Tagen um die Welt – aber elektrisch

München - Für die Münchner Andreas Rieger und Rüdiger Hehl ist das Ziel eigentlich schon erreicht: Am Samstag sind sie mit ihrem Elektro-Tesla nach München gekommen. Gestartet waren sie von hier am 9. Juni nach Barcelona und von dort aus über Nordamerika und Asien nach Europa zurück. Die elektrische Weltumrundung in weniger als 80 Tagen ist dem gebürtigen Wertheimer und seinem Co-Piloten bereits gelungen.
Doch offiziell ist das frei nach Jules Verne vor 73 Tagen gestartete E-Rennen rund um die Welt erst beendet, wenn alle Teilnehmer sich wieder in Barcelona eingefunden haben. Und wenn sie den Triumph von Phileas Vogg aus Vernes "Die Reise um die Welt in 80 Tagen“ wiederholen wollen, müssten sie es bis zum 4. September schaffen.
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In der Ukraine stoppt sie ein Batterieschaden
Die Chancen dafür stehen gut. Am vergangenen Samstag trafen sich alle Teilnehmer zum Zwischenstopp in München, neun Tage vor dem Schlusstermin. Hinter sich hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon gut 25.000 der insgesamt 27.000 Kilometer. Bis Barcelona bleiben für die restlichen neun Tage nach Routenplaner gerade einmal 1342 Kilometer – und das durch die intakte europäische Infrastruktur.
Doch Andreas Rieger bleibt vorsichtig. Es könne immer noch etwas passieren: "Man weiß es einfach nicht“. Rieger und Hehl sind vorsichtig geworden, seit es sie in der Ukraine erwischt hat: Ihr Tesla Model S quittierte den Dienst, sendete Warnungen an die Besatzung und schaltete sich komplett ab. Diagnose: Batterieschaden. Von der Tesla-Niederlassung in Wien wurde eine Ersatzbatterie in Marsch gesetzt – es konnte weitergehen.
Acht der am 16. Juni in Spanien gestarteten elf Teams setzen auf große Tesla-Elektroautos. Grund ist ihre Reichweite. 400 Kilometer mit einer Batterieladung sind allemal drin. Das Schweizer Team schaffte bei besonders vorsichtigem Umgang mit dem Gas- beziehungsweise Elektropedal über 500 Kilometer.
Für Andreas Rieger, der mit einem Elektroroller den Einstieg in die Elektromobilität begann, hat die Tour schon jetzt ihre Alltagstauglichkeit bewiesen, auch wenn von einer weltweiten Schnellladeinfrastruktur keine Rede sein kann. Die zum Start geäußerte Zuversicht, eine Steckdose werde es schon überall geben, hat sich bei der Reise durch die USA, China, Kasachstan, Russland und Osteuropa relativiert.
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Batterie-Probleme in den USA
Mitunter dauerte es lange, bis die Batterien wieder aufgeladen waren. In den USA gibt es zwar Schnellladestationen, aber die Adapter passen für die europäischen Modelle des US-Herstellers Tesla nicht. Hätte man den Tesla an einen einfachen US-Stromanschluss gehängt, hätte eine Aufladung 40 Stunden gedauert, sagt Rieger.
Beholfen habe man sich im Land mit Starkstromanschlüssen in Industriegebieten. In Kasachstan und Russland setzten die extremen Straßenverhältnisse Fahrer und Material zu. Rieger/Hehl und die anderen zehn Teams mussten auch erfahren, dass die Welt seit dem Erscheinen von Jules Vernes Roman vor 143 Jahren trotz Globalisierung und Internet nicht unbedingt freizügiger oder einfacher geworden ist.
Um durch China zu reisen, mussten die Teilnehmer den Gegenwert ihrer etwa 80.000 Euro teuren Fahrzeuge hinterlegen, die Autos einem chinesischen Zulassungsverfahren unterziehen und auch noch im Schnellgang einen chinesischen Führerschein erwerben. Dass dies in nur fünf Tagen gelang, grenzt an ein Wunder.
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Einmal über die Grenze? Sechs Stunden
Jeweils sechs Stunden dauerte es, die chinesisch-kasachische und die kasachisch-russische Grenze zu passieren. Die russisch-ukrainische Grenze kostete fast einen ganzen Tag. Auch an der ukrainisch-rumänischen Grenze stand man vier Stunden. "Ab Rumänien beginnt Europa“, sagt Andreas Rieger, der die EU jetzt noch mehr zu schätzen weiß.
Organisiert wurde die Tour von dem IT-Unternehmer Rafael de Mestre, einem begeisterten Anhänger der Elektromobilität. Im Mai 2012 war er mit einem Tesla Roadster bereits zu einer Weltumrundung aufgebrochen, zu der er allerdings 127 Tage benötigte. Tesla sponserte die Tour übrigens nicht. Es gab lediglich eine Führung durch das Tesla-Werk in USA, berichtet Rieger.