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"Ich finde es nervig": Sommerstraßen-Projekt in München-Sendling frustriert Anwohner

In der Schmied-Kochel-Straße in München kommt die Sommerstraße nicht richtig gut an. Warum für den BA-Vorsitzenden Markus Lutz das Projekt der Sommerstraße dort dennoch nicht gescheitert ist.
Carmen Merckenschlager
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Belebt sieht anders aus. Auch bei gutem Wetter sei es in der Schmied-Kochel-Straße häufig leer. Markus Lutz findet trotzdem, dass die Sommerstraße an dieser Stelle eine gute Idee war.
Belebt sieht anders aus. Auch bei gutem Wetter sei es in der Schmied-Kochel-Straße häufig leer. Markus Lutz findet trotzdem, dass die Sommerstraße an dieser Stelle eine gute Idee war. © Daniel von Loeper

München - Blass zieren noch Blumen aus Kreide einen kleinen Abschnitt in der Schmied-Kochel-Straße. Daneben Stühle aus Metal, sie sind leer. So wie eigentlich die ganze Straße. Fairerweise muss man sagen, beim AZ-Besuch der Sommerstraße regnet es schon den ganzen Tag, der nächste Wolkenbruch steht kurz bevor.

Doch auch bei Sonnenschein ist die Sommerstraße nach Beobachtungen der AZ nur selten besucht. Woran das liegt? Besucher und Anwohner haben da ein paar Ideen. Auch Markus Lutz, der Bezirksausschussvorsitzende von Sendling und Verfechter der Schmied-Kochel- als Sommerstraße fällt dazu einiges ein. Ein Besuch vor Ort.

Schmied-Kochel-Straße in München: Gute Idee, aber ungemütlich umgesetzt

"Eigentlich ist das Ganze schon recht nice! Aber der Schatten fehlt. Und ein paar Wanderbäume wären nett", sagt Franziska Klein (40). Sie ist Anwohnerin und findet die Idee prinzipiell sehr gut, dass sich Anwohner in der Schmied-Kochel-Straße zusammensetzen könnten. "Aber so wirklich tut das kaum jemand. Viele gehen wenn vorne in die Eisdiele", weiß die Mutter eines Sohnes.

Franziska Klein fände ein paar Wanderbäume nett.
Franziska Klein fände ein paar Wanderbäume nett. © Daniel von Loeper

Die Pflanzentröge erinnern sie an den Marienplatz, so richtig gelungen bewertet sie das Grün nicht. Warum sie glaubt, dass wenige hier sitzen wollen? "Man könnte das sicher liebevoller gestalten. Aber Anwohner haben schon Sonnenschirme aufgestellt. Vielleicht funktioniert es am besten als Gemeinschaftsprojekt", sagt Klein.

Die Schmied-Kochel-Straße wird zur Sommerstraße: Anlage erinnert an Terrorabwehr

So richtig gelungen findet auch Inga von Stein (41) das Projekt nicht. "An sich ist es eine tolle Idee. Aber die Pflanzentröge erinnern schon ein wenig an Terrorabwehr", findet die Anwohnerin. Auch sie könnte sich für mehr Pflanzen und Schatten begeistern: "Ein paar große Palme wäre doch schön. Die Tröge könnte man mit Holz verkleiden, das wäre gleich einladender."

Die Stühle in der Schmied-Kochel-Straße bleiben nicht nur bei Regenwetter leer. Eine Anwohnerin erinnern die Pflanzentröge an Terrorabwehr.
Die Stühle in der Schmied-Kochel-Straße bleiben nicht nur bei Regenwetter leer. Eine Anwohnerin erinnern die Pflanzentröge an Terrorabwehr. © Daniel von Loeper

Ihre Tochter Tilda (7) würde das auch gefallen. Was sie aber noch besser fände: "Alle Autos weg!", ruft sie. Das fände auch ihre Mama schön. "Für die Kinder wäre das natürlich toll. Aber so ist das ja auch schon was", sagt von Stein. An die vorgegebene Schrittgeschwindigkeit würden sich nämlich nur wenige halten.

Parkplätze gehen vor allem Münchner Handwerkern ab

Franz Knobloch wohnt eine Straße weiter und ist von der Sommerstraße nicht überzeugt: "Ganz ehrlich: Ich finde es nervig. Die dadurch fehlenden Parkplätze sind ein Problem. Ich bin Handwerker und das wird in der ganzen Stadt immer schlimmer." Er arbeitet in der Fensterbranche.

Franz Knobloch findet die fehlenden Parkplätze nervig. Aber er ist sich sicher: "Hund Foufou freut es, wenn kaum Autos fahren."
Franz Knobloch findet die fehlenden Parkplätze nervig. Aber er ist sich sicher: "Hund Foufou freut es, wenn kaum Autos fahren." © Daniel von Loeper

"So ein Ding trägst du nicht eben mal eine Straße weiter, weil gerade mal kein Parkplatz frei ist", sagt er. Gegen spielende Kinder habe er gar nichts, auch wenn sich die Leute draußen treffen, findet er gut, aber das passiere in der Schmied-Kochel-Straße kaum. "Meinen Hund Foufou wiederum freut es natürlich, wenn weniger Autos fahren", sagt Knobloch. So ganz reicht ihm das als Argument für die Sommerstraße aber nicht.

Dass es nicht ganz einfach würde, wusste auch BA-Vorsitzender Lutz. Die Schmied-Kochel-Straße war dennoch sein persönlicher Favorit. "Eine ohnehin lebendige Straße zur Sommerstraße zu machen, ist einfach. Das läuft hier natürlich anders wie zum Beispiel in der Schöttlstraße", so Lutz. Die Schöttlstraße in Mittersendling war schon 2022 eine beliebte Münchner Sommerstraße – die Resonanz fast durchweg positiv. Vor allem die Anwohner hätten dort dazu beigetragen, die Straße zu beleben.

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Kunstaktionen und Wochenenden bringen Nachbarschaft in der Schmied-Kochel-Straße zusammen

Trotzdem zieht er nach der Halbzeit kein schlechtes Fazit. Probleme für den Lieferverkehr, zum Beispiel zur Metzgerei in der Straße, seien ausgeblieben.

Ja, eine mobile Palme fände auch Lutz schön, der fehlende Schatten sei schon zu ihm durchgedrungen und er wisse auch, dass hier wenig Nachbarschaftstreffen stattfinden. Er sagt: "Es war bisher eher eine Wochenendgeschichte. Bei den organisierten Kunstaktionen kommen aber immer einige Leute zusammen", erklärt er.

Ein Anzeichen, dass hier doch jemand sa?: Ein Getränkekarton zum Umhängen mit einer Halterrung für Kronkorken. Bleibt nur die Frage: War da wirklich Milch in der Tüte?
Ein Anzeichen, dass hier doch jemand sa?: Ein Getränkekarton zum Umhängen mit einer Halterrung für Kronkorken. Bleibt nur die Frage: War da wirklich Milch in der Tüte? © Daniel von Loeper

Für das nächste Mal möchte Lutz die Anregungen der Anwohner mitnehmen. "Vielleicht probieren wir es dann Mal auf der anderen Seite, wo mehr Schatten ist", sagt er. Auch mobiles Grün in anderer Form kann er sich vorstellen.

Das Eis-Café an der Ecke habe bereits ein Paklet beantragt. Für den BA-Vorsitzenden also ein guter Anfang in einer "untypischen" Sommerstraße - auch wenn die Anwohner bis jetzt nur am Wochenende neben Kreideblumen sitzen.

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93 Kommentare
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  • Bob2 am 09.08.2023 21:38 Uhr / Bewertung:

    In 60-70-80 lebten dort auch Menschen, und es gab je Familie 2-3-4 Kinder. Platz war für alle genug. Jetzt leben dor kinderlose Individuen in WG und benötigen angeblich Platz.

  • Geradeaus-Denker am 10.08.2023 01:00 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bob2

    Da gab es auch noch viel weniger Autos. Und viel weniger wichtige Autos, die es eilig hatten. Wir haben in den 60ern und 70ern noch problemlos auf der Strasse gespielt. Und wenn es gedauert hat bis der Ball auf der Seite unter Kontrolle war, wurde gewartet. Da würden heute schon wichtige 400 PS ungeduldigst aufheulen und die Kinder gefährden.

  • tutnixzursache am 09.08.2023 09:15 Uhr / Bewertung:

    Was erwarten diese ideologischen Verfechter von ihren romantisierten, verklärten "Sommerstraßen"? Dass sie wie auf ihren Schaubildchen tagtäglich vor entzückten Menschen bevölkert werden? Die Realität sieht bei mindestens 90% solcher Straßen anders aus. Schon nach wenigen Tagen null Interesse, die zusammengezimmerten "Möbel" verkommen, die Bewohner haben andere Interessen als auf so einer Straße rauf- und runter zu "flanieren". Kinder spielen schon lange nicht mehr auf der Straße. Das funktioniert bei ein paar wenigen ausgewählten Straßen, die in einer eh "hippen" Lage liegen. Aber dort artet es dann oft genug als "Partymeile" mit entsprechendem Lärm- und Schmutzpegel aus.

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