Hofpfisterei macht Filialen in München dicht: Traditionsbäckerei kämpft mit Personalmangel
München - Das gelbe Eckhaus liegt hinter der belebten Kreuzung Kapuziner-Lindwurmstraße. Durch die Glasscheibe: ein kleiner Tresen und Brotlaibe in hellen Holzregalen.
Es ist 13 Uhr und Büromenschen, Arzthelferinnen und Handwerker schwärmen aus, um sich eine warme Mahlzeit oder einen Mittagssnack holen. Der Hofpfisterei-Laden hier am Eck bleibt von dem Ansturm unbetroffen. Nur hin und wieder biegt jemand in den kleinen Laden ab.
Stammkunden lieben das Hofpfisterei-Brot – und den Service
Eine ist Ingrid Reis (76). Sie wusste nicht, dass die Traditionsbäckerei zuletzt vier Filialen in München schließen musste. "Gerade essen wir mehr Brötchen als Brot, aber normal ist das unser Stammbäcker", sagt die Isarvorstädterin.
Ihr Lieblingsbrot ist der Frankenlaib. Aber der sei beliebt und manchmal schon ausverkauft, wenn sie kommt. Mit der Qualität und Beratung sei sie immer zufrieden gewesen, sagt Reis. "Wenn die Filiale hier auch schließen müsste, wäre das sehr schade."
Den Grund für bisherige Schließungen in der Müllerstraße, in der Barer Straße und von zwei Filialen am Hohenzollernplatz, erfahren Kunden über die Aushänge an leeren Schaufensterscheiben. "Leider schließen wir personalbedingt unsere Filiale." Das Münchner Unternehmen unterhält insgesamt 157 Bäckerei-Filialen, darunter 88 im Münchner Stadtgebiet.
Der Grund überrascht Ingrid Reis nicht. Man höre ja allerorten von fehlendem Personal, sagt sie: in der Gastronomie, in der Pflege, im öffentlichen Nahverkehr, Kitas, im Handwerk. Sie selbst habe Friseurin gelernt. Noch ein Beruf, in dem manche Inhaber längst weniger Leute beschäftigen, als sie Platz in ihrem Salon hätten.
Hofpfisterei: Es könnten noch weitere Filialen in München schließen
Am Telefon sagt der Unternehmenssprecher, dass die Bio-Bäckerei zuerst versucht habe, die Personallücken mit kürzeren Öffnungszeiten einzufangen. "Aber das hat sich nicht als kundenfreundlich erwiesen." Zu den vier Filialen könnten in diesem Jahr noch weitere kommen. "Welche und wie viele, das ist noch gar nicht festgelegt", sagt der Sprecher.
Die einzelnen Filialen würden auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft und danach entschieden. "Aber das heißt nicht, dass wir jetzt eine Filiale nach der anderen zu machen", sagt er. Es würde bei Einzelnen bleiben. Zudem würde die Bio-Bäckerei in der Zwischenzeit auch neue Filialen eröffnen, wie Ende März in Kirchheim.
Fehlende Fachkräfte: Die Hofpfisterei ist kein Sonderfall
Bäckereifachverkäuferinnen fehlten in der ganzen Stadt. "Aber da ist die Hofpfisterei kein Sonderfall", sagt Heinrich Traublinger (58). Er ist der Obermeister der Münchner Bäcker-Innung. "Das ist ja ein ganz grundsätzliches Phänomen auf dem Arbeitsmarkt. Der Mangel zieht sich inzwischen durch alle Branchen," sagt Traublinger.
Die einen haben verkürzte Öffnungszeiten, andere einen Tag weniger geöffnet. Von der Geschäftsstellenleiterin Claudia Krüger-Köck heißt es zudem, dass selbst Ausbildungsbetriebe, die "weitaus mehr zahlen, als den Ausbildungstarif", nicht alle Stellen besetzten können.
Die Innung bemühe sich längst, über Kanäle wie Tik Tok, Instagram und Youtube junge Menschen gezielter anzusprechen und arbeite mit Personalvermittlern zusammen. "Wir haben auch massiv versucht, Menschen aus der Ukraine zu gewinnen", sagt Krüger-Köck. Mit kostenlosen Deutschkursen beispielsweise.
Genereller Fachkräftemangel in der Lebensmittel-Branche
Auch eine der Geschäftsführerinnen der Agentur für Arbeit in München ist alarmiert. Sie verweist ebenfalls auf den Fachkräftemangel, der sich inzwischen zu einem allgemeinen Personalmangel, auch im Helferbereich ausgeweitet habe.
"Doch die Lebensmittelhandwerker sind unter den Top 10 der Mängelberufe", sagt Andrea Olschewski-Schmitt. Gemeint sind Köchinnen, Gastro-Mitarbeiter, Metzgerinnen und eben die Bäcker und zugehörige Fachverkäufer.
Berufe im Niedriglohnsektor in München unattraktiv, aber dringend benötigt
Es seien Berufe, die zumeist zum Niedriglohnsektor gehörten. "Bei einer teuren Stadt wie München, können es sich viele nicht mehr leisten, hier zu wohnen", sagt die Arbeitsmarktexpertin.
Aber auch der Bedarf für diese Berufsgruppen sei in München erhöht, weil wegen der vielen Veranstaltungen, Messen, Geschäfte und Hotels viel mehr Menschen gebraucht würden, die kellnern, Würste verkaufen oder Laibe Brot zuschneiden.
- Themen:
- München