Giftanschlag auf Ehemann: Anklage gegen 74-Jährige ist raus

Eine 73-Jährige muss sich wegen versuchten Mordes verantworten. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage.
München - Die Ermittler gehen von einem "eiskalt geplanten Giftmord" aus. Birgit K. (74) soll ihrem acht Jahre älteren Mann Horst K. Glykol ins Essen gemischt haben. Die Staatsanwaltschaft München hat jetzt gegen die Finanzexpertin aus Neuperlach Anklage wegen versuchten Mordes erhoben.
Freundin verständigte Polizei nach verdächtigem Zusammenbruch
Nach dem Essen brach Horst K. plötzlich zusammen. Das war am Abend des 7. Mai letzten Jahres. Der Ingenieur litt an Schwindelanfällen und Übelkeit. Der Münchner rief eine Freundin an, die schließlich den Rettungsdienst verständigte. Das dürfte Horst K. letztendlich das Leben gerettet haben.
Den Ärzten in der Klinik gelang es, den Patienten zu stabilisieren. Nach Intensivstation und einer Woche im Krankenhaus wurde Horst K. entlassen. Anschließend fuhr er nach Frankreich in einen längeren Urlaub – allerdings alleine, ohne seine Ehefrau. Birgit K. blieb in München. Ahnungslos, dass sich etwas zusammenbraut.
Bis im Juni plötzlich die Mordkommission an der Wohnungstür klingelte.
Kennenlernen im Internet - Ehekrise bereits nach drei Jahren
Eine Freundin ihres Mannes war zur Polizei gegangen. Sie berichtete vom Kollaps ihres Freundes, der Behandlung in der Klinik. Sie behauptete, die Ehefrau habe den 81-Jährigen vergiften wollen (AZ berichtete).
Birgit K., die sich als Diplomfinanzfachwirtin ausgab, hatte den Ingenieur fünf Jahre zuvor übers Internet kennengelernt. Sie heirateten. Doch das Glück hielt nicht lange. Bereits nach drei Jahren kriselte es. Zuletzt lebte das Paar zwar noch gemeinsam in der Wohnung eines Mehrfamilienhauses am Gustav-Heinemann-Ring in Neuperlach – aber jeder für sich in strikt getrennten Bereichen.
Internet-Suche nach Giften: Die Wahl fiel auf Glykol
Die Scheidung drohte, man stritt sich ums Geld, beide hatten schon Anwälte engagiert. In dieser Situation erschien der Kollaps des 81-Jährigen mehr als verdächtig. Bei einer Hausdurchsuchung wurde unter anderem der Computer der Frau beschlagnahmt. Auf ihm fanden die Ermittler belastendes Material. Birgit K. soll sich im Internet über Gifte informiert haben. Substanzen, die später im Fall einer Obduktion im Körper des Toten nur schwer nachweisbar wären.
Die Wahl fiel, so fanden Ermittler heraus, auf Glykol. Eine Chemikalie, die als Frostschutzmittel verwendet wird. Eine farb- und geruchslose, süßliche Flüssigkeit, die in Wein oder Limonaden gemischt nur schwer herauszuschmecken ist. Für Kinder sind bereits kleine Dosen tödlich, bei Erwachsenen genügen einige Schnapsgläser. Glykol greift das Nervensystem an, schädigt Herz und Nieren.
Die Anklage sieht Habgier als Motiv
Die Ermittlungen gegen Birgit K. sind inzwischen abgeschlossen. Sie sitzt in München, im Frauengefängnis in U-Haft. Nach ihrer Festnahme bestritt sie die Vorwürfe, inzwischen macht sie keine Angaben mehr.
"Die Staatsanwaltschaft München hat Anklage erhoben", bestätigt Oberstaatsanwalt Florian Weinzierl auf Anfrage der AZ. Die 74-Jährige muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Die Anklage geht von Habgier als Motiv aus. Birgit K. wollte sich demnach bei der Scheidung nicht mit einer Abfindung abspeisen lassen, sondern das gesamte Vermögen ihres Mannes einstreichen.
Die Anklagepunkte: Betrug, Urkundenfälschung und versuchter Mord
Der Prozess gegen die mutmaßliche Giftmischerin wird voraussichtlich im kommenden Sommer beginnen. Ein genauer Termin beim Landgericht München steht noch nicht fest. In dem Verfahren geht es auch um Betrug und Urkundenfälschung. Offenbar hat die angebliche Diplomfinanzfachwirtin Zeugnisse manipuliert.
Zudem soll die 74-Jährige versucht haben, einen Zeugen zu einer Falschaussage zu bewegen. Birgit K. droht im Fall einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe wegen versuchten Mordes.
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