GEW München mit Dienstaufsichtsbeschwerde gegen OB Dieter Reiter

München - Der Stadtverband München der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) reagiert auf die zum Teil chaotischen Zustände bei der Auszählung der Ergebnisse der Kommunalwahl und legt Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Diese richtet sich konkret an Oberbürgermeister Dieter Reiter, Thomas Böhle als Leiter des Kreisverwaltungsreferats und den Personalreferenten Alexander Dietrich.
Die GEW München ist die für die Lehrkräfte der Landeshauptstadt zuständige Gewerkschaft und prangert das Vorgehen der Stadt an. Man habe an jenem 15. März in Zeiten von Corona "Leib und Leben" der Lehrkräfte riskiert, heißt es am Freitag in einer Mitteilung.
Beschwerde: "Hohes Infektionsrisiko" war bekannt
Hintergrund ist die Allgemeinverfügung der Stadt München vom Vortag – demnach hatten sich alle verbeamteten Lehrkräfte der Landeshauptstadt bis auf wenige Ausnahmen für eine Tätigkeit als Briefwahlvorstand bei den Kommunalwahlen im Messegelände in Riem (Halle A2) einzufinden.

Darin heißt es: "Aufgrund der Coronaepedemie sind zahlreiche Wahlhelferinnen und Wahlhelfer ausgefallen. Die ordnungsgemäße Durchführung und Auszählung der Kommunalwahl am 15. März 2020 im Gebiet der Landeshauptstadt München ist deshalb akut gefährdet. Die Anordnung der Nebentätigkeit ist somit im öffentlichen Interesse der Landeshauptstadt München zwingend erforderlich."
Den Verantwortlichen sei also bekannt gewesen, "dass es ein hohes Infektionsrisiko, insbesondere in geschlossenen Räumen und bei Menschenansammlungen, gibt", erläutert Siri Schultze, Geschäftsführerin des GEW-Stadtverbandes und Unterzeichnerin der Dienstaufsichtsbeschwerde.
Vorwurf: Gegen Fürsorgepflicht verstoßen
Reiter und Dietrich hätten ihre Pflichten aus folgenden Gründen verletzt: "Die Maßnahme verstößt gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherren (§ 45 BeamtStG) und das Übermaßverbot (Art. 20 Abs. 3 GG). Der Dienstherr hat seine verbeamteten Lehrkräfte durch die in der Allgemeinverfügung enthaltene Dienstverpflichtung einem unverhältnismäßigen Infektionsrisiko ausgesetzt."

Die Schutzmaßnahmen seien unzureichend gewesen – insbesondere hätten Maßnahmen zur Gewährleistung des Mindestabstands gefehlt. Bereits der Weg zum Dienstort sei mit einer hohen Infektionsgefahr verbunden gewesen, da er von vielen Dienstkräften mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt worden sei.
Die Räume seien vor allem wegen des einheitlichen Dienstbeginns teilweise vollkommen überfüllt gewesen, eine zeitliche Entzerrung habe es nicht gegeben. "Zudem mussten sich alle dienstverpflichteten Lehrkräfte zentral anmelden, wodurch großes Gedränge entstand. Auf Mindestabstände wurde ebenso wenig geachtet wie auf Schutzausrüstung (zum Beispiel Masken). Risikogruppen haben Oberbürgermeister und Personalreferent nicht von der Dienstverpflichtung ausgenommen", heißt es weiter.
GEW-Dienstaufsichtsbeschwerde: Personalreferat weiß von nichts
Ein GEW-Kollege berichtete schon kurz nach der Auszählung entsprechend plastisch von den Zuständen in der Messehalle: "Notwendige Schutzmaßnahmen wurden nicht getroffen, Desinfektionsmittel war nicht vorhanden und die Leute standen ohne den vorgegebenen Sicherheitsabstand dicht zusammen. Es kam uns vor wie auf einer 'Corona-Party'."
Zur Dienstaufsichtsbeschwerde konnte Tobias Stephan, Pressesprecher des Münchner Personalreferats, am Freitag noch nichts sagen. "Da ist bisher bei uns nichts eingegangen, wir wissen von nichts." Die Regierung von Oberbayern werde sich als übergeordnete Behörde mit der Beschwerde befassen müssen.
Diese bestätigte den Eingang am Freitag. "Die Regierung von Oberbayern hat zunächst eine Stellungnahme des Oberbürgermeisters angefordert und wird den Sachverhalt anschließend entsprechend der gesetzlichen Grundlagen prüfen", teilte eine Sprecherin mit. "Eine Aussage, bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht treffen."
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