Knaller vor Gericht: Florian Roth (Grüne) darf nicht Kulturreferent in München werden
München - Eigentlich soll Florian Roth, der langjährige Chef der Grünen-Fraktion, am 1. Juli als neuer Kulturreferent anfangen. Doch daraus wird wohl nichts: Das Verwaltungsgericht München hat am Mittwoch per Eilbeschluss entschieden, dass er die Stelle nicht antreten darf.

"Ich habe aus Prinzip geklagt. Das ist nicht im Interesse der Bürger"
Eine Pressemittelung dazu hat das Gericht am Donnerstag verschickt. Ein anderer Bewerber hatte gegen die Auswahlentscheidung geklagt – und nun recht bekommen.
Die AZ hat mit ihm telefoniert. Er möchte anonym bleiben. Nur so viel: Er arbeitet seit mehreren Jahren in einer kleineren deutschen Großstadt als Leiter eines Kulturreferats - und er ist Mitglied bei den Grünen. Trotzdem hatte ihn die Stadt nicht einmal zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Er habe nicht geklagt, weil er sich noch erhofft, auf diesem Weg den Job zu bekommen, sagt er. „Sondern aus Prinzip. Das Verfahren ist ganz falsch gelaufen. Das ist nicht im Interesse der Bürger.“
Er bezieht sich auf das Grundgesetz. Genauer gesagt: Auf Artikel 33, Absatz 2. Dort steht: Bei der Besetzung eines öffentlichen Amts solle ausschließlich auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber abgestellt werden. Das Prinzip der Bestenauslese. Und das sieht der Kläger verletzt.
Hat Grün-Rot schon vor der Wahl getrickst? Das vermutet die Opposition
Die Opposition im Münchner Stadtrat fragte sich schon, bevor Roth zum Kulturreferenten gewählt wurde, ob Grün-Rot herumtrickst, damit er die Stelle antreten kann. Denn formal erfüllt Roth nicht die Voraussetzungen für das Amt. Eigentlich muss man für so einen Posten beide juristische Staatsexamen abgelegt oder mehrere Jahre eine Führungsposition gehabt haben.
Roth hat einen Doktor in Philosophie und arbeitet bei der Stadt als Leiter bei einer Bildungsberatung, allerdings lange in Teilzeit. Grüne und SPD beschlossen in einer nicht-öffentlichen Sitzung, ihn und sechs weitere Bewerber trotzdem zuzulassen. Sie stellten ein sogenanntes „dienstliches Bedürfnis“ fest.
Nach Auffassung des Gerichts begründete der Stadtrat aber nicht ausreichend, warum dieses bestand. Denn: Zahlreiche andere Kandidaten – darunter der Antragsteller – erfüllen die Kriterien, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. "Es hat sich bewahrheitet, was wir im Stadtrat mehrfach sehr deutlich kritisiert haben: Bei der Auswahl des neuen Kulturreferenten wurde rechtlich unzulässig getrickst“, lautet das Fazit von CSU-Chef Manuel Pretzl.
"Ich nehme die Entscheidung zur Kenntnis": Nun muss die Stadt prüfen
Und wie reagiert Florian Roth? Schließlich war schon seine Wahl eine Zitterpartie. Erst im zweiten Durchgang und auch nur mit einer Stimme Mehrheit schaffte er es – obwohl Grüne und SPD zusammen so viele Sitze im Stadtrat haben, dass sie Personalfragen eigentlich problemlos unter sich ausmachen könnten.
„Ich nehme die Entscheidung zur Kenntnis“, sagt Roth. Die Stadt müsse das Urteil prüfen und besprechen, wie es weitergeht. Mehr will auch Grünen-Chefin Mona Fuchs nicht sagen. Die SPD äußert sich nicht.
Der Beschluss des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig. Die Stadt hat nun zwei Wochen Zeit, Beschwerde einzulegen. Natürlich habe die Rechtsabteilung im Rathaus schon vor der Wahl geprüft, ob das Verfahren rechtmäßig ist, sagt Roth. „Hätte es daran Zweifel gegeben, hätte man anders gehandelt.“
Das ist nicht die erste Personalie der Grünen, die scheitert
Linken-Chef Stefan Jagel erinnert daran: „Das ist nicht die erste Personalie der Grünen, die scheitert.“ Er bezieht sich da auf Anna Hanusch, die früher mit Roth die Grünen-Fraktion im Stadtrat anführte. Sie wollte Baureferentin werden. Doch an ihrer Eignung gab es solche Zweifel, dass sie am Ende ihre Bewerbung zurückzog. Auch 2012 ging eine grüne Personalie schief: Der grüne Boris Schwartz sollte Kommunalreferent werden. Auch bei ihm beanstandete die Regierung von Oberbayern seine Qualifikation. Er verzichtete auf das Amt.
„Der grün-roten Stadtregierung war das Parteibuch wieder einmal wichtiger als die Qualifikation“, sagt CSU-Chef Pretzl. Das räche sich jetzt bitter. „Einmal mehr mussten Juristen klarstellen: Die Stadtverwaltung ist kein grüner Selbstbedienungsladen.“

Allerdings: Nicht nur die Grünen besetzen Referentenposten nach Parteibuch: Zum Beispiel setzte die CSU einst Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) durch. Und die SPD seinen Nachfolger, den Ingolstädter OB Christian Scharpf (SPD). Allerdings: Beide sind Juristen. An ihrer formellen Eignung bestand nie ein Zweifel.
Besetzung nach Parteibuch entspreche „ganz und gar nicht dem Geist der Bayerischen Gemeindeordnung“, findet FDP-Chef Jörg Hoffmann. „Referent zu sein, ist kein politischer, sondern ein fachlicher Job.“
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