Festpreis-Regelung: Taxifahrer in München sind skeptisch

Seit Freitag können Fahrgäste in München für eine Taxifahrt einen Festpreis vereinbaren. Die AZ hat sich bei Taxifahrern in der Stadt dazu umgehört.
Julia Wohlgeschaffen
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
14  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
An der Südseite des Hauptbahnhofs: Hier warten viele Taxifahrer in ihren Taxis auf Fahrgäste. Ulla Unger steht hier an ihrem Fahrzeug und spricht mit der AZ über die Neuerung.
An der Südseite des Hauptbahnhofs: Hier warten viele Taxifahrer in ihren Taxis auf Fahrgäste. Ulla Unger steht hier an ihrem Fahrzeug und spricht mit der AZ über die Neuerung. © Sigi Müller

München - Wer sich am Freitag in der Stadt bei den Taxifahrern umhört, stellt schnell fest: Ihre Begeisterung über die neue Festpreis-Regelung hält sich in Grenzen. Das ist zumindest das Ergebnis einer kleinen Umfrage der AZ.

"Wüsste gar nicht, wie das geht": Taxifahrer in München fremdeln noch mit den Festpreisen

Ulla Unger steht mit ihrem Taxi in der Bayerstraße vor dem Hauptbahnhof. "Wir sind alle neugierig, wie sich das auswirkt", sagt die 63-Jährige. "Es ist irgendwie schwierig. Ich befürchte, dass Kunden kommen werden und über Festpreise diskutieren", so die Taxifahrerin. Das sei ein Problem, denn sie selbst könne gar keine Festpreise vereinbaren.

"Die Festpreise werden nur von der Taxigenossenschaft oder von Isarfunk ausgegeben", erklärt Ulla Unger. Wie es dann aber genau weitergeht, ist der erfahrenen Taxifahrerin am Freitagvormittag noch nicht ganz klar: "Ich wüsste gar nicht so genau, wie das geht. Das hat man mir zwar gezeigt vorgestern, aber das müsste ich echt nachschauen."

"Wie soll das funktionieren?": Festpreis-Kritik unter Münchner Taxifahrern

Herbert Jöllingen hat sein Taxi in der Pfefferstraße, am anderen Ende des Hauptbahnhofs geparkt. Er hält von der neuen Regelung nichts: "Ich bin Taxiunternehmer seit 50 Jahren. Diese Regelung ist einfach hirnlos", findet der 72-Jährige.

"Da hat sich jemand was ausgedacht, der keine Ahnung von der Wirklichkeit hat. Wie soll das funktionieren?", so der Taxifahrer. Er werde sich die App nicht runterladen, sagt er. "Der Oberbürgermeister stellt das als neues Modell vor, und andere Städte wollen angeblich nachziehen – ich kann mir das nicht vorstellen."

Herbert Jöllingen hält nicht viel von der neuen Festpreis-Regelung,
Herbert Jöllingen hält nicht viel von der neuen Festpreis-Regelung, © Sigi Müller

Auch seine Befürchtung: Dass Fahrgäste diesen Festpreis direkt bei ihm am Taxi einfordern – was an diesem Freitag laut Taxizentrale tatsächlich bereits vorgekommen ist, berichtet Thomas Kroker von der Taxi-München eG. "Das sind kleine Anfangsschwierigkeiten, die wir sicher schnell in den Griff kriegen."

Nicht alle Taxifahrer in München haben etwas von der Festpreis-Regelung mitbekommen

Ein Taxler vor dem Bayerischen Hof reagiert völlig überrascht auf die Neuigkeit: Sami Salt hat von der neuen Festpreis-Regelung am Freitagvormittag nämlich noch gar nichts gehört und erklärt, er fahre mit seinem Taxameter.

So richtig angekommen ist die neue Regelung in der Stadt an diesem ersten Tag offenbar nicht überall. Bleibt abzuwarten, ob sich das in den nächsten Wochen ändern wird: Zur IAA und zur Wiesn werden in München viele Besucher erwartet – die auch bekanntlich gerne mal in ein Taxi steigen.

Sami Salt hat von der neuen Regelung noch gar nichts mitbekommen.
Sami Salt hat von der neuen Regelung noch gar nichts mitbekommen. © Sigi Müller

Eine gute Nachricht für alle, die gerne mit dem Taxi an ihr Ziel kommen – und das sind in der Landeshauptstadt täglich rund 25.000 Menschen, so die Einschätzung von Thomas Kroker von der Taxi-München eG: Seit Freitag können Münchner für ihre Taxifahrt vor der Abfahrt einen Festpreis vereinbaren.

Die Festpreis-Regelung gilt nicht für alle Taxifahrten in München

Das ist über einen Anruf bei der Taxizentrale (089/21610) oder über die Münchner Taxi-App möglich. Der Preis bis zum vereinbarten Ziel wird aus Grundpreis und Kilometerpreis errechnet und von der Zentrale an den Fahrer übermittelt. Der Vorteil der neuen Regelung für die Fahrgäste: Sollte das Taxi im Stau stehen oder wegen eines Unfalls einen Umweg fahren müssen, zählt das Taxameter nicht weiter nach oben. Der Preis bleibt fix.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Wichtig zu wissen: Wer ein Taxi am Straßenrand heranwinkt oder direkt am Taxistand einsteigt, hat die Möglichkeit auf den Festpreis nicht. Die Erklärung: "Die Fahrer haben an Bord nicht die technischen Möglichkeiten, die Festpreise zu berechnen. Das funktioniert nur über die App oder die Zentrale", sagt Thomas Kroker. Er hält die Neuerung für einen sehr wichtigen Schritt, um auf dem Taximarkt weiter konkurrenzfähig zu bleiben.

"Das Echo ist durchaus positiv", sagt Kroker am Freitag. Gegen 14 Uhr hätten bereits 350 bis 400 Fahrgäste das neue Angebot genutzt, hauptsächlich durch einen Anruf in der Taxizentrale.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
14 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Geradeaus-Denker am 02.09.2023 12:35 Uhr / Bewertung:

    Ich fahre nur Taxi, wenn es unbedingt sein muss. Das Fahrverhalten der vieler Fahrer Ist gefährlich und unkomfortabel. Warum soll ich dafür so viel bezahlen? Egal ob per km oder zum Festpreis.

  • FredC2 am 02.09.2023 10:44 Uhr / Bewertung:

    Typisch deutsch, Festpreis prinzipiell möglich, aber nur unter bestimmten Bedingungen und mit viel hin und her.
    Ich hoffe da auf künstliche Intelligenz, weil mit menschlicher scheint eine solche eigentlich vernünftige Verbesserung ja nicht vernünftig umsetzbar.
    Möglicherweise ist auch nur eine Panik-Reaktion auf den zunehmenden Konkurrenz-Druck durch andere Fahrdienste.

  • AllesBesser am 02.09.2023 07:01 Uhr / Bewertung:

    Das Problem wird der Markt regeln. Das wird zum Vorteil der Fahrgäste sein die üblicherweise mehrheitlich die billigste Lösung wählen werden. Es wird aber wahrscheinlich zur Gefahr für alle Fahrer, die sich gegenseitig mit immer niedrigeren Preisen unterbieten werden müssen. Das werden viele Taxler sowie Fahrer der verschiedenen Dienste nicht lange mitmachen können.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.