Fan-Gewalt zwischen FC Bayern und TSV 1860: Die Chronologie der Eskalation
München – Gegen 22.15 Uhr am Abend des 16. Mai alarmierten etliche Anwohner der Implerstraße die Polizei, nachdem zwei Lager aufeinander einprügelten. Als diese am Tatort eintraf, rannten die Beteiligten davon. Übrig blieben nur Sturmhauben und Schlagwerkzeuge. Später wurde ersichtlich, dass es sich bei den Gruppen um Hooligans des FC Bayern und des TSV 1860 handelte.
Als Revanche darauf lauerten Löwen-Fans ihren Rivalen auf, als die zweite Mannschaft des FC Bayern am Mittwochabend im Grünwalder Stadion gegen den FC Pipinsried spielte. 20 bis 30 Löwen-Fans griffen 40 bis 50 Bayern-Fans am Wettersteinplatz an. Ein 20-Jähriger wurde laut AZ-Informationen durch einen Faustschlag leicht verletzt. Es war nicht die erste Auseinandersetzung beider Fangruppierungen, eine Chronologie der Eskalation:
FC Bayern vs. TSV 1860: Alles begann mit der "Ameisen-Choreo"
Begonnen hat diese im WM-Jahr 2006, als die Zweitvertretung des FC Bayern noch gegen die Löwen-Amateure spielte und noch die erste Mannschaft.
Die in der "Westkurve" beheimateten Sechzig-Fans verschafften sich Zutritt zur Stehhalle und drohten, ihre Rivalen zu jagen, woraufhin diese sofort das Weite suchten. Unter den Ultras des TSV kennt man diese Aktion als "Ameisen-Choreo".
Die künstlerische Antwort der FC-Bayern-Fans: "Nicht einfach nur so hingeschmiert"
Vier Jahre später gab es die Retourkutsche der Bayern-Fans. Erneut vor einem Amateurderby brachen diese in die Westkurve ein und bemalten diese rot-weiß mit dem Schriftzug "FC Bayern". Am nächsten Morgen entdeckte der Platzwart die Tat.
"Die Graffiti waren richtig künstlerisch. Das war nicht einfach nur so hingeschmiert, sondern die haben sich wirklich was einfallen lassen", gab Edith Rubenbauer, die damalige Sprecherin des Sportreferates in der Süddeutschen Zeitung zu.
1860 erstattete Anzeige gegen Unbekannt. Auf rund 10.000 Euro wurde der Schaden geschätzt – und auch bei den Materialkosten sollen die Bayern-Fans nicht gespart haben: "Die müssen ganz schön in die Tasche gegriffen haben", so Rubenbauer.
TSV-1860-Relegation fällt ins Wasser – Auseinandersetzung auf Triplefeier des FC Bayern auch
"Jetzt brennt die Luft!", entlud sich der Frust der Sechzig-Fans in den Foren. Ein kleineres Störfeuer gab es im Jahr 2013. Gerade hatte der FC Bayern das Triple gewonnen. als die Zweitvertretung der Löwen gegen den jetzigen Zweitligisten SV Elversberg spielen sollte.
Aufgrund des Dauerregens, der zu diesem Zeitpunkt in anderen Teilen Deutschlands sogar für Überflutungen sorgte, fiel die Partie in der Allianz Arena buchstäblich ins Wasser. Stattdessen machten sich hunderte Löwen-Ultras auf den Weg zum Odeonsplatz und zogen mit Schmähgesängen auf den Rivalen Richtung Marienplatz, im Versuch, die Triplefeier des FC Bayern zu torpedieren. Es blieb letztlich beim Versuch.
Fahnen-Krimi: FC-Bayern-Fans bringen TSV-1860-Gruppierung "Giasinga Buam" zum Auflösen
Im Jahr 2016 begann sich die Lage zwischen den beiden Gruppierungen zu verfinstern, weil es Bayern-Fans gelang, die "Giasinga Buam", damals die größte Gruppierung der Löwen-Fans, im Kern zu treffen. Sie stahlen die Zaunfahne.
Der Ehrenkodex besagt, dass sich eine Ultra-Gruppierung in diesem Fall aufzulösen hat. In der Nacht vor dem Fahnenklau ging bei der Münchener Polizei ein Notruf ein. An der Humboldt-Ecke Pilgersheimer Straße soll es zu einer Schlägerei gekommen sein. Als diese dort eintraf, war allerdings niemand mehr da.

Einen Tag später war die Zaunfahne verschwunden. Logischerweise unterscheiden sich die Erklärungen zwischen Bayern- und Sechzig-Fans deutlich. Während die rote Seite darauf beharrte, dass der Fahnenträger mit seiner Freundin im Auto abgepasst und zur Übergabe "gebeten" worden sei, fügt die blaue Seite physische Überzeugungsarbeit hinzu.
Später versuchte der Löwen-Fan, die Fahne zurückzugewinnen, indem er das Auto der Bayern-Ultras mitten auf der Autobahn anhielt. Diesen gelang allerdings die Flucht. Über öffentliche Verkehrsmittel brachten sie ihr erbeutetes Gut in Sicherheit. Wo sie die Zaunfahne untergebracht haben, ist bis heute nicht bekannt.
Schlägerei im Westend: Situation zwischen beiden Fanlagern verfinstert sich
Es blieb bei der Revanche im Dreijahresrhythmus. Im Jahr 2019 war der TSV 1860 wieder in der 3. Liga angekommen und hatte ein Heimspiel gegen den FC Carl Zeiss Jena. Die Jena-Fans verbindet eine Fanfreundschaft mit dem FC Bayern. Am Abend des 13. September kam es zu einer Massenschlägerei vor dem Lokal "Trakya" im Westend.
Eigentlich ist die Kneipe eher dafür bekannt, dass sich dort ältere Herren am Spielautomaten zum Bier treffen. Diesmal ging es wesentlich chaotischer zu. "Hier regiert der TSV!", brüllten vermummte Anhänger, während sie auf Bayern- und Jena-Hooligans einprügelten. Bis zu 100 Personen sollen an der Schlägerei beteiligt gewesen sein, sagen Augenzeugen. Die Polizei spricht von rund 50.
Als sie am Tatort mit rund 70 Einsatzkräften eintraf, fingen die Beteiligten an zu flüchten. Festgenommen werden konnte nur eine Person, ein 23-jähriger 1860-Fan. Ein weiterer, 28 Jahre alt und Fan des FC Bayern, erlitt eine Platzwunde am Kopf.
"Wirkte wie inszeniert": Augenzeugen geschockt von Prügelei zwischen FC-Bayern- und TSV-1860-Fans
"Das wirkte wie inszeniert, wie vorher abgesprochen", so die Augenzeugen. Nicht zuletzt, da die Schläger nur auf Ihresgleichen losgingen. Zufällig vorbeilaufende Passanten wurden verschont. Recherchen des Bayerischen Rundfunk bestätigen die Annahme, dass sich die Fans vermutlich online zu der Massenschlägerei verabredet hatten. In den weiteren Tagen konnten noch mehr Tatverdächtige gefasst werden. Sprechen wollte allerdings niemand. "Das ist Ehrensache und entspricht dem Kodex der Szene", erklärten Insider.
Ende Mai diesen Jahres gab es die nächste Auseinandersetzung. Ob eine Fortsetzung folgt, wann und wie diese aussehen wird, ist allerdings noch nicht bekannt.
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