EU in München: Was sich das Rathaus von Europa wünscht
München - Was macht die EU? Wie arbeiten die Abgeordneten in Straßburg? Solche Fragen sollen bald im Rathaus beantwortet werden. Denn in den ehemaligen Sport Münzinger an der Ecke zur Weinstraße soll eine neue Dauerausstellung mit dem Titel "Erlebnis Europa" einziehen. Die ist sonst nur in Straßburg und in Hauptstädten zu sehen.
Jahrelang habe er dafür gekämpft, sagt Volt-Stadtrat Felix Sproll, der sich im Rathaus besonders für Europa engagiert. Er hofft, dass sie nächstes Jahr im Herbst eröffnen kann. Zu spät für die Europawahl also.
EU in München: Bald mit eigener Ausstellung im Rathaus
Die Ladenfläche muss nämlich noch umgebaut werden. In den anderen Ländern ist die Ausstellung multimedial aufgebaut: "Es wird erklärt, warum welche Entscheidungen wo gefällt werden", sagt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Für ihn ist die Ausstellung deshalb sogar das wichtigste Projekt in München, für das EU-Gelder fließen.
Aber welche Hoffnungen hat das Rathaus sonst an die Europawahl? Was könnte sich für München verbessern? Die AZ hat sich umgehört.

"Die EU soll mehr auf die Städte hören": Mit Felix Sproll sitzt ein Stadtrat einer Europa-Partei im Rathaus
Einem Stadtrat liegt die Europa-Politik besonders am Herzen: Felix Sproll von Volt. Schließlich hat sich seine Partei 2017 als Reaktion auf den Brexit gegründet. Sie versteht sich als "paneuropäische Partei". Es geht Volt nicht um links oder rechts, sondern um eine Stärkung Europas - und um deren Veränderung. Volt will dem EU-Parlament zum Beispiel mehr Macht geben. Sproll ist der einzige Vertreter seiner Partei im Münchner Stadtrat. Er bildet mit der SPD eine Fraktion und ist dort der Fachsprecher für Europapolitik. "München profitiert überproportional von Europa", findet er. Schließlich könne sich München vieles nur wegen der hohen Gewerbesteuereinnahmen leisten. Wäre es für die Münchner Unternehmen schwieriger, ins EU-Ausland zu exportieren, würden die Gewinne sicher geringer ausfallen, ist sich Sproll überzeugt.
Er hofft, dass sich nach der Wahl vor allem im Bereich der Digitalisierung etwas verändert. "Momentan gelten in jedem Land andere Regeln, was Verwaltungen digitalisieren dürfen", sagt er. "In Estland darf man sogar digital wählen." In München wäre das gerade nicht denkbar. Eine weitere Forderung von Sproll: "Die EU soll mehr auf die Kommunen hören." Momentan gebe es keinen institutionellen Austausch. Dabei wäre dieser sinnvoll, glaubt Sproll. Schließlich muss München die EU-Richtlinien umsetzen. Etwa die neuen Grenzwerte für die Luftreinhaltung.Sproll wünscht sich außerdem, dass die EU sich mehr darum kümmert, dass in allen Großstädten Wohnraum bezahlbar bleibt - zum Beispiel durch Förderprogramme, die den Bau von Wohnungen bezuschussen, aber auch durch neue Regeln etwa für Ferienwohnungen. Bis jetzt, sagt Sproll, können Kommunen sie wegen des EU-Wettbewerbsrecht nicht verbieten. Ebensowenig wie mit Diesel betriebene Laubbläser, zu denen der Stadtrat jedes Jahr aufs neue Anfragen bekommt.

"Zu viele Vorschriften tun der Wirtschaft nicht gut": Im Rathaus gibt es eine eigene Abteilung nur für Europa. Auf was deren Chef Clemens Baumgärtner hofft
Fast 60 Seiten ist die Broschüre dick. Es geht darin um Projekte, Initiativen und um Netzwerke, für die München Fördergelder aus der EU bekommt. Erstellt hat sie das Referat für Arbeit und Wirtschaft. Ein zweistelliger Millionenbetrag fließe jedes Jahr, schätzt Referatschef Clemens Baumgärtner (CSU). In seiner Behörde gibt es sogar einen eigenen Fachbereich für Europa mit 15 Mitarbeitern. Alle Förderanträge - egal, welchen Bereich im Rathaus sie betreffen - werden hier gestellt, erklärt Baumgärtner. Auch am Aufbau der Ausstellung "Erlebnis Europa" (siehe Text oben) sind seine Mitarbeiter beteiligt. Und sie vertreten München gegenüber dem EU-Parlament und dem Stadtrat, so Baumgärtner.
Wenn man ihn fragt, was er sich für die nächste Legislatur wünscht, damit München von der EU noch mehr profitiert, antwortet Baumgärtner zuerst mit dem, was er sich für die Wahl wünscht. Nämlich: eine hohe Beteiligung. Denn Baumgärtner beobachtet, dass viele Europa als etwas zu Selbstverständliches sehen. Eine hohe Wahlbeteiligung wäre aus seiner Sicht ein Signal: Das Interesse an Europa wächst.Nach der Wahl hoffe er darauf, dass Europa noch mehr zusammenwächst. Und dass die Bürokratie abgebaut wird. Zu viele Vorschriften, meint er, tun der Wirtschaft nicht gut - aber auch nicht dem Gefühl, dass Europa etwas Positives ist.

"Nicht zu viel privatisieren": Bürgermeisterin Verena Dietl wünscht sich Hilfe beim Wohnungsbau und der Mobilität
Auch Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) verbindet mit der Europawahl Hoffnungen: "Für die neue Periode des EU-Parlaments wünsche ich mir, dass Fragen der Stadtentwicklung, des Wohnungsbaus oder der innerstädtischen Mobilität noch viel stärker auf der Agenda stehen", sagt sie. Sie wünscht sich keine neuen Regelungen, sondern Unterstützung.Ihre tendenziell positive Haltung zu Privatisierungen etwa bei Sparkassen, Gesundheits- und Energieversorgung solle die EU korrigieren, fordert sie.

"Mehr Begegnungen und Partnerschaften": München profitiert vor allem vom Austausch mit anderen Städten, finden die Grünen
Wenn es bei den Grünen im Stadtrat um Europapolitik geht, ist Beppo Brem gefragt. Er ist zum Beispiel Mitglied der Stadtratskommission Europa. Er hofft: "Die EU sollte nach der Wahl wieder nah an den Bürger*innen und den Kommunen sein." Brem fordert deshalb: "Programme, die der Begegnung und dem Austausch der Menschen in Europa dienen - wie Erasmus und Förderungen der Städtepartnerschaften - sollten ausgebaut werden." Schließlich bringe München der Austausch mit Edinburgh, Verona oder Bordeaux weiter.