Entenbrater und Eheberater: Seestubn-Wirt Dieter Wort im Zamilapark in München macht Schluss

Nach 32 Jahren hat Wirt Dieter Moser Ende September seine Seestubn im Zamilapark in München geschlossen. Mit ihm verschwindet ein Stück Wirtskultur in der Landeshauptstadt und eine deftig-bayerische Küche.
Lutz Bäucker |
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Wer fleischlose Gerichte braucht, könnte bei Dieter Moser Pech haben. Wobei - der leidenschaftliche Wirt findet bestimmt eine Lösung.
Wer fleischlose Gerichte braucht, könnte bei Dieter Moser Pech haben. Wobei - der leidenschaftliche Wirt findet bestimmt eine Lösung. © Lutz Bäucker

München - Vom kleinen feinen Biergarten unter längst groß gewordenen Kastanienbäumen schaut man auf den See im Zamilapark. Dort sitzt Dieter Moser mit einer Tasse Kaffee an einem der Tische im Kies, es ist acht Uhr in der Früh. "So starte ich seit 32 Jahren immer in den Tag", sinniert der gebürtige Oberpfälzer, als ihn die AZ im September trifft. "Die Vögel zwitschern, ein Oachkatzl sucht seine Vorräte, auf dem Wasser streiten sich ein paar Enten – einfach herrlich!"

"Früher ham da Schafe gegrast": 1991 übernahm Dieter Moser die Seestubn im Zamilapark

Im April 1991 hat er das Restaurant im damals gerade fertiggestellten Zamilapark übernommen, die grüne Lunge für die Münchner Stadtbezirke Denning, Zamdorf und Bogenhausen. "Früher ham da Schafe gegrast, alles große Weideflächen, erinnert sich Moser, "und mir san mitm Motocrossbike umanand gfahrn!" Der wilde Osten Münchens war das.

Die Stadt zog ein breites grünes Band mit Liegewiesen, Bäumen und Büschen vom Mittleren Ring bis zur Bahnstrecke Richtung neuem Flughafen, Frischluftschneise, Erholungsgebiet, Spielfläche. "Meine Wanderer kamen regelmäßig bei mir vorbei. Die waren oft stundenlang im Denninger Anger unterwegs und brauchten danach eine Stärkung. Hams bei mir kriagt!"

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Bereits mit 28 Jahren wagte Dieter Moser den Sprung an den Zamilasee

Mittags kamen die Rentner, 25 bis 30 Senioren zum günstigen Mittagstisch, dann die Leute aus den Büros, von der SZ im Süden bis zu hungrigen Menschen aus Unterföhring. Dieter Mosers spezielles Schmankerl: "Meine Schäufele, die schmecken wie in Franken, das war die größte Zugnummer", erzählt der gelernte Koch und Gastronom, dem das Handwerk schon als Bub von der Mutter beigebracht wurde.

"I hab Knödel gedreht, Bier gholt, überall in der Wirtschaft gholfen." Die ganze Familie hat und hatte irgendwie mit Gastro zu tun, "mir liegt des im Blut!", sagt Moser. Also riskierte er 1991 mit gerade mal 28 Jahren den Sprung ins kalte Wasser und wechselte vom "Bräumeister" in Berg am Laim in die ländliche Idylle am Zamilasee. Damals ein unbekanntes Stück München, weit draußen, doch schon damals bestens erreichbar mit S-Bahn und Bussen mit U-Bahn-Anschluss.

Seestubn-Wirt Dieter Moser: "Inzwischen bist du als bayrischer Koch eine Rarität"

"Des war a echter Hype, mir ham nämlich Bayrisch gekocht, immer frisch, immer regional. Abgebräunte Milzwurst, saures Lüngerl, Schweinsbraten ausm Rohr, Leber. Solche Sachen." Sie standen bis vor kurzem noch auf der handbeschriebenen Tafel. "Inzwischen bist du als bayrischer Koch eine Rarität, mir ham außenrum hier an Chinesen, an Inder, zwoa Italiener – aber keine deutsche Küche mehr."

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Und Leberkäs lief bei ihm sowieso immer. Das Fleisch holte Moser vom Metzger aus Niederbayern. Und zu seinen Braten gab's keine Tütensoßen, sagt er mit Nachdruck, "sondern den Bratensaft unten ausm Rohr!"

Da können große Gaststätten nicht mithalten, sagt er und erklärt: "A guader Schweinsbratn kommt morgens um achte ins Rohr und mittags kurz vor zwölfe aufn Tisch – rösch und saftig, wie es sich gehört." Und natürlich kommen die zugehörigen Knödel nicht aus der Fertigpackung, sondern aus eigenhändiger Produktion.

Ein Knochenjob, der "einfach Spaß macht"

Wirt und Koch zu sein ist ein Knochenjob. Dauernd unterwegs, immer einen lockeren Spruch für die Gäste auf den Lippen, ein nettes Wort hier, eine Aufmunterung dort, wie geht's dem Hund, was macht die Frau, gefällt's den Kindern im neuen Job, die Ergebnisse vom FC Bayern, von den Löwen oder vom SV Zamdorf. Moser hat alles drauf. "Es macht mir einfach Spaß, mit den Leuten zu ratschen, die schütten mir oft ihr ganzes Herz aus, ich fühle mich wie ein Teil ihrer Familie."

Ein waschechter Wirt: Dieter Moser an seiner Zapfanlage in der Seestubn. Ab kommendem Jahr wird ein neuer Pächter übernehmen.
Ein waschechter Wirt: Dieter Moser an seiner Zapfanlage in der Seestubn. Ab kommendem Jahr wird ein neuer Pächter übernehmen. © Lutz Bäucker

32 Jahre hat er das nun gemacht. Abends vorm Schlafengehen noch über die Speisekarte von morgen nachgedacht, Urlaub immer nur im Winter ("Karibik, Dubai, solche Sachen").

Die Schafkopfer genauso bedient wie die Fußballer, die Schützen und die Eigentümerversammlung aus der Daglfinger Straße. Immer genug Steckerleis für die Kinder aus der benachbarten Fritz-Lutz-Grundschule vorrätig gehabt und mit der argentinischen Gemeinde Münchens rauschende Feste mit Hunderten von Gästen gefeiert.

"Meine Hüfte macht nicht mehr mit": Doch auch fehlendes Personal und steigende Kosten ließen Moser aufgeben

"I mog des ois, im Büro hocka, des war koa Option für mich!", sagt Dieter Moser, Entertainer und Entenbrater, Einkäufer und manchmal auch Eheberater. Mehr als drei Jahrzehnte lang war er eine feste Institution im Münchner Osten, geh ma no auf a Halbe in die Seestubn zum Dieter, das gehörte zum Leben in Denning dazu wie Einkaufen beim Mächtlinger oder in der Drogerie Jacobs.

Die beiden haben 2022 dicht gemacht, jetzt folgt der Moser mit seinen Schäufele am See. "Es geht nimmer," so sein Fazit, "du kriegst kein gscheites Personal mehr, keinen Azubi, die Kosten steigen gewaltig, die Trinkgelder schrumpfen und das Entscheidende: Meine Hüfte macht nicht mehr mit", sagt Moser.

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"Ich muss doch probieren, wie es dann schmeckt": Ein Nachfolger für die Seestubn ist gefunden

Seine Stimme klingt jetzt wehmütig: "Ja, ich werde das hier vermissen, die Seestubn, die Terrasse, alles mein Baby." Der Kaffee morgens allein am See, die Tiere im Park, die Kartler, die Wanderer und Büroleute, die Schulkinder und Rentner. Am 28. September war offiziell Schluss in der "Zamila Seestubn".

"Ich komme bestimmt mal als Gast vorbei," sagt Dieter Moser. Denn seine Seestubn verschwindet nicht. Immerhin wird es im nächsten Jahr also einen Nachfolger geben. Moser ist schon neugierig. "Ich muss doch probieren, wie es dann schmeckt", sagt er.

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7 Kommentare
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  • Der Pipopax am 03.10.2023 16:45 Uhr / Bewertung:

    Tja. Wer nix wird, der wird Wirt.

  • Sarah-Muc am 03.10.2023 17:15 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Pipopax

    Warum? Der ist doch erfolgreich . Da gibt es ganz andere Beispiele!

  • SL am 03.10.2023 19:41 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Pipopax

    Sind Sie einer, weil Sie das so gut wissen?

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