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"Ein herber Schlag": Münchens OB Reiter von Benkos Galeria-Plänen kalt erwischt

Die Nachricht vom geplanten Verkauf des Galeria-Gebäudes am Rotkreuzplatz bereitet den 80 Mitarbeitern Sorgen – und auch das Rathaus hat es damit kalt erwischt. Jetzt hofft man, dass nicht noch Innenstadt-Projekte von René Benko dazukommen.
Nina Job
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Irene Kleber |
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Den Galeria-Kaufhof am Rotkreuzplatz will Benko verkaufen.
Den Galeria-Kaufhof am Rotkreuzplatz will Benko verkaufen. © Petra Schramek

München - Der beginnende Immobilienverkauf des Tiroler Milliardärs René Benko in München – er beschäftigt nun auch das Münchner Rathaus. Was kommt da womöglich auf die Innenstadt und die Neubaupläne für die City zu? 

Wie die AZ am Mittwoch exklusiv berichtete, hat Benko, der sich über Jahre viele Filet-Stücke in München zusammengekauft hat, nun über seine Immobiliengesellschaft Signa Prime die ersten zwei Top-Gebäude überraschend an zwei Maklerbüros übergeben, um sie abzustoßen: das ehemalige Kaut-Bullinger-Haus in der Rosenstraße (das gerade zu einem Geschäfts- und Bürohaus umgebaut wird) und das Gebäude von Galeria-Karstadt-Kaufhof am Rotkreuzplatz in Neuhausen. Die Objekte sollen jeweils 100 Millionen Euro kosten.

Benko will Galeria Kaufhof loswerden: Mitarbeiter sind besorgt – haben sie eine Zukunft?

Diese Nachricht löste bei den Mitarbeitern am Mittwoch große Unruhe aus. Da jede Woche immer mittwochs eine Besprechung mit der Geschäftsführung, dem Betriebsrat und den Mitarbeitern stattfindet, war der Verkauf der Immobilie sofort das zentrale Thema. Beherrschende Frage: Welche Folgen wird das für den Standort und die dort arbeitenden Mitarbeiter haben? Bedeutet es mittelfristig das Aus für die Filiale?

Derzeit sind noch rund 80 Frauen und Männer bei Galeria am Rotkreuzplatz beschäftigt, dazu kommen noch weitere 40 in der Lebensmittelabteilung – Letztere sind aber bei einem Tochterunternehmen beschäftigt. In Zeiten, als es Galeria-Kaufhof und allgemein den großen Kaufhäusern noch besser ging, hatte die Filiale in Neuhausen 550 Mitarbeiter.

Betriebsratsvorsitzender von Galeria-Filiale am Rotkreuzplatz gibt sich trotzdem optimistich

"Wir wussten von dem Verkauf nichts, haben aus der AZ davon erfahren", sagte Alfred Birkenmayer, Betriebsratsvorsitzender der Filiale. "Beruhigend ist das nicht." Er und seine Kolleginnen und Kollegen hätten sich nach "dem ganzen Zirkus in der letzten Zeit" – nach der Insolvenz von Galeria – jetzt mal "ein bisschen Ruhe gewünscht".

Doch "in Panik" gerate er nicht, betont Birkenmayer. Er selbst und die Geschäftsführung hätten die Mitarbeiter bei dem Treffen beruhigt. "Das wird nicht von heute auf morgen kommen", sagte er ihnen. "Unser Mietvertrag gilt ja noch bis 2035. Wir gehen davon aus, dass er erfüllt werden muss." Zudem handle es sich bei der Filiale in Neuhausen um ein "profitables Haus".

An der Schützenstraße plant Signa einen Neubau mit Büros und Läden. Aber bleibt's dabei?
An der Schützenstraße plant Signa einen Neubau mit Büros und Läden. Aber bleibt's dabei? © David Chipperfield Architekten/Atelier Loidl

Galeria-Kaufhof ist Mieter in dem Gebäude, das dem Benko-Unternehmen Signa gehört. Nach AZ-Informationen hat ein Architekturbüro für den Verkauf bereits ein Konzept entwickelt, wie das Haus umgestaltet werden könnte: mit deutlich weniger Verkaufsfläche, dafür Büros und unter anderem Wohnungen in einem Turm.

Oberbürgermeister Reiter hofft, dass "Arbeitsplätze erhalten bleiben"

OB Dieter Reiter (SPD) reagierte am Mittwoch überrascht von der Nachricht: "Ich habe persönlich keinerlei Kontakt zu Herrn Benko und er informiert mich auch nicht über seine unternehmerischen Planungen oder Verkäufe." Dazu sei er aber auch rechtlich nicht verpflichtet.

Ein weiteres Mal, so der OB zur AZ, wäre dies "ein herber Schlag für die Belegschaft von Galeria Kaufhof, was Herrn Benko offenbar gleichgültig ist. Ich würde mir wünschen, dass, sollte er diese Immobilien tatsächlich verkaufen, trotzdem das Kaufhaus am Rotkreuzplatz und damit auch die Arbeitsplätze erhalten bleiben."

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). © Matthias Balk/dpa

Reiter wünscht sich mehr Einzelhandel im Kaut-Bullinger-Haus

Ein Verkauf des Kaut-Bullinger-Hauses in der Rosenstraße, so OB Reiter weiter, berge zumindest "die Chance, dass statt der von Herrn Benko geplanten Büronutzung mehr Fläche für den Einzelhandel entstehen könnte".

René Benko gehört in München noch viel mehr – und es steht die Frage im Raum, ob der Immobilienmogul noch mehr Grundstücke und Objekte in der Stadt verkaufen will. Die österreichische "Kronen-Zeitung" sagt ihm "Milliardenschulden" und "sehr hohe Kreditverbindlichkeiten" nach, zudem hat Benko gerade auch in Berlin sowie in Österreich reihenweise Immobilien abgestoßen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet außerdem über eine noch nie dagewesene Prüfung durch die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB).

Viele bekannte Innenstadt-Immobilien gehören zum Benko-Imperium

In München gehört zum Immobilien-Portfolio noch das Prestige-Objekt Alte Akademie in der Neuhauser Straße, das er im Erbbaurecht erworben hat. Noch läuft der Umbau, als großen Mieter für die Büros hat er den Pharmakonzern Novartis gewonnen.

Auch der Oberpollinger in der Fußgängerzone gehört zu Benkos Filet-Immobilien. Außerdem: das große Karstadt-Gebäude an der Schützenstraße – einst Deutschlands zweitgrößtes Kaufhaus (nach dem KaDeWe). Das Karstadt-Gebäude zwischen Hauptbahnhof und Stachus aus den 1970er Jahren wurde im Juni geschlossen und soll einem riesigen Einkaufstempel- und Büro-Neubau weichen.

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"Es wäre jedenfalls nicht gut für München": Baumgärtner überrascht von den Benko-Plänen

"Es wäre jedenfalls nicht gut für München, wenn in der Schützenstraße der Neubau nicht wie geplant verlaufen würde", sagt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) zur AZ, der von Benkos Doppel-Verkauf ebenso überrascht worden ist wie der OB und Wirtschaftsbürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne).

Dass sich – falls auch hier bald ein Verkauf anstünde – ein neuer Investor für dieses Filetgrundstück finden würde, daran hat man offenbar keinen Zweifel im Rathaus. Doch was würde aus den bisherigen Plänen? Alles noch mal neu und von vorne? "Wir können zwischen Hauptbahnhof und Stachus jedenfalls keinen Stillstand gebrauchen", sagt Baumgärtner, "dann hätten wir nämlich dort über lange Zeit eine tote Ecke, das wäre nicht gut für die Entwicklung und die Attraktivität der Innenstadt."

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28 Kommentare
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  • planet78 am 13.07.2023 22:39 Uhr / Bewertung:

    Ich lach mich kaputt, wie sich hier alle über Benko auslassen. Die Neid-Gesellschaft ist unglaublich. Wir sollten froh sein, dass es solche Investoren gibt, die den Arsch in der Hose haben, Milliarden durch die Gegend zu schieben. Oder wer soll sonst sowas machen?? Die Stadt? Der Freistaat? Wir sehen ja, wie gut das beim Gasteig gerade funktioniert oder wie gut es damals in der DDR funktioniert hat...die meisten Kommentatoren hier möchten also wirklich solche Zustände?? Dann bitte einfach Links wählen.
    Und: Mit dem Geschäftsbetrieb von Galeria Kaufhof haben die genannten Vorgänge im Moment überhaupt nichts zu tun, sondern es geht hier um die Immobilien - aber auch das verstehen hier die meisten Leser offensichtlich nicht.

  • a echta Münchner am 13.07.2023 21:47 Uhr / Bewertung:

    "Rathaus kalt erwischt": Mein Gott, wie naiv kann man sein!

  • Dugi am 13.07.2023 19:13 Uhr / Bewertung:

    Der Kaufhof am Rotkreuzplatz wäre ein sensationeller Standort für das Konzerthaus.

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