Eggartensiedlung in der Lerchenau: Urban und grün
München - Selbst in der Pandemie habe sich gezeigt, sagt Ralf Büschl, die Preise fallen nicht. "Wir brauchen deshalb diesen Wohnraum." Büschl ist Immobilienunternehmer und einer der Projektentwickler des geplanten Quartiers am Eggarten in der Lerchenau. Ein ehrgeiziges Projekt, das sich in vielen Punkten von üblichen Neubauprojekten unterscheidet - und trotzdem umstritten ist.
Dass die neue Siedlung ein Modellquartier in Sachen Mobilität, Nachhaltigkeit, Energie und Klimaschutz werden soll, haben die Macher, neben der Büschl Unternehmensgruppe das Immobilienunternehmen CA Immo und die genossenschaftliche Immobilienagentur Gima, schon mehrmals vorgetragen, seit sie 2019 antraten.
Leitlinien für Eggartensiedlung durch Münchner Stadrat festgelegt
Ein städtebaulicher Wettbewerb wurde bereits 2020 entschieden. Vor gut einer Woche stimmte der Stadtrat für die weitere Durchführung des Bebauungsplanverfahrens. Jetzt haben sich die Parteien auf eine Charta geeinigt, in der sie Leitlinien für die weitere Planung und konkretere Ziele und Maßnahmen festgelegt haben. Das Ziel dieser Kooperation aus privaten Immobilienentwicklern, Genossenschaften und sozial orientierten Wohnungsunternehmen sei, "bezahlbaren Wohnraum für breite Einkommensschichten" und "ein Angebot für unterschiedliche Einkommensstufen, Altersgruppen und Lebensstile" zu schaffen, heißt es.
Bis zu 2.000 Wohnungen für etwa 5.000 Menschen sollen im Eggarten entstehen, 50 Prozent davon preisgebunden. Sämtliche preisgebundene Wohnungen werden von der Gima gebaut, es entstehen EOF- und München-Modell-Wohnungen, der größte Teil werden aber Genossenschaftswohnungen, erklärt Gima-Chef Christian Stupka. Damit würde der Eggarten das größte genossenschaftliche Wohnprojekt seit dem Zweiten Weltkrieg. Ralf Büschl erklärt: "Die Genossenschaften können, anders als wir Projektentwickler, längere Zeiträume der Sozialbindung eingehen." Die Rede ist je nach Wohnungstyp von 40 bis 60 Jahren. Man schaffe "das zweieinhalbfache an gebundenem Wohnraum in Menge und Dauer" im Vergleich dazu, was die Stadt in Neubaugebieten vorschreibt.
Wohnen und Arbeiten sollen im Co-Working-Space zusammengebracht werden
Dass die genossenschaftliche Seite von Anfang an mitplanen kann, ist - soweit Stupka sich erinnert - "erstmalig" der Fall, das sei "eine Riesen-Chance". Was ihm an den Plänen besonders gefällt, sei die "demokratische und gleichwertige Verteilung" bei der Lage. Oft würden bei Neubauprojekten die geförderten Wohnungen als Lärmschutzriegel gesetzt. Das soll im Eggarten anders werden. Welcher Wohnungstyp wo genau im Quartier hinkommt, steht aber noch nicht fest. Egal welche Wohnung, im neuen Eggarten wird dicht gebaut. So könne man Fläche sparen, heißt es, und es bringe die "Lebendigkeit, die es braucht, dass auch Nicht-Wohnen realisiert werden kann", so Stupka.
Die Erdgeschosse werden als "durchgängiges Stadtgeschoss" mit Einzelhandel, und Kleingewerbe begriffen. Wohnen und Arbeiten soll in Co-Working-Spaces zusammengebracht werden. Es werde eine Schule und mehrere Kitas geben. Insgesamt: Ein "Gartenquartier der kurzen Wege", dass die Bewohner eigentlich gar nicht verlassen müssten. Man wolle zeigen, "Natur und Stadt muss kein Widerspruch sein", sagt Stefan Ondracek von CA Immo. Vom Bestand bleiben 400 Bäume erhalten, vor allem schattenspendende Großbäume, 200 neue werden gepflanzt. Man wolle "möglichst viel vom jetzigen Charakter erhalten". Auch eine CO2-neutrale Energieversorgung mit Solarstrom und Geothermie ist geplant. Gebaut wird möglichst mit umweltfreundlichen Baustoffen.
Erst Ende 2024 kann der Bau der "Stadt der Zukunft" beginnen
Nicht zuletzt gibt es ein "zukunftsweisendes Mobilitätskonzept". Das Innere des Viertels wird autofrei, der Stellplatzschlüssel wird stark reduziert. Parken können die Bewohner in zwei Quartiergaragen an den Rändern der Siedlung. Es gibt keine Tiefgaragen unter den Wohnhäusern, auf den Straßen haben Rad- und Fußverkehr Vorrang. Car-Sharing-Angebote sollen den Verzicht aufs Auto erleichtern, ebenso der ÖPNV-Anschluss. Der ist allerdings ausbaufähig. Die nächste U-Bahn-Station ist fast einen Kilometer entfernt, die S-Bahn fast zwei. Der vorhandene Busanschluss "muss besser werden", sagt Stupka. "Wie man schnell zur U- und S-Bahn kommt, wird uns noch bewegen."
Für Ralf Büschl ist all das die "Stadt der Zukunft". Bis die losgeht, dauert es aber. Zwei bis drei Jahre rechnet man für das Bebauungsplanverfahren. "Vielleicht kann man Ende 2024 losbauen", hofft Stupka. Mit den letzten Gartenbesitzern im Eggarten sei man im Gespräch. Sie sollen Ersatzparzellen bekommen. Doch deren Enttäuschung ist riesig, auch über die Stadt, die lange Hoffnung auf eine Rettung des Idylls machte und die Bebauung dann doch beschlossen hat. Die Bürgerinitiative zur Rettung der Siedlung erhebt zudem Lobbyismusvorwürfe. Doch noch, so der Appell in Richtung Stadt, sei es nicht zu spät für eine Rettung.
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