"Wette auf die Zukunft": Platzt die Rathaus-Koalition in München nach dem Diesel-Zoff?

Die Stadt München muss das Dieselverbot verschärfen. Nur wie? Darüber sind sich Grüne und SPD nicht einig.
von  Christina Hertel
Die Landshuter Allee ist die dreckigste Straße Deutschlands. Auf einem Abschnitt will der OB ein Diesel-Fahrverbot einrichten
Die Landshuter Allee ist die dreckigste Straße Deutschlands. Auf einem Abschnitt will der OB ein Diesel-Fahrverbot einrichten © imago

München - Rund um das Dieselfahrverbot bahnt sich ein Streit im Rathaus an. Weil München die Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschreitet, hat das Bayerische Verwaltungsgericht die Stadt verpflichtet, härter durchzugreifen. Doch über die Art und Weise, wie das Dieselfahrverbot verschärft werden soll, ist sich das Rathaus nicht einig.

Grundsätzlich – das hat auch das Gericht so bestätigt – gibt es zwei Wege: Entweder könnte die Stadt verbieten, dass Euro-5-Diesel in einer Zone, also auf und innerhalb des Mittleren Rings fahren dürfen. Oder das Rathaus könnte ein Fahrverbot für einen Abschnitt auf der Landshuter Allee erlassen. Der OB hatte schon vor dem Urteil betont, dass ihm ein streckenbezogenes Fahrverbot lieber wäre. Er glaubt, dass so weniger Autofahrer betroffen sind.

Seine Umweltreferentin Christine Kugler (parteilos) bezweifelt das. In ihrer Beschlussvorlage, über die der Stadtrat am Dienstag entscheidet, geht sie davon aus, dass von der Streckensperrung 81.637 Dieselfahrzeuge betroffen wären und von dem zonalen 60.559. Denn bei dem zonalen Verbot soll ein Ausnahmekonzept greifen, wie es heute schon für Euro-4-Diesel gilt.

Christine Kugler ist die Klimareferentin der Stadt. Sie spricht sich für ein zonales Fahrverbot aus.
Christine Kugler ist die Klimareferentin der Stadt. Sie spricht sich für ein zonales Fahrverbot aus. © Hannes Magerstädt

Diesel-Fahrverbot in München: 351 neue Schilder müsste die Stadt aufstellen

Kugler rechnet außerdem damit, dass ein streckenbezogenes Verbot schwierig umzusetzen ist. 351 neue Schilder müssten aufgestellt werden, die Öffentlichkeit müsse neu beteiligt werden. Beim zonalen Verbot braucht es das nicht, denn dieses hat der Stadtrat bereits beschlossen und den ganzen Prozess schon hinter sich.

Kugler plädiert deshalb dafür, dass keine Euro-5-Diesel mehr in die Innenstadt und auf dem Mittleren Ring fahren sollen. Außer sie sind Anwohner, Handwerker, Schichtdienstleistende, ein Sozialer Dienst oder Lieferverkehr. Viele weitere Gruppen sollen Ausnahmen beantragen können, zum Beispiel, wenn sie ihr Auto brauchen, weil sie jemanden pflegen oder Kinder betreuen.

Münchens CSU-Chef Manuel Pretzl: "Wir sind für die mildeste Variante"

Eine Mehrheit für den Vorschlag wird Kugler allerdings wohl nicht finden. Die Grünen sind zwar dafür. Die SPD teilt aber mit, dass sie auf Linie des OBs sei, also für ein Streckenfahrverbot. Dem schließen sich CSU und FDP an. "Wir sind für die mildeste Variante", sagt CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl.

Der Münchner CSU-Boss Manuel Pretzl.
Der Münchner CSU-Boss Manuel Pretzl. © CSU

Er hat vor, nächste Woche zu beantragen, dass das Ausnahme-Konzept auch bei einem streckenbezogenen Fahrverbot gelten soll. Dass 351 neue Schilder aufgestellt werden müssten, um zu kennzeichnen, wo welches Verbot gilt, sei für ihn bei der Debatte kein Kriterium, sagt Pretzl.

Auch die FDP ist für eine Streckensperrung in München

Auch die Fraktion von FDP und Bayernpartei wird für das streckenbezogene Verbot stimmen, kündigt deren Chef Jörg Hoffmann an. Schließlich gehe es nur um zwei Messstellen, an der Landshuter Allee und auf der Moosacher Straße. Und schließlich würden die Werte für Stickstoffdioxid, die in München gemessen werden, immer weiter sinken – etwa, weil die Menschen mehr Elektro-Autos kaufen.

Was heißt das für die Koalition aus SPD und Grünen? "Natürlich ist es bedauerlich, wenn Koalitionspartner bei so einer wichtigen Frage nicht einer Meinung sind", sagt Stadtrat Florian Roth, der für die Grünen die Gerichtsverhandlung beobachtet hat. Doch platzen lassen werden die Grünen die Koalition wegen dieser Frage wohl nicht.

Florian Roth hat für die Grünen die Verhandlung zum Dieselfahrverbot im Gerichtssaal verfolgt.
Florian Roth hat für die Grünen die Verhandlung zum Dieselfahrverbot im Gerichtssaal verfolgt. © A. Gregor

Ein streckenbezogenes Fahrverbot sei schließlich auch eine Maßnahme, die das Gericht als zulässig erachtet habe, schildert Roth. Allerdings habe das Gericht auch deutlich gemacht, dass es einen schnellen Fortschritt erwartet. Ob das mit der Streckensperrung geht? "Das ist eine Wette auf die Zukunft", sagt Roth. "Und die haben wir ja schon einmal verloren." Damals, als die Stadt beschloss, ihren Stufenplan doch nicht umzusetzen, weil sie hoffte, dass die Messwerte sinken. Wegen der Gesundheit der Menschen sei das fahrlässig.

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