Die Ärzte von morgen proben den Aufstand

LMU-Studierende demonstrieren gegen den „Masterplan Medizinstudium 2020“. Dessen Ziel: Versorgungslücken ausgleichen, etwa durch eine „Landarztquote“. Die Studenten halten das für falsch.
von  Lisa Marie Albrecht
Etwa 300 Medizinstudenten versammeln sich am Geschwister-Scholl-Platz, um gegen geplante Reformen des „Masterplan Medizinstudium 2020“ zu demonstrieren.
Etwa 300 Medizinstudenten versammeln sich am Geschwister-Scholl-Platz, um gegen geplante Reformen des „Masterplan Medizinstudium 2020“ zu demonstrieren. © Daniel von Loeper

LMU- und TU-Studierende demonstrieren gegen den „Masterplan Medizinstudium 2020“. Dessen Ziel: Versorgungslücken ausgleichen, etwa durch eine „Landarztquote“. Die Studenten halten das für falsch.

München – Sie sind so wütend, dass sie sogar Schilder gebastelt haben: „Wahl-Tertial statt Qual-Tertial“ steht darauf, und „Landarztquote? Nicht mit uns“. Die Medizinstudenten von LMU und TU haben gestern auf einem Demo-Marsch vom Geschwister-Scholl-Platz zum Odeonsplatz gegen Reformen im Studium protestiert.

Es geht um den „Masterplan Medizinstudium 2020“, den die Bundesregierung erarbeitet. Eine Bund-Länder-AG, bestehend aus Gesundheits- und Wissenschaftsministern, soll zusammen mit den medizinischen Interessenverbänden einen Gesetzesentwurf präsentieren, der Versorgungsprobleme in Zukunft beheben kann. Sicher ist: Immer mehr angehende Ärzte zieht es in die Städte, worunter die Versorgung auf dem Land massiv leidet. Und immer weniger Studenten zieht es in die Allgemeinmedizin, also in die Hausarztpraxis. Einige Gründe dafür hat eine Umfrage des Ärzte- und Medizinstudentenverbands Hartmannbund erfasst: Hohe Bürokratie, schlechte Bezahlung, Eintönigkeit, so die Antworten der 7500 befragten Medizinstudenten. Doch wie man Hausarztpraxen speziell auf dem Land stärken kann, darüber herrscht Uneinigkeit.

Eine "Landarztquote" soll Studenden aus dem ländlichen Raum bevorzugen

Eine Überlegung ist die Einführung einer „Landarztquote“. Dabei könnten entweder Bewerber aus dem ländlichen Raum bei der Studienplatzvergabe bevorzugt werden oder solche, die sich nach Abschluss ihres Medizinstudiums für eine gewisse Zeit verpflichten, auf dem Land eine Hausarztpraxis zu übernehmen. Sven Olaf Rohr, LMU-Student und Referent für medizinische Ausbildung der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD), sagt deutlich: „Wir lehnen eine solche Quote ab.“ Einen Studienanfänger im Vorfeld eines sechsjährigen Studiums, an das auch noch eine Facharztweiterbildung anschließt, so früh auf ein Fachgebiet festzulegen sei inakzeptabel, so die Position des BMVD.

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Ein großer Streitpunkt ist auch die Einführung eines Pflichtabschnitts in Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr. Im Praktischen Jahr (PJ) absolvieren die Studenten in Krankenhäusern drei Ausbildungsabschnitte, „Tertiale“ genannt: die beiden Pflichtbereiche Innere Medizin und Chirurgie sowie ein Wahlfach. Nun soll dazu ein verpflichtendes in Allgemeinmedizin kommen, was die meisten Studenten ablehnen. „Man sollte nicht versuchen, die Leute reinzuzwingen“, sagt Moritz Völker, Chef des Ausschusses Medizinstudierende im Hartmannbund. „Das wäre eine kurzsichtige Entscheidung, die die aktuelle Mangelsituation der Allgemeinmediziner nicht verbessert.“ Stattdessen müsse man finanzielle Anreize und Vergünstigungen schaffen, um die Fachrichtung attraktiver zu gestalten.

Allgemeinmedizin soll gestärkt werden

Dass die Allgemeinmedizin ausgebaut werden muss, darin ist man sich einig: Etwa dadurch, dass jede Fakultät in Deutschland einen Lehrstuhl in Allgemeinmedizin bekommen sollte und mehr Lehrkrankenhäuser aus dem ländlichen Raum in die Ausbildung einbezogen werden müssen. Außerdem soll die Allgemeinmedizin wesentlich früher im Studium thematisiert werden.

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Der „Masterplan Medizinstudium“ soll im Herbst vorliegen. Neben ärztlicher Versorgung geht es auch um Reformen beim Auswahlverfahren der Medizinstudierenden und die Förderung der Praxisnähe.

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