Der Kämmerer will sparen: München gibt zu viel Geld aus

Die Schulden steigen immer weiter. Der Kämmerer schlägt deshalb einen Sparplan für München vor. Trotzdem hat ihn der Stadtrat wiedergewählt.
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OB Reiter gratuliert Christoph Frey (l.) zur Wiederwahl.
OB Reiter gratuliert Christoph Frey (l.) zur Wiederwahl. © Michael Nagy/LHM

München - Champagner gibt es im Büro des Münchner Kämmerers angeblich keinen. Im Kühlschrank steht bloß Faber-Sekt, sagt Christoph Frey (SPD), der Schatzmeister der Stadt. Aber auch den packt er an diesem Mittwochvormittag nicht aus. Dabei gibt es eigentlich etwas zu feiern. Die Referenten (also quasi die Minister im Rathaus mit Beamtenstatus) werden vom Stadtrat gewählt.

Freys Amtszeit wäre Ende Oktober ausgelaufen. In der Vollversammlung stimmten 66 von 75 Stadträten für ihn. Er darf also weitere sechs Jahre Münchens Finanzen verantworten. Nicht nur seine eigene Partei und deren Partner, die Grünen, wollten, dass er seinen Job behält. Auch die CSU stimmte zu. Weil Frey seriös und unparteiisch sei, wie CSU-Chef Manuel Pretzl sagte.

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Geht Christoph Frey als Rekord-Schulden-Kämmerer in die Stadtgeschichte ein?

Doch wie steht es überhaupt um die Finanzen der Stadt? Die AZ hat sich das von Frey nach der Wahl erklären lassen. Es ist gut möglich, dass er als Rekord-Schulden-Kämmerer in die Stadtgeschichte eingeht. Denn noch nie brauchte die Stadt so viel Geld von Banken, um die Ausgaben zu stemmen. 2023 lag der Schuldenstand bei rund 3,7 Milliarden Euro. Weil die Stadt so viele Investitionen plant, sollten die Schulden eigentlich auf rund 13,65 Millarden Euro steigen. Etwa eine halbe Milliarde hätte die Stadt dann jedes Jahr alleine für die Zinsen und die Tilgung ihrer Schulden ausgeben müssen. Zum Vergleich: Das ist etwa so viel wie die gesamte Tram-Westtangente kosten soll.

Eine solche Schuldenlast kann sich selbst München nicht leisten – trotz seiner sprudelnden Gewerbesteuer von rund drei Milliarden Euro im Jahr. Frey schlägt einen Sparplan vor – und zwar, wie er es ausdrückt, nach der Rasenmäher-Methode: Alle Referate sollen weniger ausgeben. Das betrifft die laufenden Kosten in der Verwaltung. Zum Beispiel wird die Stadt Fortbildungen nicht mehr so freizügig genehmigen, auch durch Digitalisierung will das Rathaus sparen, sagt Frey.

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Aber auch bei den Investitionen muss sich München einschränken. "Und das wird die größere Herausforderung", sagt Frey. Schließlich seien die größten Blöcke Schulbau, ÖPNV-Ausbau und Wohnungsbau auch die, bei denen kaum ein Stadtrat sparen will. Frey hat trotzdem das Ziel, etwa ein Drittel weniger für Investitionen auszugeben als im ursprünglichen Plan vorgesehen war. Ab 2025 heißt das: Der Stadtrat hat rund 1,2 Milliarden Euro weniger zur Verfügung als zuerst angedacht. Doch das heißt laut Frey nicht, dass die Stadt Bauprojekte einstellen würde. Weiterhin soll die Stadt rund zwei Milliarden Euro jährlich investieren können.

Christoph Frey will dem Stadtrat in München den Sparplan im Juli vorlegen

Möglich wird das, so schildert es Frey, weil sich einige Projekte ohnehin in die Zukunft verschieben. Zum Beispiel würden Wohnquartiere später fertig, die Stadt müsse also auch erst später Kitas eröffnen. Allerdings wird das nicht reichen. Frey muss jetzt mit allen Referaten sprechen und Pläne ausarbeiten, was sie verschieben und von was sie sich ganz verabschieden müssen. Ziel ist, dass er diesen Plan bis Juli dem Stadtrat vorlegen kann.

"Früher", sagt Frey, "war es eine Selbstverständlichkeit, dass die Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen kann." Doch seit der Pandemie sei es ein jährlicher Kampf. Die Haushaltspläne seien so eng gestrickt, dass es kaum mehr Luft für Unvorhergesehenes gebe. Würde plötzlich ein Gewerbesteuerzahler wegbrechen, dann könne er eine Haushaltssperre nicht ausschließen. Denn trotz Sparplan wird die Verschuldung 2027 bei 8,968 Milliarden liegen. Belasten würde ihn der Titel "Rekord-Schulden-Kämerer" nicht, meint Frey. Wenn die Stadt fit für die Zukunft aufgestellt sein will, müsse sie schließlich Geld ausgeben.

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19 Kommentare
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  • AufmerksamerBürger am 21.03.2024 12:18 Uhr / Bewertung:

    Der Ukraine Krieg, Corona und die AfD sind schuld, dass mehr Geld ausgegeben werden muss als eingenommen wird.
    Man muss also die Einnahmen erhöhen, damit man künftig noch viel mehr ausgeben kann.

  • CO2 Voodoo am 21.03.2024 10:11 Uhr / Bewertung:

    Der Kämmerer will seit 2020 sparen, nur hören die Grünen nicht auf ihn. Haltung statt Qualifikation und Geld ist immer da sind Grüne Definitionen die die Wirklichkeit aushebeln

  • sircharles am 21.03.2024 08:55 Uhr / Bewertung:

    Fahrradsteuer, das würde sich rechnen!

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