Das eiserne Ausflugstor in München: Die Geschichte der Großhesseloher Brücke
München - Es muss eine große Aufregung gewesen sein, als im Oktober 1857 die ersten Züge über die Großhesseloher Brücke rollten. Der Bahnverkehr war damals noch neu, befand sich gerade erst im Aufschwung.
Die königliche Regierung sah sich gar veranlasst, zu warnen: Es sei dafür zu sorgen, dass "der Andrang des mit der Gefahr noch nicht vertrauten Publikums in die Bahnhöfe und an die Bahn thunlichst zurückgehalten wird". Auch König Maximilian entschied, dass "ein geräuschloser Beginn der regelmäßigen Fahrten" am zweckmäßigsten sei. Eine große Feier gab es erst einige Jahre später, als die gesamte Strecke von München nach Salzburg fertiggestellt war.

Großhesseloher Brücke in München: Die Konstruktion war ein Meilenstein
Welch große Bedeutung die Großhesseloher Brücke in einer Zeit hatte, in der die Menschen kaum schnelle Fortbewegungsmittel kannten, darüber hat der Pullacher Armin Franzke ein Buch geschrieben. Darin schildert er die Geschichte der Brücke von der ursprünglichen Planung bis hin zum Neubau in den 1980er Jahren.

Für Franzke, der sich nicht nur lokal für Bahngeschichte interessiert, ist die Großhesseloher Brücke ein besonders prägnantes Bauwerk, wie er sagt. Insbesondere die alte Konstruktion sei ein Meilenstein gewesen. Im frühen 19. Jahrhundert habe der Bahnbau zwar Fahrt aufgenommen, aber vieles gestaltete sich schwierig, so der Autor: Ein Zug kann nicht so leicht bergauf oder bergab rollen. Wie man Täler überwindet, ließ die Menschen zunächst ratlos zurück, erläutert Franzke.
Man versuchte es mit Stein- oder Holzkonstruktionen, doch beides erwies sich als wenig praktikabel. In England kam die Idee auf, Eisen zu nutzen. Die Strecke zwischen München und Salzburg, die durch Großhesselohe führt, fiel genau in diesen Umbruch, so Franzke. Der königlich bayerische Oberbaudirektor Friedrich August von Pauli entwickelte für den Bau eine völlig neue Fachwerktechnik und bewies, dass man aus Eisen durchaus vernünftige Brücken errichten konnte.

Dabei wäre das fast gescheitert: Der ursprüngliche Plan sah vor, die Brücke auf nur zwei Stützpfeiler zu stellen und sie kürzer zu bauen. Eine Aufschüttung sollte das Tal entsprechend enger machen. Ein Hochwasser machte allerdings klar, dass das nicht funktionierte.
Der Bau der Strecke zwischen München und Rosenheim, die über die Brücke führt, war laut Experte Franzke ein Meilenstein. Plötzlich kam man innerhalb von 20 Minuten von München nach Großhesselohe, zuvor war das undenkbar. "Eine Möglichkeit war zu Fuß, die andere mit dem Pferdewagen", so Franzke. Beides dauerte.
Die Bahn hingegen brachte laut Franzke die Initialzündung für den Ausflugsverkehr Richtung Süden. Schnell erkannte man den touristischen Wert der Gegend: Der Bahnhof Großhesselohe florierte, zahlreiche Wirtshäuser entstanden.

Als man durch den weiteren Ausbau der Strecke bis in die Berge fahren konnte, nahm die Bedeutung des Bahnhofs jedoch ab. Den schleichenden Niedergang begünstigte auch der Bau neuer Strecken und nicht zuletzt die Zunahme des Individualverkehrs, so Franzke.

Noch heute gibt es immer wieder Überlegungen, den Bahnhof zu reaktivieren. Doch Franzke hält das nicht für sinnvoll, wie er sagt. "Das aktuelle Streckenkonzept ist schon durchdacht."
Auch im heutigen Netz hat die Großhesseloher Brücke noch ihre Bedeutung. Regionalzüge überqueren hier die Isar – wenn auch nicht mehr in derselben Form wie früher. 1978 stellte man fest, dass die 120 Jahre alte Konstruktion erhebliche Schäden aufwies. Man entschied sich für den Neubau und versuchte, der alten Brücke optisch möglichst nahe zu bleiben.

Laut Franzke ist das durchaus gelungen, er trauert dem Vorgängerbau auch nicht nach: "Brücken haben nur eine gewisse Nutzungsdauer, so etwas kann nicht ewig halten."
Was er jedoch bedauert: Der Panoramablick auf die Brücke ist heute kaum noch möglich, zu sehr ist die Umgebung an der Isar verwuchert. "Da könnte man landschaftsgestalterisch tätig werden."
Eine Ode aus Pullach an die Großhesseloher Brücke in München
Auf 175 Seiten und mehr als 200 Fotos zeigt Armin Franzke ausführlich die Geschichte der Großhesseloher Brücke vom frühen 19. Jahrhundert bis heute.
Erschienen ist das Buch "Die Großhesseloher Brücke. Isarquerung der Eisenbahn und Anschluss an die Moderne" in der Pullacher Schriftenreihe, erhältlich ist es für 20 Euro am Empfang im Rathaus Pullach oder wenige Meter entfernt in der Buchhandlung Isartal.
- Themen:
- Isartal