Cornelius Gurlitt meldet sich im Internet - er will Bilder abgeben

Die Anwälte des Schwabinger Kunstsammlers Cornelius Gurlitt schalten eine Internetseite frei. Darauf stellt er Forderungen. Gemälde von Liebermann und Matisse will er verkaufen.
München - Die Homepage will einiges klarstellen – und beginnt damit gleich ganz oben. „Dieses Bild zeigt nicht Cornelius Gurlitt“, steht rechts neben dem Foto eines älteren Herrn geschrieben. Der trägt Sakko und Krawatte, sein Haar ist grau und kurz.
Es ist aber nicht der Schwabinger Kunstsammler – sondern ein Fotomodell. Dabei gehört die Internetseite www.gurlitt.info wirklich dem Münchner – seit gestern ist sie online. Würde man den 81-Jährigen aber jetzt fotografieren, wäre wohl ein entkräfteter Mensch zu sehen: Gurlitt wurde am 29. Januar am Herzen operiert, seitdem erholt er sich an einem unbekannten Ort.
„Seine gesundheitliche Verfassung ist unverändert“, sagt sein Sprecher Stephan Holzinger der AZ. Es gebe aber „berechtigte Hoffnung, dass es ihm bald besser geht“. Am Sonntag war Gurlitts Betreuer, der Münchner Anwalt Christoph Edel, an Gurlitts Krankenbett – und brachte vom Besuch ein Statement mit, das gestern auf der Homepage veröffentlicht wurde:
„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstinteressierte“, schreibt der Schwabinger da, „so viel ist in den vergangenen Wochen und Monaten passiert und passiert noch immer. Ich habe nur mit meinen Bildern leben wollen, in Frieden und in Ruhe.“ Und weiter: „Manches, was über meine Sammlung und mich berichtet wurde, stimmt nicht oder stimmt so nicht.“
Das wollen er und seine Anwälten auf der Homepage nun ändern – und liefern dazu gleich eine Chronologie des Falls, Stücke zu rechtlichen Hintergründen, „die wichtigsten Fragen und Antworten“ und „Stimmen zum Disput“.
Gurlitt geht online — und in die Offensive: Sein Anwalt Hannes Hartung kritisiert die Behörden. „In Deutschland gibt es viele öffentliche und private Sammlungen, in welchen der Anteil an potenzieller Raubkunst viel höher ist als in der Sammlung Gurlitt – für diese Sammlungen und die dort verantwortlichen Museumsdirektoren gibt es jedoch augenscheinlich keine Sanktionen“, moniert der Münchner Kunstrechtsexperte.
Die 1280 Bilder, die die Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmt hat, fordern Gurlitts Anwälte zurück: Er sei der rechtmäßige Besitzer fast aller Bilder. Nach „rechtmäßiger Rückgabe der gesamten Sammlung“ könne man gerne prüfen, ob darunter NS-Raubkunst sei. Gurlitt sei aber zu Verhandlungen bereit.
„Derzeit verhandeln wir mit sechs Anspruchstellern“, so Hartung. Dabei geht es nach AZ-Informationen um rund 40 Bilder. Hartung spricht passenderweise von „drei Prozent Schwabinger Teils der Sammlung“. Verhandelt werde über Meisterwerke wie die „Sitzende Frau“ von Henri Matisse, die „Reiter am Strand“ von Max Lieberman und über Werke des Dresdner Anwalts Fritz Salo Glaser.
Der hatte während der NS-Zeit seine Sammlung verkaufen müssen, um zu überleben – einige Exponate tauchten in Schwabing wieder auf. Der Sammler würde sogar Bilder verkaufen – wenn der Preis stimmt! Deutsche Museen hätten Interesse an Bildern aus seiner Schwabinger Sammlung.
„Für die als „entartete Kunst“ bezeichneten Sammlungsbestandteile liegen derzeit vereinzelt Rückkaufangebote von deutschen Museen vor“, heißt es auf der Internetseite. Man sei „gerne bereit, solche Rückkaufangebote, so sie dem Marktwert des Werkes und der Rechts- und Sachlage entsprechen, gewissenhaft zu prüfen“.
Gurlitt sehe es zwar als seine Aufgabe, „die Sammlung seines Vaters zu erhalten und zu bewahren“, heißt es auf der Seite. „Dennoch stellt sich Cornelius Gurlitt offen der historischen Verantwortung.“