"'Christlich-sozial' aus Namen streichen": CSU-Forderung bringt die Stadtrats-Konkurrenz in Rage

Die CSU wirft der Stadt vor, zu wenig gegen Obdachlose zu tun. Die AZ erklärt, welche scharfen Maßnahmen nun im Raum stehen – und warum der CSU aus dem Stadtrat deshalb Rassismus vorgeworfen wird.
Felix Müller
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Hier will offenbar jemand schlafen: eine Szene aus der Sendlinger Straße.
Hier will offenbar jemand schlafen: eine Szene aus der Sendlinger Straße. © IMAGO/S. Gottschalk

München - Gibt es in München ein Problem mit zu vielen Obdachlosen oder nicht? Da gehen die Meinungen weit auseinander – auch im Rathaus. Die CSU im Stadtrat fordert nun ein deutlich härteres Vorgehen, mehr Kontrollen und auch, dass Menschen des Landes verwiesen werden. Grüne und Linke weisen das weit von sich. Die AZ erklärt die Debatte.

Obdachlose in München: Diese Regel wird offenbar nicht kontrolliert

Obdach- und arbeitslose Menschen aus anderen EU-Staaten dürfen sich nicht einfach unbefristet in München aufhalten, betont die CSU. Doch nach ihren Angaben hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) nun eingeräumt, dass diese Regel nicht kontrolliert wird. Das soll sich nach Meinung der CSU ändern – um "Verwahrlosung und organisierte Bettelbanden" zu bekämpfen, wie es in einer Mitteilung vom Montag hieß.

"Wer nicht erwerbstätig ist, keine Aussicht darauf hat und auch anderweitig nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, darf nicht dauerhaft bleiben", betont die CSU.

Nach Zahlen der Stadt kämen 71 Prozent der befragten obdachlosen Menschen aus dem EU-Ausland. Auf die Frage nach dem Lebensunterhalt antwortete demnach die Mehrheit mit "Betteln", "Flaschensammeln" oder "Gelegenheitsjobs". Die CSU klagt nun über "illegale Schlaflager von Obdachlosen" sowie "verstärktes und teilweise auch aggressives Betteln auf den Straßen, in der Gastronomie und in öffentlichen Verkehrsmitteln".

Obdachlosen-Debatte: Wo die CSU aktuell einen Brennpunkt sieht

Ein aktuelles Beispiel dafür sei die Unterführung an der Hans-Fischer-Straße nahe der Theresienwiese. "Hier haben sich Obdachlose ein großes Bettenlager mit Möblierung und Kochstelle eingerichtet, was offenbar von der Stadt geduldet wird."

Nun wünschen sich die Rathaus-CSUler "konsequent Personalien der obdachlosen Personen" zu kontrollieren, um bei wiederholten Kontrollen die Aufenthaltsdauer überprüfen zu können. Die Kontrollen sollen vom Kommunalen Außendienst KAD (in Zusammenarbeit mit dem KVR ) und der Ausländerbehörde durchgeführt und bearbeitet werden. "Wer die Voraussetzungen nicht erfüllt", heißt es salopp, "dem droht die Ausreisepflicht".

"Plumper Populismus": Warum die Konkurrenz entsetzt von den CSU-Aussagen ist

CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl sagte: "Wenn die Obdachlosenszene nicht stärker kontrolliert wird, macht die Stadt München den organisierten Bettelbanden das Leben leichter. Diese Strukturen zu dulden, ist weder sozial noch menschenwürdig."

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Von der Konkurrenz im Rathaus kommt scharfe Kritik an der Debatte, die die CSU da offenbar entfachen mag. "Die CSU kann das 'Christlich-sozial' aus ihrem Parteinamen streichen", sagte Grünen-Stadträtin Clara Nitsche zur AZ. "Plumper Populismus und nach unten treten, das kann die CSU. Konstruktive Lösungen für arme und arbeitssuchende Menschen finden, das kann und will sie leider nicht." Die Grünen hätten "schon verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht, um die Menschen in gute Arbeit zu vermitteln, zum Beispiel das Infozentrum Migration und Arbeit in der Sonnenstraße." Das helfe "der Wirtschaft und den Menschen. Die CSU will hingegen nur billig Stimmung machen."

Linken-Chef Stefan Jagel sagte auf AZ-Anfrage: "Obdachlosigkeit und Betteln sind beides Ausdruck extremer Notlagen. Die Menschen tun dies in der Regel als letztes Mittel. Wer Bußgelder und Repressionen gegen diese Personengruppe fordert, hat wirklich kein Herz und wer eine ganze Personengruppe unter Generalverdacht stellt, neigt zu Rassismus."

 

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43 Kommentare
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  • Geradeaus-Denker am 12.11.2024 23:13 Uhr / Bewertung:

    Jetzt kommt auch noch eine Kältewelle. Und die rot-grüne Bundesregierung kann auch nach 3 Jahren nicht richtig heizen. Und das trotz Heizungsgesetzt!

  • Der wahre tscharlie am 12.11.2024 16:52 Uhr / Bewertung:

    Dass es sogenannte "Bettlerbanden" gibt, ist ja keine Neuigkeut. Das wissen wir schon seit Jahren. Auch die CSU.
    Was aber neu von der CSU ist, wie sie mit diesen Menschen verfahren will. Insbesonders mit den 71% EU-Bürgern.Was passiert dann mit den 29% der einheimischen Obdachlosen?
    Dürfen die dann weiterbetteln?
    Ohne den Nachweis einer Arbeit?

    Und wenn unsere eventuell zukünftige Regierung es weiter verfolgt, dass dass Bürgergeld zumidest teilweise gekürzt wird, wird die Kluft zw. Arm und Reich noch mehr steigen und es wird noch mehr Obdachlose geben.

  • sircharles am 12.11.2024 22:14 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Wie wäre es denn mit Arbeiten? Stellen gibt es genug.

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