"'Christlich-sozial' aus Namen streichen": CSU-Forderung bringt die Stadtrats-Konkurrenz in Rage
München - Gibt es in München ein Problem mit zu vielen Obdachlosen oder nicht? Da gehen die Meinungen weit auseinander – auch im Rathaus. Die CSU im Stadtrat fordert nun ein deutlich härteres Vorgehen, mehr Kontrollen und auch, dass Menschen des Landes verwiesen werden. Grüne und Linke weisen das weit von sich. Die AZ erklärt die Debatte.
Obdachlose in München: Diese Regel wird offenbar nicht kontrolliert
Obdach- und arbeitslose Menschen aus anderen EU-Staaten dürfen sich nicht einfach unbefristet in München aufhalten, betont die CSU. Doch nach ihren Angaben hat das Kreisverwaltungsreferat (KVR) nun eingeräumt, dass diese Regel nicht kontrolliert wird. Das soll sich nach Meinung der CSU ändern – um "Verwahrlosung und organisierte Bettelbanden" zu bekämpfen, wie es in einer Mitteilung vom Montag hieß.
"Wer nicht erwerbstätig ist, keine Aussicht darauf hat und auch anderweitig nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, darf nicht dauerhaft bleiben", betont die CSU.
Nach Zahlen der Stadt kämen 71 Prozent der befragten obdachlosen Menschen aus dem EU-Ausland. Auf die Frage nach dem Lebensunterhalt antwortete demnach die Mehrheit mit "Betteln", "Flaschensammeln" oder "Gelegenheitsjobs". Die CSU klagt nun über "illegale Schlaflager von Obdachlosen" sowie "verstärktes und teilweise auch aggressives Betteln auf den Straßen, in der Gastronomie und in öffentlichen Verkehrsmitteln".
Obdachlosen-Debatte: Wo die CSU aktuell einen Brennpunkt sieht
Ein aktuelles Beispiel dafür sei die Unterführung an der Hans-Fischer-Straße nahe der Theresienwiese. "Hier haben sich Obdachlose ein großes Bettenlager mit Möblierung und Kochstelle eingerichtet, was offenbar von der Stadt geduldet wird."
Nun wünschen sich die Rathaus-CSUler "konsequent Personalien der obdachlosen Personen" zu kontrollieren, um bei wiederholten Kontrollen die Aufenthaltsdauer überprüfen zu können. Die Kontrollen sollen vom Kommunalen Außendienst KAD (in Zusammenarbeit mit dem KVR ) und der Ausländerbehörde durchgeführt und bearbeitet werden. "Wer die Voraussetzungen nicht erfüllt", heißt es salopp, "dem droht die Ausreisepflicht".
"Plumper Populismus": Warum die Konkurrenz entsetzt von den CSU-Aussagen ist
CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl sagte: "Wenn die Obdachlosenszene nicht stärker kontrolliert wird, macht die Stadt München den organisierten Bettelbanden das Leben leichter. Diese Strukturen zu dulden, ist weder sozial noch menschenwürdig."
Von der Konkurrenz im Rathaus kommt scharfe Kritik an der Debatte, die die CSU da offenbar entfachen mag. "Die CSU kann das 'Christlich-sozial' aus ihrem Parteinamen streichen", sagte Grünen-Stadträtin Clara Nitsche zur AZ. "Plumper Populismus und nach unten treten, das kann die CSU. Konstruktive Lösungen für arme und arbeitssuchende Menschen finden, das kann und will sie leider nicht." Die Grünen hätten "schon verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht, um die Menschen in gute Arbeit zu vermitteln, zum Beispiel das Infozentrum Migration und Arbeit in der Sonnenstraße." Das helfe "der Wirtschaft und den Menschen. Die CSU will hingegen nur billig Stimmung machen."
Linken-Chef Stefan Jagel sagte auf AZ-Anfrage: "Obdachlosigkeit und Betteln sind beides Ausdruck extremer Notlagen. Die Menschen tun dies in der Regel als letztes Mittel. Wer Bußgelder und Repressionen gegen diese Personengruppe fordert, hat wirklich kein Herz und wer eine ganze Personengruppe unter Generalverdacht stellt, neigt zu Rassismus."