Chemiestudent testete Drogen: Als Lohn gab's Kokain

Ein Chemiestudent (28) testet für zwei Dealer Drogen auf ihre Reinheit – als Gegenleistung bekommt er selbst ein paar Gramm.
dpa |
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Der Angeklagte wird beim Prozessauftakt in den Saal geführt.
anf Der Angeklagte wird beim Prozessauftakt in den Saal geführt.

München - Während seine Kommilitonen für ihre Studienarbeiten im Labor standen, nahm Xaver K. (Name geändert) ganz andere Stoffe unter die Lupe: Koks zum Beispiel, oder Chrystal. Der 28 Jahre alte Chemiestudent hat für zwei Drogendealer Rauschgift auf ihren Wirkstoffgehalt getestet – in den Räumen der LMU.

Im Gegenzug erhielt K. Rauschgift für den Eigenbedarf. In der Regel zwei Gramm Koks pro Test. Die Proben kamen per Post zu ihm, K. nahm sie in die Uni mit, testete und schickte die Ergebnisse per Mail an die beiden Dealer, für die er arbeitete. Die Drogen bekamen in dieser Korrespondenz Fantasienamen wie "Stern-#1", "Bolivien" oder "05-#2".

Die Dealer warben mit den Testergebnissen im sogenannten Darknet, einem verschlüsselten Teil des Internet und boten die auf ihre Reinheit getesteten Drogen zum Verkauf an.

Kokain wegen "Leistungsdruck"

Was die unter den Decknamen "Red Bull" und "Shiny-Flakes" firmierten Dealer nicht wussten: Xaver K. hatte die Testergebnisse frei erfunden. Seit gestern sitzt der 28-Jährige trotzdem auf der Anklagebank des Landgerichts, wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

Xaver K., Lockenkopf, ordentliches Hemd, gewählte Ausdrucksweise, wirkt wie eine Fehlbesetzung in diesem Drogenprozess. Vor seiner Festnahme hatte er eine Promotionsstelle an der LMU angetreten. Der Vorsitzende Richter Phillip Stoll drückt es so aus: "Sie sind ja wirklich nicht der normale Betäubungsmittelhändler, der hier sonst sitzt."

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K. hatte während seiner Masterarbeit in anorganischer Chemie begonnen, selbst Drogen zu konsumieren. "Ich stand damals stark unter Leistungsdruck", sagte er am Montag. Er nahm Amfetamine, aber das ließ ihn schlecht schlafen. Deshalb stieg er auf Kokain um. Das war für sein Studentenbudjet aber zu teuer.

Der Dealer muss aussagen – das bringt jedoch wenig

Bei "Red Bull", dem Händler aus Berlin hatte er über das Darknet schon damals Drogen bezogen. Die Idee, sich das Kokain durch Drogentests quasi zu verdienen hatte er "in einer schlaflosen Nacht", wie er sagt. Er sei damals sehr süchtig gewesen.

"„Red Bull" sei sofort darauf angesprungen und schickte ihm eine Probe Kokain. Xaver K. hatte an der LMU zwar Zugriff auf Labore und Testgeräte. Er merkte aber schnell, dass er die verprochenen Test mit den vorhandenen Labormaterialien nicht durchführen konnte. Deshalb fing er an, den Wirkstoffgehalt einfach abzuschätzen: "Die Ergebnisse waren frei erfunden."

"Red Bull" merkte davon nicht, er vermittelte K. sogar an "Shiny Flakes", den Kinderzimmer-Dealer. Der war am Montag als Zeuge geladen, wenn auch kein sonderlich nützlicher.

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"Shiny Flakes", bürgerlich Max S., trägt zu seiner Vernehmung ein T-Shirt mit dem Aufdruck: "Was mache ich eigentlich hier?" – "Haben Sie das extra für uns angezogen?", fragt der Vorsitzende Richter. Offenbar schon, denn auf die meisten Fragen antwortet S. mit "Weiß nicht". Xaver K. sei einer seiner drei Gutachter gewesen, sagt S.. Recht viel mehr sagt er aber auch nicht.

Für K. ändert sich durch diese recht nutzlose Aussage jedoch nicht viel. Schon vor der Verhandlung hatten Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft sich auf ein Strafmaß zwischen 3 Jahren und 3 Jahren, vier Monaten verständigt. Voraussetzung dafür: K.s Geständnis – und das liegt ja schon vor. Der Prozess wird fortgesetzt.


Der Kinderzimmer-Dealer – Max S. vertickt im großen Stil

Der zweite Kunde von Xaver K. war ein großer Fisch im Drogengeschäft – trotz seines jungendlichen Alters. Mit 20 Jahren vertickte Max S. im eigenen Drogen-Internetshop "Shiny-Flakes" fast eine Tonne Rauschmittel. Die Ecstasy-Tabletten, Speed, Crystal und Hasch lagerte er in seinem Kinderzimmer in Leipzig.

Die Ermittler gehen davon aus, dass Max S. insgesamt rund vier Millionen Gewinn gemacht hat, bevor er im Februar 2015 festgenommen wurde. Das Landgericht Leipzig hat ihn zu sieben Jahren Haft verurteilt.

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