Biergarten-Regeln: Ist Brotzeit mitbringen erlaubt?

Die Biergartensaison ist in vollem Gange, aber was ist eigentlich erlaubt in den Ruheoasen? Essen selber mitbringen etwa ist Brauch, doch gibt es dabei Regeln.
Leonie Fuchs |
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Menschen sitzen im Biergarten am Seehaus im Englischen Garten unter Laubbäumen. Dass diese dort stehen, hat einen Grund.
dpa Menschen sitzen im Biergarten am Seehaus im Englischen Garten unter Laubbäumen. Dass diese dort stehen, hat einen Grund.

München - Die Maßkrüge klirren, die Sonne scheint, die Kastanien bergen einen schattigen Rückzugsort - das ist bayerisches Lebensgefühl pur! Freilich gibt es beim Biergartenbesuch ein kühles Helles und dazu eine zünftige Brotzeit. Dass Gäste diese selbst mitbringen dürfen, hat in Bayern Tradition - und zwar schon seit dem Jahr 1812.

Biergarten: Hitzige Diskussion um Brauchtum

Dieser Brauch ufere jedoch aus, sagen Wirte. Allerdings ist er sogar in der Bayerischen Biergartenverordnung (siehe unten) festgehalten worden. In Oberbayern hat ein Schild vor dem Traditionsbiergarten Schloßallee in Haag kürzlich für heftige Diskussionen gesorgt. "Der Verzehr von mitgebrachten Speisen und Getränken ist untersagt", heißt es darauf. Das sorgte zunächst für gemischte Gefühle bei den Gästen, erzählt Betreiber Alexander Moser der AZ. Doch hätten viele Besucher den Brauch ausgenutzt.

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Grillhendl, Pizza und Kaffee mitbringen - "das geht nicht"

Unter dem Deckmantel der bayerischen Biergartentradition seien Büfetts aufgebaut worden, manche Gäste hätten einen Grill mitgenommen, sich Pizzen bestellt oder das Hendl ausgepackt, so Moser. Deswegen seien Speisen nun in seinem Biergarten verboten, erklärt er. Eine kleine Brotzeit sei aber natürlich auch weiterhin erlaubt.

"Ich habe absolutes Verständnis für den Wirt", sagt Frank-Ulrich John, Sprecher des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), der AZ. "Ich kann nicht in einem Biergarten mit Wärmebehälter ankommen und Schweinebraten mit Knödeln auffahren - das ist nie gemeint gewesen in der Biergartenverordnung." Diejenigen, die gegen diese verstoßen würden, seien nicht der Wirt, sondern die Gäste. "Eine Brotzeit ist eine kalte, einfach zubereitete Speise", bestellte Pizzen oder eigener, in Thermoskannen gebrachter Kaffee seien ein Tabu.

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Für alle Hopfen- und Spezifreunde, gemütlichen Bierbanksitzer, Grantler, Kartler und Wissbegierigen hat die AZ zum Start in die Biergartensaison eine Übersicht zusammengestellt: Was ist eigentlich genau erlaubt in Bayerns grünen Oasen unter Kastanien? Welche Tabus sollte man lieber nicht brechen? Und wie entstand das Kulturgut?

Brauchtum: Musi bis zur Sperrstunde

Spätestens seit der Biergartenrevolution am 12. Mai 1995 ist klar: Die Bayern lieben ihre Biergärten! Damals gingen 25.000 Münchner auf die Straße und demonstrierten, nachdem die Sperrstunde wegen einer Klage auf 21.20 Uhr vorverlegt werden sollte. Das Ergebnis: Die traditionellen bayerischen Biergärten durften und dürfen bis 23 Uhr geöffnet haben - was einige Jahre später auch in der Bayerischen Biergartenverordnung vom 20. April 1999 festgehalten wurde. Die Bürger wollten das bayerische Lebensgefühl aufrechterhalten, erklärt John, und waren bereit, dafür zu protestieren. Heute haben Biergärten also von 7 bis 23 Uhr geöffnet, bis 22 Uhr darf musiziert werden, ab 22.30 Uhr werden keine Getränke und Speisen mehr verkauft, um 23 Uhr ist Feierabend.

Grüne Oase: Entspannen mit Tieren

Ein traditionell bayerischer Biergarten ist nicht laut, da wird nicht ständig Musik gespielt", sagt Ursula Seeböck-Forster. Freilich gestalte das aber jeder Betreiber, wie er möchte. In der Waldwirtschaft Großhesselohe in München wird zum Beispiel oft Jazz gespielt - "da hat es schon Tradition". Meistens aber sei ein Biergarten ein Ort der Ruhe, wo man sich gemütlich mit Familie und Freunden zum Essen trifft. "Gerade heute, in einer Zeit, in der alles teurer wird, ist es wichtig, dass man die grünen Oasen der Städte erhält", so die Biergartenverein-Präsidentin. "In meiner Kindheit haben wir im Hirschgarten die Tiere gefüttert, das gehörte dazu." Laut Verordnung hat ein Biergarten zudem "große, schattenspendende, heimische Laubbäume", so John. Der Hintergrund: Die Hopfenkaltschale wurde im 19. Jahrhundert in Kellern eingelagert, damit sie nicht schlecht wird. Um sie zusätzlich zu kühlen, hat man darüber Kastanien gepflanzt.

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Ort der Geselligkeit: Karteln bei einer Maß

Was ist noch erlaubt in den grünen Oasen und was ist ein "No-Go"? "In Absprache mit dem Wirt geht alles! Durchs Reden kommen die Leute zusammen", sagt Dehoga-Sprecher John. Plätze reservieren für Freunde, die nachkommen, sei demnach in Ordnung, wenn der Gastronom sein Okay gebe. Eigene Getränke mitzubringen wiederum sei ein Tabu. "Das geht natürlich nicht", so John. Kartenspiele, wie Schafkopf, gehören dagegen dazu, meint er.

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Lebensart: Speisen im Grünen

Im Jahr 1812 genehmigte König Max I. Josef den Brauereien im Isarkreis, ihr Bier direkt aus den großen Lagerkellern auszuschenken. Der Verkauf von Speisen war damals allerdings noch untersagt. "Weil man weniger betrunkene Leute haben wollte, entschied man sich, dass Gäste ihre eigene Brotzeit mitbringen dürfen. So haben sie das Bier besser vertragen", so Dehoga-Sprecher John weiter. Der Biergarten war erfunden und damit die Idee, eigene Speisen verzehren zu können. Schon seit über 200 Jahren kaufen Besucher ihre Maß folglich an der Schänke - und bringen die Brotzeit von zu Hause mit. Neben Schankzeiten ist in der Bayerischen Biergartenverordnung auch verankert, was einen Biergarten ausmacht. Kennzeichnend für das Kulturgut sind demnach zwei Merkmale: "Der Gartencharakter und die traditionelle Betriebsform, speziell die Möglichkeit, dort auch die mitgebrachte, eigene Brotzeit unentgeltlich verzehren zu können, was ihn von sonstigen Außengaststätten unterscheidet." Gaststätten mit Plätzen vor dem Haus seien "Wirtsgärten, keine Biergärten", sagt Ursula Seeböck-Forster der AZ. Die Präsidentin des Biergartenvereins erklärt weiterhin: "Die Verbrauchergewohnheiten haben sich über die Zeit geändert, Traditionen wurden entsprechend angepasst." Und so gebe es heute auch den bewirteten Teil mit Speis und Trank.

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