Bessere Infrastruktur: Ein Verkehrspakt für München
München - Bis Infrastrukturprojekte in Deutschland verwirklicht werden, vergehen oft zehn, 20, ja manchmal sogar 30 Jahre. Weil jetzt in den Ballungsräumen Fahrverbote drohen, will die bayerische CSU-Staatsregierung nun neue Wege gehen. Alle Beteiligten, kündigte Verkehrs- und Innenminister Joachim Herrmann nach einer Ministerratssitzung am Dienstag in München an, sollen im Vorfeld solcher Projekte an einen Tisch geholt und auch in die Pflicht genommen werden.
Erstmals im größeren Stil praktiziert werden soll das Verfahren für den Großraum München, wo der Handlungsbedarf am dringendsten ist. Wegen der chronischen Überschreitung der Stickoxid-Emissionen droht hier nicht nur ein Fahrverbot – München muss auch die meisten Pendler und die längsten Staus aller deutschen Ballungsräume verkraften. Grund dafür ist auch ein überdurchschnittlicher Zuwachs an Jobs und Einwohnern in den letzten Jahren.
Das "dynamische Wachstum" Münchens sei sehr erfreulich, aber man müsse jetzt in weniger Zeit mehr in die Infrastruktur investieren, fasste Herrmann die Erkenntnisse der Staatsregierung zusammen. Straßen- und Schienenprojekte kämen oft nicht recht voran, weil die Verantwortung zwischen den verschiedenen politischen Ebenen hin- und hergeschoben würde, man nicht miteinander rede oder gar streite, so Herrmann.
Einen Finanzrahmen gibt es noch nicht
Das Problem will Herrmann jetzt mit einem "Verkehrspakt" für den Großraum München beseitigen. Alle Verantwortlichen für Infrastruktur und Verkehrsträger der Kommunen, des Landes und des Bundes sollen zusammengeholt und mit sanftem Druck animiert werden, "zügig zielgerichtet und koordiniert" Pläne zur Verbesserung der Lage an der Verkehrsfront zu schmieden und auch zu beschließen. Es vergehe dann ohnehin noch geraume Zeit, bis ein solches Vorhaben umgesetzt sei. Umso wichtiger sei es daher, in der Abstimmung schneller zu werden "und alle unter einen Hut zu bringen".
Die "Eckpunkte" für den "Verkehrspakt" sollen von der Stadt München, den Landesministerien für Verkehr, Finanzen und Wirtschaft, den angrenzenden Landkreisen, der Deutschen Bahn und dem MVV ab Oktober erarbeitet werden. Ziel ist es laut Herrmann, den öffentlichen Personenverkehr im Raum München "massiv" zu stärken, auch mit "Tangential- und Expressbuslinien". Außerdem müssten noch mehr Pendler mit Hilfe von Radschnellwegen auf den Fahrradsattel gebracht werden. Das überlastete Münchner Straßennetz will der Mittelfranke mit intelligenter Verkehrssteuerung "weiter optimieren". Allerdings: Einen Finanzrahmen für das alles nannte Herrmann nicht.
Herrmann trat dem Eindruck entgegen, bisher sei zu wenig für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Großraum München getan worden. Rund um die Landeshauptstadt würden die Autobahnen zum Teil auf bis zu acht Spuren ausgebaut, listete Herrmann auf. Mit 1,7 Milliarden Euro seien auch künftig für den Raum München "gewaltige Summen" im Bundesverkehrswegeplan eingeplant.
Die Kritik an der Marschroute der Staatsregierung kam prompt: Herrmann werde nun von der Realität eingeholt. Saubere Luft, Radschnellwege und eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur hätte man schon lange haben können, wenn man auf die Grünen gehört hätte, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion Markus Ganserer.
Hingegen habe die CSU-Staatsregierung in den Jahren 2014 und 2015 rund 800 Millionen Euro Fördermittel für Zug, Bus und Tram gekürzt. Die CSU habe lediglich "schnelle Ankündigungen und leere Versprechungen" zu bieten, so das Fazit Ganserers.
Diesel-Debatte in Bayern: Verbot droht nur in München
Diesel-Fahrverbote wegen Überschreitung des EU-Grenzwerts für Stickoxide müssen in Bayern wohl "nur" die Münchener fürchten. In den anderen Großstädten Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Würzburg und Ingolstadt könnten die von der Staatsregierung geplanten Maßnahmen genügen, um den Grenzwert einzuhalten, sagte der neue Vorsitzende des Städtetags, der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) am Dienstag.
Der Städtetag mahne seit Jahren mehr Geld für den ÖPNV an, damit Busse, Schienen-Verkehr, Tram- und U-Bahnen besser gefördert werden, sagte Gribl. Jetzt sei es an der Zeit für ein "breites Bündnis für den ÖPNV". Ferner sei zu klären, wie die Erneuerung der Nutzfahrzeugflotten gefördert werden könne. Der Augsburger OB denkt dabei an die Nahverkehrs-Busse, Müllautos, Bauhof-Fahrzeuge, aber auch die Fahrzeuge des Lieferverkehrs und die Taxis.
Ein generelles Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge müsse möglichst vermieden werden, sei aber ein letztes Mittel, um die Schadstoffemissionen zu reduzieren, sagte Gribl. Ein Fahrverbot ohne Blaue Plakette aber sei nicht kontrollierbar, weshalb für diesen Fall eine Blaue Plakette für Autos mit niedrigem Schadstoffausstoß als "praktikableres Notfallinstrument" eingeführt werden müsse, sagte Gribl.
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