Bei Umzug in München: Digitales Adress-Chaos bei der Stadt wird publik – Konsequenzen gefordert

Rechnungen und Mahnungen an Adressen, wo man lange nicht mehr lebt: Die Stadtverwaltung hält das für normal, wie der Fall eines Münchners zeigt. Die CSU fordert rasche Konsequenzen.
Felix Müller
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Das Steuer- und Kassenamt in der Herzog-Wilhelm-Straße. Hier bekommt man nicht automatisch mit, wenn sich Bürger ummelden.
Das Steuer- und Kassenamt in der Herzog-Wilhelm-Straße. Hier bekommt man nicht automatisch mit, wenn sich Bürger ummelden. © Daniel von Loeper

München - Der Münchner dachte an ein Versehen - oder an einen dieser kuriosen seltenen Fälle, dass die Post einen Brief verschlampt und erst nach vielen Jahren zugestellt hätte. Denn wie sonst sollte sich erklären, dass eine ehemalige Nachbarin anrief - sie habe einen Brief der Stadt im Hausflur gefunden.

Ein Brief, der jahrelang unterwegs war?

Genauer: von der Stadtkasse. Gesendet an die Adresse, an der der Münchner schon seit Jahren nicht mehr wohnte, natürlich auch nicht mehr gemeldet war und von der er auch keinen Nachsendeantrag mehr hatte. Er fuhr zu der einstigen Nachbarin, holte den Brief ab - und hatte eine Mahnung der Stadtkasse in den Händen, weil ein Betrag für die Betreuung seines Kindes nicht gezahlt worden sei.

Er schrieb eine E-Mail an die Stadtkasse, ob es sich um eine Verwechslung handele. Schließlich sei er seit Jahren bei der Stadt München umgemeldet. Die Antwort: "Warum Sie eine Mahnung an eine vormalige Adresse erhalten, hat den Grund, dass eine neue Adresse nicht automatisch an die Stadtkasse übermittelt wird, da es sich um getrennte Netzwerke handelt."

Müssen Bürger ihre Adresse überall einzeln aktualisieren?

Getrennte Netzwerke? Müssen die Münchner sich bei sämtlichen Stellen der Stadt einzeln ummelden, da diese sich nicht austauschen? AZ-Nachfrage beim Kreisverwaltungsreferat (KVR), bei dem die Daten über die Bürger gespeichert werden und wo man auch seine neue Adresse meldet. "Das Einwohnermeldeamtsregister wird kontinuierlich von den Mitarbeitern im Bürgerbüro aktualisiert", heißt es aus der KVR-Pressestelle. "Dies gewährleistet, dass die darin gespeicherten Informationen stets auf dem neuesten Stand sind."

Die Programme, die auf dieses Register zugreifen, hätten die Möglichkeit, aktuelle Daten abzurufen. Nur: Das sind offenbar nicht alle Stellen der Stadt. Zum Beispiel nicht die, die Gebühren von den Bürgern eintreibt. "Die Stadtkasse ist nicht an dieses System angeschlossen", bestätigt das KVR der AZ. "Eine automatische Aktualisierung von Adressdaten findet insofern nicht statt."

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Die Mitarbeiter ermitteln die neue Adresse beim KVR

Also ein ganz normaler Vorgang, dass Rechnungen an längst nicht mehr aktuelle Adressen gesendet werden - und dann Mahnungen folgen, weil diese logischerweise nicht gezahlt werden können? "Im beschriebenen Fall wäre das ordnungsgemäße Verfahren gewesen, dass bei der Zustellung durch den Postzusteller festgestellt worden wäre, dass der Adressat unter der angegebenen Adresse nicht mehr erreichbar ist und der Brief als unzustellbar an den Absender Stadtkämmerei Stadtkasse zurückgeht", heißt es in der Stellungnahme des KVR.

"Die Kollegen dort beginnen in solchen Fällen dann aufgrund des Rückläufers mit der Adressermittlung beim KVR und veranlassen die Zustellung an die neue Adresse." Anschließend würden dann die Daten bei der Stadtkämmerei "selbstverständlich aktualisiert".

CSU-Pretzl: Unglaublich, dass wir 2023 darüber reden müssen

Der Chef der Rathaus-CSU Manuel Pretzl ist fassungslos, als die AZ ihm von dieser Auskunft der Stadtverwaltung berichtet. "Die Stadtkasse muss sofort an das Datensystem angeschlossen werden", sagt er. "Unglaublich, dass wir im Jahr 2023 noch über so etwas reden."

CSU-Chef Pretzl ist überzeugt: "Grün-Rot hat die Baubremsen selbst verschuldet" (Archivbild).
CSU-Chef Pretzl ist überzeugt: "Grün-Rot hat die Baubremsen selbst verschuldet" (Archivbild). © IMAGO/STL

"Kann nicht Münchens Anspruch bei der Digitalisierung sein"

Dass Mitarbeiter manuell eine Adresse ermitteln müssten, die der Stadt digital längst vorliege, sei "eine Verschwendung von Personalkraft". Am Ende sei der Bürger "der Gelackmeierte, weil er seine Post viel zu spät bekommt". Pretzls Fazit: "Wir erwarten, dass die Verwaltung diese Lücke sofort schließt. Das kann nicht Münchens Anspruch bei der Digitalisierung sein."

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Nach der AZ-Anfrage kommt Bewegung in das Thema

Im konkreten Fall übrigens ging es für den abgemahnten Münchner gut aus. Der zuständige Bearbeiter bei der Stadtkasse erließ aus Kulanzgründen die Mahngebühr. Und auch in der Stadtverwaltung insgesamt kommt nach der AZ-Anfrage möglicherweise etwas in Bewegung. Das IT-Referat arbeite momentan "an Lösungen, um die Datenquellen zu verbinden", heißt es aus dem KVR. Damit "künftig stets aktuelle Daten bereitstehen".

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  • freeman am 08.11.2023 11:34 Uhr / Bewertung:

    Ich find das schlichtweg eine Posse. Mir ist es nämlich auch passiert: ein Strafzettel wurde an eine Adresse zugestellt, an der ich vor 1,5 Jahren gemeldet war; der Brief lag im Treppenhaus. Wie sieht es mit Datenschutz aus? Ich welchem Jahrhundert leben wir hier eigentlich?! Dass sich die Zusteller über dieses Adresschaos nicht beschweren - nun gut, die Post verdient an einer mehrfachen Zustellung natürlich auch mehrfach. Ein völliges Unding!

  • Alois Dimpfelmoser am 06.11.2023 21:13 Uhr / Bewertung:

    Adressen ändern sich. Auch andere Absender sind mit diesem Phänomen konfrontiert. Aktualisierungen mittels automatisiertem Datenabgleich mit Meldedaten bedürfen einer Rechtsgrundlage. Der Beitragsservice bekommt sie als erster. Die Rentenversicherung bekommt sie, und darüber auch die Krankenkasse. Das Schulamt bekommt sie bei schulpflichtigen Kindern. Die kommunale Abfallwirtschaft bekommt sie. Aber die Stadtkämmerei?

  • F. Graf Denunziant am 06.11.2023 12:59 Uhr / Bewertung:

    Prof. Dr. h.c. D. Krause ist nicht schuldfähig, da noch als Praktikant im Bürgermeisteramt.

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