Hochhausdiskussion zum Nachschauen: Mehr Türme in München? So lief die große AZ-Debatte
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Ganz hinten am Horizont sieht man die Alpen. Davor liegt München, nur Kirchtürme ragen in den Himmel - und der 146 Meter hohe O2-Tower, als hätte jemand zufällig einen Bauklotz fallenlassen. So sieht es aus, wenn man im 14. Stockwerk Richtung Westen auf die Stadt blickt.
Hierher ins Adina Hotel am Ostbahnhof hatte die AZ am Montagabend geladen, um zu diskutieren, ob diese Skyline so bleiben oder weiter wachsen soll. Auf dem Podium saßen: Der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper, der gerade Unterschriften für ein neues Bürgerbegehren sammelt, um die Hochhäuser an der Paketposthalle zu verhindern. Die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden von den Grünen, die zwar glaubt, dass es nachhaltige Hochhäuser geben kann, aber trotzdem die Bürger abstimmen lassen will. Der Münchner SPD-Chef Christian Köning, der überzeugt ist, dass hoch bauen etwas gegen die Wohnungsnot bewirken kann. Und der Architekt Fabian Ochs, der hofft, dass in München bald mehr hohe Türme stehen.

AZ-Debatte: Spannende Erkenntnisse und große Emotionen
So viel vorweg: Der Hochhaus-Gegner Brannekämper wird auch nach der Debatte seine Unterschriften-Listen nicht einstampfen. Viele spannende Erkenntnisse gab es trotzdem - und vor allem große Emotionen. Empörte Zwischenrufe, zustimmendes Klatschen. Sogar für Revoluzzer-Stimmung sorgten die Hochhausgegner in dem schicken Hotel: Irgendwer klebte Aufkleber, die sich gegen den Hochhaus-Investor Ralf Büschl richteten, in den Aufzug und aufs Herren-Klo.

Nur ein paar Stunden, bevor die AZ-Debatte begann, trafen sich die Spitzen von SPD, Grünen und CSU. Sie loteten aus, inwieweit der Stadtrat selbst einen Bürgerentscheid durch Ratsbegehren initiieren sollte. Das Ergebnis ist noch offen.
Denn, obwohl sich SPD-Chef Köning und die Grüne-Bürgermeisterin Habenschaden einig sind, dass Hochhäuser München bereichern können, gibt es Differenzen: Habenschaden will die Bürger noch einmal nach ihrer Meinung fragen. Aus ihrer Sicht sollte der Stadtrat diese Abstimmung in die Wege leiten.

Köning : "Verantwortung nicht an den Bürger abgeben"
Christian Köning ist anderer Meinung. Er habe zwar nichts dagegen, wenn eine Initiative Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammelt. Allerdings sollte der Stadtrat dem nicht vorgreifen. Er findet: "Der Stadtrat ist auch gewählt, um schwierige Entscheidungen zu treffen und darf die Verantwortung nicht an den Bürger abgeben."

Die Münchner SPD beschloss am Wochenende mehrheitlich, ein Ratsbegehren nicht zu unterstützen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) war auf dem Parteitag nicht anwesend. Köning ist sich trotzdem sicher, dass der OB die Meinung teilt.
Habenschaden hingegen ist auch deshalb dafür, dass der Stadtrat eine Abstimmung in die Wege leitet, weil ihrer Meinung nach beim Bürgerentscheid 2004 Fehler gemacht worden seien. "Die Frage wurde damals falsch gestellt", sagte sie. Statt bloß die Höhe festzulegen, sollte bei einem Gebäude auch eine Rolle spielen, wie nachhaltig es ist und wie viel bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.
Anders als viele Klimaaktivisten und Naturschützer ist die grüne Bürgermeisterin davon überzeugt, dass es Hochhäuser mit einem "klimatischen Anspruch" gibt. Sie hält es für richtig, hoch zu bauen, weil das Fläche am Boden spart.
Auch Köning sprach sich dafür aus, weniger über Höhengrenzen nachzudenken, als darüber, wie die Stadt Investoren zu mehr sozialem Wohnungsbau verpflichten kann: "Mit der SPD wird es keine Gefälligkeiten in der Hochhausplanung geben", betonte er.

Architekt Ochs bestätigte, dass mit den Regeln für eine Sozialgerechte Bodennutzung, die der Stadtrat 2021 erließ, Investoren zu günstigem Wohnraum verpflichtet werden - und zwar immer dann, wenn ein neuer Bebauungsplan erlassen wird. Dies ist bei der Paketposthalle, wo der Investor Ralf Büschl zwei 155 Meter hohe Türme plant, der Fall.
Der größte Widerspruch kam von dem CSUler Brannekämper: Er machte deutlich, wie wenig er dem Referat für Stadtplanung vertraut: "Das Problem ist, dass in dieser Stadt die Investoren planen." München, was jedes Jahr Millionen Touristen anlocke, sollte aus seiner Sicht bleiben, wie es ist. Wenn diese Leute Hochhäuser sehen wollten, würden sie schließlich gleich nach Frankfurt fahren, meinte er. Habenschaden sieht das ganz anders: "Eine Stadt lebt doch davon, dass sie sich verändert." Ob die Bürger das auch so sehen?
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