AZ am Flughafen: Als Söder US-Vizepräsidentin Harris eine weiße Rose schenkte
München - Der Nebel wabert über dem Rollfeld. Ministerpräsident Markus Söder steigt aus seiner Dienst-Limousine und zuppelt an seinem Schal. Ob es nun daran liegt, dass er müde ist oder friert oder beides – seine sonst so dynamischen Schritte fallen ein bisschen tapsiger aus. Vielleicht ist man auch einfach nicht daran gewöhnt, Söder schlendern zu sehen.
Vielleicht geht es ihm so wie einigen Journalisten und Fotografen, die sich am Rande des Rollfelds zusammengerottet haben. Es ist ein Riesen-Aufwand für alle Beteiligten, der sich am Ende in wenigen Minuten kulminiert. Nämlich dann, wenn US-Vizepräsidentin Kamala Harris aus dem Flieger steigt und von Söder in Empfang genommen wird.

Secret Service hat die Lage am Flughafen jederzeit im Blick
Eine Stunde lang warten viele Menschen auf diese eine Frau. Um die zwanzig Polizisten marschieren auf und ab. Ganz unglamourös steht der Transporter einer Raumausstattungsfirma auf dem Rollfeld. Klar, der rote Teppich muss ja irgendwoher kommen.
Überhaupt, dieser Teppich: Da wird geschoben und gerollt, was das Zeug hält. Offensichtlich bereitet der Stoff textile Herausforderungen. Auch die Kästchen, die den Teppich säumen, werden umgetragen. Immer unter dem wachsamen Auge des Secret Service. Sie sehen wirklich aus wie im Film mit ihren Sonnenbrillen.

Man wartet quasi drauf, dass gleich Bruce Willis um die Ecke biegt und die Welt rettet. Oder sich zumindest des Teppichs annimmt. Statt Bruce Willis taucht kurz vor der Ankunft dann noch ein Sprengstoffspürhund auf, der am Teppich schnuppert, aber glücklicherweise nicht anschlägt.
Nach einer knappen Stunde ist es dann soweit: Die Air Force Two biegt auf das Rollfeld. Ein riesiger Autokorso fährt vor, neben zahlreichen Fahrzeugen und Motorrädern der Bayerischen Polizei sind auch schwere schwarze Chevy Suburbans mit amerikanischen Kennzeichen dabei. Ihre Tür ziert ganz schlicht und klein das Emblem des Weißen Hauses.
Söder diesmal kein "textiler Geisterfahrer"
Zunächst muss aber erst mal das Fußvolk die Maschine verlassen, nämlich über den Hinterausgang. Mit Kamala Harris reisen zahlreiche Pressevertreter und Mitarbeiter. Und das hatte man sich irgendwie anders vorgestellt: Viele sind schick, andere wirken auch nur wie jeder deutsche Thailand-Tourist, der irgendwie einen mehrstündigen Flug überstehen will. Elasthan geht auch in der Air Force Two.
Kamala lässt auf sich warten. Und das, obwohl sich der Ministerpräsident schick gemacht hat. In Anzughose und elegantem Mantel wartet Söder. Im Vorjahr hatte er noch Aufsehen erregt, als er US-Präsident Joe Biden zum G7-Treffen in Elmau begrüßte. Auf Twitter wurde seine Kleiderwahl kritisiert, gar von einem "textilen Geisterfahrer" war dort die Rede, andere fragten sich, ob das Bügeleisen kaputt gegangen war.

Ein modischer Super-GAU bleibt dieses Jahr jedenfalls aus. Inzwischen frieren alle Beteiligten. Dabei kommt Harris ohnehin ein bisschen früher als geplant an, die Air Force Two konnte den Rückenwind aus Amerika mitnehmen. Frischen Wind könnten auch die deutsch-amerikanischen Beziehungen gebrauchen, die durch die Debatte um die Panzerlieferungen an die Ukraine einen Kratzer bekommen haben. Die Begrüßung sei für ihn eine "Selbstverständlichkeit", hatte Söder im Vorfeld gesagt.
Schließlich ist es so weit. Im langen dunklen Mantel schreitet die Vizepräsidentin die Treppe hinunter. Das hat schon etwas Staatstragendes und vielleicht ist man als Deutscher auch ein bisschen neidisch, weil die Amerikaner einfach besser Pathos können. Inzwischen schaut sogar die Sonne raus – wie machen die Amis das nur?

Rosen-Geschenk von Markus Söder
Zu einer Umarmung zwischen Söder und Harris kommt es nicht. Und dennoch muss man unvermittelt an die Fernsehsendung "Der Bachelor" denken. Zwar keine rote, aber eine weiße Rose überreicht der Bayer der Amerikanerin. Sie sprechen ein paar Minuten, auch Staatsminister Florian Herrmann hat er mitgebracht. Worum es geht, kriegt man nicht mit. Der AZ-Redakteurin fällt es inzwischen etwas schwer, das Ganze zu filmen. So klamm sind die Finger schon.

Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei und Harris verschwindet in einem gepanzerten Suburban. Es dauert wiederum mehrere Minuten, bis der losfährt. Der Konvoi setzt sich in Bewegung, darunter auch einige Fahrzeuge mit Herren in Sturmmaske. Zurück bleibt ein roter Teppich und irritierenderweise ein Blumenstrauß. Wer weiß, vielleicht gab es für den Backup des Präsidenten ja noch eine florale Reserve.