Auch in München Probleme bei der Mülltrennung: Die Leute haben zu viel Geld

München ist schon weit bei der Mülltrennung – aber es landen immer noch viele Dinge im Restmüll, die dort nicht hingehören.
von  Anja Perkuhn
Restmüll? Ist so gut wie nichts davon.
Restmüll? Ist so gut wie nichts davon.

München - Natürlich kann diese Person einfach laktose-intolerant sein und diesen Sojajoghurt gekauft haben, um nicht von der Milch in herkömmlichem Joghurt pupsen zu müssen. Wahrscheinlicher ist aber: Die Person, die diesen speziellen Joghurt gekauft hat, denkt relativ viel über ihren Konsum nach.

Warum aber wirft sie diese Verpackung in den Restmüll, wo sie nun wirklich nicht hingehört?

Manfred Stockbauer seufzt. Er blickt auf eine fast zwei Meter lange Leuchtstoffröhre in der schwarzen Tonne vor ihm. In einer anderen liegen eine Lautsprecherbox, eine blaue Plastikwanne voll Schutt mit einer rostigen Schaufel darin, halbfeuchte Paketpappe mit "Amazon"-Aufdruck, ein paar die Köpfe hängen lassende Sonnenblumen, Milchkartons, eine Tüte sehr frisch wirkende Laugenstangen.

Glas, Kunststoff, Plastik - die Leute werfen alles in den Restmüll

"Die Leute schmeißen alles in den Restmüll", sagt Stockbauer. Er arbeitet seit mehr als drei Jahren als Handwerkerhelfer auf dem Müllhof in Berg am Laim. "Die sagen sich einfach: ,Scheiß’ drauf!’ Die Leute haben anscheinend zu viel Geld."

Restmüll? Ist so gut wie nichts davon.
Restmüll? Ist so gut wie nichts davon.

Restmüll? Ist so gut wie nichts davon. Foto: Petra Schramek

Denn organischer Abfall, Glas, Kunststoffe, Pappe, all das gehört nicht in den Restmüll. Im Grunde schaden diese Fehlwürfe" genannten Stoffe nicht – die Brennleistung des Heizkraftwerks, in dem der Restmüll verfeuert wird, ist groß genug. Glas zum Beispiel schmilzt und wird am Ende aussortiert, ebenso Metalle – und eine faulige Tomate behindert die Verbrennung auch nicht.

Aber die Fehlwürfe füllen die Restmülltonne mehr, als sie gefüllt sein müsste. Damit verursachen sie höhere Transportkosten zum Heizkraftwerk – und da sich die Gebühren für Restmüll nach Volumen berechnen, steigen diese natürlich. Außerdem wären die Stoffe im Recycling-Kreislauf (siehe Interview) sinnvoller aufgehoben.

311.375 Tonnen Restmüll kommen pro Jahr an auf den Betriebshöfen des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM). Fast 40 Prozent des Münchner Restmüll-Gewichts nimmt dabei noch organischer Abfall ein – 78 Kilogramm pro Einwohner pro Jahr sind das. Und viel von dieser Organik wäre für die Biotonne geeignet gewesen.

Diese Lautsprecherbox gehört in den Sperrmüll.
Diese Lautsprecherbox gehört in den Sperrmüll.

Diese Lautsprecherbox gehört in den Sperrmüll. Foto: Petra Schramek

Man sieht den massiven Online-Handel und das Altern der Gesellschaft

Die 78 Kilo sind ein Durchschnittswert – je kleiner die Wohneinheit, desto weniger Biomüll landet im Restmüll. Kurz: Wer in einem Vier-Parteien-Haus lebt und die eigene Biotonne im Garten stehen hat, der sortiert sorgfältiger als der Mieter im Hochhaus.

Was man ebenfalls deutlich am Restmüll ablesen kann: das Erstarken des Online-Handels und das Altern der Gesellschaft. Zehn Prozent des Mülls machen nämlich Pappe und Kartonagen aus – Paketreste.

Ebenso zugenommen hat die Masse der Windeln im Restmüll – die dort hineingehören. Dabei handelt es sich aber nicht nur um Windeln für Babys, sondern auch um solche aus dem Pflegebereich. Es gibt immer mehr alte Menschen.

Ich hab’ jetzt leider gar keine Tonne, die richtig greislig ist", sagt Manfred Stockbauer entschuldigend, nachdem er diverse 110-Liter-Restmülltonnen aufgeklappt hat. Aprilfrisch riecht es auf dem Hof trotzdem nicht, eher dumpf-gärig. Und bräunliche Regenwasserplörre, auf deren Oberfläche aufgeweichte Ohrstäbchen schwimmen, ist auch nichts, das sich uneingeschränkt als gerahmtes Bild für Über-dem-Sofa eignen würde.

Vielleicht sollte es solche Bilder aber geben, als Erinnerung. Immerhin produzieren wir alle Müll. Entscheidend ist, wie.

Manfred Stockbauer sucht eine greislige Tonne.
Manfred Stockbauer sucht eine greislige Tonne.

Manfred Stockbauer sucht eine greislige Tonne. Foto: Petra Schramek

Lesen Sie hier Teil 1 der Müll-Serie: Nach der Tonne - Das wird am Ende aus unserem Müll

Lesen Sie hier Teil 2 der Müll-Serie: München an der Spitze - Niemand trennt seinen Müll besser

Lesen Sie hier Teil 3 der Müll-Serie: Warum gibt es in München keinen Gelben Sack?

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