86-Jähriger fassungslos: Bank kündigt Konto – weil der Kunde zu alt ist?

Eine große Bank kündigt einem 86-jährigen Münchner nach Jahrzehnten ohne Angabe von Gründen. Dürfen die das?
Hüseyin Ince
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Eine Filiale der Hypovereinsbank in München.
Eine Filiale der Hypovereinsbank in München. © imago/Fotostand

München - Der Münchner Emil Otto Schwarz, 86 Jahre alt, wirkt immer noch fassungslos und verwundert, wenn er über die Kündigung seines Kontos spricht. Ohne Vorwarnung hatte ihm die Hypovereinsbank ein Schreiben zukommen lassen. Fristgerecht, wie darin betont wird. Er kann es sich nicht erklären. "Ich frage mich oft, ob es etwas mit meinem Alter zu tun hat", sagt Schwarz, "vielleicht denken sie, dass sie mit mir kein Geld mehr verdienen können".

Die überraschende Kündigung vom 9. Dezember 2022 traf ihn auch deshalb so hart, weil sie zeitlich mit einem Schicksalsschlag zusammenfiel. Die Ehefrau von Emil Schwarz war kurz vorher gestorben, als die unbegründete Kündigung zum 15. Februar 2023 in seinem Briefkasten landete.

Schwarz war bereits vor dem Zweiten Weltkrieg Kunde bei der Bank

Der 86-Jährige begann, in alle Richtungen zu forschen. "Ich habe auch überlegt, ob es was damit zu tun haben könnte, dass meine Frau früher bei der Deutschen Bank gearbeitet hat", erzählt Schwarz. Doch das sei eigentlich unwahrscheinlich. Seine Anfragen beantwortet die Bank zwar, aber weiterhin, ohne ein Motiv zu nennen.

Noch nicht ganz so viel Symbolkraft wie die Frauenkirche, aber schon lange ein fester Teil der Münchner Skyline: Das Hypo-Hochhaus (rechts).
Noch nicht ganz so viel Symbolkraft wie die Frauenkirche, aber schon lange ein fester Teil der Münchner Skyline: Das Hypo-Hochhaus (rechts). © imago images/Heinz Gebhardt

Seit seiner Kindheit ist der Senior ohne Pause Kunde bei der Bank. Als er ein Sparbuch eingerichtet bekam von seinen Eltern, hieß sie noch Bayerische Vereinsbank, damals Ende der 30er Jahre war das – noch bevor der Zweite Weltkrieg begann.

Schwarz ist seit Jahrzehnten in der Hotelbranche tätig. Früher kannte er sogar einige Vorstände der Hypovereinsbank. Er begegnete ihnen regelmäßig in der Stadt. Man erkannte sich, konnte manchmal den nächsten Termin auf Zuruf verabreden, erzählt er.

Schwarz war 30 Jahre lang Mieter der Hypovereinsbank

Als Bankgeschäfte immer mehr digitalisiert wurden und die Vorstände wechselten, löste sich diese Bekanntschaft auf.

Die Geschäftsbeziehungen zwischen Schwarz und der Hypovereinsbank erweiterten sich sogar. Schwarz wurde irgendwann Mieter der Bank. Bis zum Umbau der Fünf Höfe in der Theatinerstraße ist er dort mehr als 30 Jahre lang Mieter gewesen. Eigentümer: die Hypovereinsbank.

Die Filiale der Hypovereinsbank bei den Fünf Höfen. (Archivbild)
Die Filiale der Hypovereinsbank bei den Fünf Höfen. (Archivbild) © imago/Panthermedia

All das hilft nichts. Die Kontokündigung ist wirksam. Es ist sein geschäftliches und privates Konto, das zum 15. Februar aufgelöst wird. Schwarz hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. Doch auch ihm sagt man nicht mehr, als auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bank hinzuweisen. Da stellt sich die Frage: Darf das die Bank eigentlich, einfach so? Die AZ fragt bei der Verbraucherzentrale Bayern nach.

Sascha Straub von der Verbraucherzentrale antwortet schnell. Man könne sich nicht allzu ausführlich dazu äußern, da schließlich die Bank keine Gründe für die Kündigung nenne. Es komme aber vor, dass Banken Geschäftsbeziehungen einseitig kündigen, wenn etwa nicht den neuen AGB zugestimmt werde, die Geschäftsbeziehung gestört oder nicht mehr lukrativ sei. Doch all das trifft laut Schwarz nicht zu. "Ich hatte meistens einen hohen vierstelligen Betrag auf dem Konto und regelmäßig Ein- und Ausgänge", versichert er.

Die Kündigung ist zulässig

Da wäre noch die Frage, ob die Bank aufgrund der eigenen AGB das Konto einfach so kündigen kann. "Ja, eine Bank kann mit einer Frist von zwei Monaten ohne Angabe von Gründen kündigen", schreibt Verbraucherschützer Straub.

Was Schwarz nun tun kann? Das sei schwer zu sagen. "Möglicherweise besteht ein Rechtsanspruch auf Fortführung eines Basiskontos", schreibt Straub. An eine Altersdiskriminierung glaubt er zudem nicht. "Benachteiligung von Bankkunden wegen des Alters kennen wir im Bereich der Kreditvergabe, wo dies zum Teil auch zulässig ist. Beim Girokonto können wir dies nicht beobachten."

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AZ-Nachfrage: Bank möchte sich nicht zum Fall äußern

Die AZ fragt bei der Hypovereinsbank nach. Man könne und wolle sich nicht äußern zum Fall Schwarz.

Die AZ erkundigt sich in der Branche. Ein Fachmann, der anonym bleiben möchte, macht Andeutungen. "Es hört sich an, als ob sich die Bank aus irgendwelchen Gründen selbst schützen möchte", sagt der Branchenkenner.

In seltenen Fällen komme es etwa vor, dass in der schnelllebigen digitalen Zeit Konten für kurze Zeit gekapert und für illegale Geschäfte missbraucht würden, ohne Spuren zu hinterlassen – und ohne, dass Kontoinhaber das mitbekämen. Das sei aber nur eine von vielen Möglichkeiten.

Schwarz tappt jedenfalls immer noch im Dunkeln. Er versucht zwar, die Auflösung seines Kontos weiterhin abzuwenden – aber sucht sich zur Sicherheit lieber mal eine neue Bank.

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11 Kommentare
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  • Le Bavarois am 04.02.2023 20:31 Uhr / Bewertung:

    Es wird höchste Zeit, daß die Politik diesen üblen Praktiken einen gesetzlichen Riegel vorschiebt, inkl. Transparenz- und Informationspflicht.

  • Maddze_MUC am 04.02.2023 04:27 Uhr / Bewertung:

    Kaufmannsehre? Widerwärtiges Geschäftsgebaren!
    Menschen bilden Gesellschaft. Menschen (oder eben Banker) treffen heute diese ‚zahlenbasierten‘ Entscheidungen und vergessen, das dieser Wohlstand und diese Kapitalmacht von Menschen in der Vergangenheit geschaffen, ermöglicht wurde.

  • Candid am 03.02.2023 16:10 Uhr / Bewertung:

    Eine gute Werbung sieht anders aus.

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