Ab Januar 2015 sinken Zinsen für Lebensversicherungen
Hamburg - Ein Haus im Grünen, die Familie finanziell abgesichert und genug Geld für schöne Reisen - wer träumt nicht davon, die Rente (BdV) in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg.
Vor 20 Jahren lag der Garantiezins für Renten- oder Kapitallebensversicherungen nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) noch bei vier Prozent. Davon können Versicherte heute nur träumen: Im kommenden Jahr wird der Garantiezins von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent gesenkt.
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Davon betroffen sind Verträge, die ab dem 1. Januar 2015 abgeschlossen werden. "Bei Altverträgen ändert sich nichts, hier bleibt der alte Garantiezins bestehen", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer bereits eine Versicherung besitzt, sollte diese also nicht gleich kündigen.
Keine Altersvorsorgeversicherung
Anders sieht es für alle diejenigen aus, die noch keine Altersvorsorgeversicherung haben. Viele überlegen jetzt, ob sie noch in diesem Jahr einen Vertrag abschließen sollen, um vom aktuellen Garantiezins zu profitieren. Diese Verunsicherung machten sich einige Versicherer zunutze, sagt Theo Pischke von der Stiftung Warentest: "Viele Vermittler ziehen jetzt los, machen den Leuten Angst und sagen, man muss schnell noch etwas abschließen."
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Für Pischke wäre das aber ein großer Fehler: "Bei der Altersvorsorge sollte man gar nichts schnell über das Knie brechen." Auch Boss vom BdV rät: "Auf keinen Fall sollten Verbraucher wegen der Absenkung des Garantiezinses jetzt einen Vertrag abschließen."
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Finanzexperte Pischke bewertet die Kapitallebensversicherung insgesamt kritisch: "Sie ist einfach zu intransparent und zu teuer. Der Kunde weiß nicht, wie viel von seinem Beitrag in die Kosten fließen." Von den Beiträgen, die der Kunde einzahlt, ziehen die Versicherer einen Teilbetrag für den Todesfallschutz, die Verwaltungs- und die Abschlusskosten ab. Die Versicherer müssen angeben, welche Kosten der Versicherte trägt und welche Beträge in den Spartopf fließen. In der Praxis sei das nicht immer ersichtlich, beklagt Pischke: "Oft ist das verklausuliert dargestellt."
Die Kosten hingen insbesondere von der Vertragsdauer, dem Alter des Versicherten, dem Rechnungszins und dem Vertriebsweg ab, erklärt Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Durchschnittlich dürften etwa zehn Prozent des Beitrags für den Risikoschutz und zehn Prozent für die Kosten verwendet werden.
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Die genaue Kostenverteilung soll im kommenden Jahr transparenter werden: "Das Lebensversicherungsreformgesetz sieht vor, dass Verträge ab dem 1. Januar eine Kennzahl zur effektiven Kostenbelastung enthalten", sagt Suliak. Dadurch könnten Verbraucher erkennen, wie sich die Kosten auf die Rendite einer Versicherungspolice auswirken. Dennoch sei die Lebensversicherung auch nach der Absenkung des Garantiezinses attraktiv. "Sie kombiniert neben Sicherheit und Rendite auch Risikoschutz und die Möglichkeit einer lebenslangen Rente, egal wie alt man wird", argumentiert Suliak.
Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht das Modell der Kapitallebensversicherung aber nicht nur wegen der intransparenten Kosten skeptisch: "Da ist das Kapital über Jahrzehnte gebunden, und dem Anleger geht die Flexibilität verloren." Gerade in Zeiten niedriger Zinsen sei das unrentabel. Den Sparbetrag, den Anleger aufbringen können, sollten sie lieber in Bankprodukte wie Tages- oder Festgeld stecken, denn bei Zinsveränderungen könnten Verbraucher so den Anbieter schneller wechseln.
Wieviel bleibt am Ende?
Trotz des Garantiezinses ist es für die Versicherten schwierig, zu ermitteln, wieviel Geld ihnen am Ende der Laufzeit ausgezahlt wird. Denn zusätzlich zu den garantierten Zinsen erhalten sie bei einer privaten Rentenversicherung oder einer Kapitallebensversicherung eine freiwillige Überschussbeteiligung sowie einen Schlussüberschuss.
Über die Höhe der Überschüsse entscheiden die Versicherer jedes Jahr neu - je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie können sie schwanken. Deshalb sei es wichtig, realistisch zu kalkulieren, erklärt Pischke: "Viele Kunden, die vor Jahren einen Vertrag abgeschlossen haben, haben mit dem gerechnet, was ihnen der Versicherer an Überschüssen prognostiziert hat."
Diese Überschüsse seien zum Teil aber rapide zurückgegangen. "Diese Kunden haben jetzt eine Finanzierungslücke bei ihrer Altersvorsorge, weil sie falsch geplant haben", sagt Pischke und fügt hinzu: "Wenn man die Kosten berücksichtigt, und wenn man sich dann klar macht, dass oft weit weniger als ein Prozent Verzinsung übrig bleibt, sollte man besser anders für das Alter vorsorgen."
Wichtig zu beachten: Versicherungen sind nur dann sinnvoll, wenn das eigene Einkommen langfristig gesichert ist. Denn die Verträge laufen Jahrzehnte lang, und die Beiträge müssen bezahlt werden, Monat für Monat, Jahr für Jahr. "Wenn man sich die Beiträge irgendwann nicht mehr leisten kann, dann lohnt sich die Sache nicht", erklärt der Finanzexperte. Im schlimmsten Fall drohen dann sogar Verluste von mehreren Tausend Euro.
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