Interview

Herrenchiemsee-Festspiele: Blick zurück nach vorn

Wie die Festspiele Herrenchiemsee ohne Enoch zu Guttenberg nach Corona weitermachen.
Georg Etscheit |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Neben der Musik und den Festspielen ist Schloss Herrenchiemsee immer auch Ziel für einen Kunstausflug.
Neben der Musik und den Festspielen ist Schloss Herrenchiemsee immer auch Ziel für einen Kunstausflug. © IMAGO/Peter Widmann

Nach zwei Jahren Corona bedingter Zwangspause feiern die Herrenchiemsee-Festspiele in diesem Sommer ihr 20-jähriges Bestehen. Mit einer programmatischen Referenz an eine glorreiche Vergangenheit unter Enoch zu Guttenberg.

AZ: Herrenchiemsee-Festspiele ohne Enoch zu Guttenberg, wie geht das?
Josef Kröner: Natürlich fehlt uns Enoch zu Guttenberg und diese unvergleichliche musikalisch-künstlerische Symbiose, die das Festival zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Auch das Fehlen der Chorgemeinschaft Neubeuern, die sich nach Enochs Tod vor vier Jahren aufgelöst hat, hinterlässt eine große Lücke. Aber wir haben das Glück, bedeutende und inspirierende Musikerpersönlichkeiten und Ensembles zu unseren Freunden zu zählen, die das Konzept der Festspiele weiter unterstützen.

Wen meinen Sie damit?
Wir haben wieder das Taverner Consort unter Andrew Parrot eingeladen, das dieses Jahr im Münster Frauenchiemsee wieder Claudio Monteverdis "Marienvesper" aufführen wird. Concerto Köln und das Münchener Kammerorchester werden dabei sein, das Freiburger Barockorchester sowie der Concentus Musicus Wien, der ja auch nach dem Tod von Nikolaus Harnoncourt erfolgreich weiter musiziert. Die KlangVerwaltung bleibt Residenzorchester der Festspiele und wird wie in der Vergangenheit einen erheblichen Teil der Konzerte mitgestalten.

Einsparungen bei der Logistik, weniger bei der Musik

Was unterscheidet die "neuen" von den "alten" Festspielen?
Eigentlich wenig. Als Spielstätten haben wir weiterhin den einzigartigen Spiegelsaal auf Schloss Herrenchiemsee, wo die meisten Konzerte stattfinden. Eröffnet wird das Festival wie gewohnt mit zwei Konzerten sakraler Musik im Münster Frauenchiemsee. Auch die Begrüßung der Gäste auf Herrenchiemsee durch ein Alphornquartett und die allseits geschätzten livrierten Saaldiener im Stil Ludwigs II. wird es weiter geben. Das ist Ehrensache.

Und programmatisch?
Die Festspiele waren nie der Ort für gewagte musikalische Experimente, auch wenn Enoch zu Guttenberg hier seine durchaus ungewöhnliche Version von Mozarts "Zauberflöte" oder Schostakowitschs "Babi Yar"-Sinfonie herausbrachte. Sehr große Besetzungen mit einem 90-köpfigen Orchester und einem 100-köpfigen Chor wird es eher nicht mehr geben, dafür war der Saal nie perfekt geeignet. Trotzdem wollen wir auch in Zukunft große Sinfonik zu Gehör bringen.

Liegt das auch daran, dass Sie weniger Geld zur Verfügung haben?
Das ist nicht zu leugnen. 2016 lagen wir noch bei einem Gesamtbudget von 2,2 Millionen Euro und haben das noch unter Enochs und meiner Ägide als Geschäftsführer auf 1,1 Millionen heruntergefahren. Derzeit schießt der Freistaat noch 600.000 Euro zu, der Rest kommt von Privatsponsoren und Firmen sowie den Eigeneinnahmen aus Kartenverkäufen. Gespart haben wir übrigens vor allem bei der Logistik, weniger bei der Musik.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Freundschaftliche Beziehung zwischen Nagano und Guttenberg

Sie konnten Kent Nagano als Dirigenten und künstlerischen Schirmherrn gewinnen.
Nagano war seit seinem ersten Konzert mit der KlangVerwaltung mit Haydns "Jahreszeiten" beim Ingolstädter Musiksommer ein regelmäßiger musikalischer Partner des Orchesters. Daneben entwickelte sich zwischen ihm und Guttenberg eine freundschaftliche Beziehung. Im September 2018 leitete er das Gedenkkonzert für Enoch zu Guttenberg im Herkulessaal mit Verdis "Requiem". Es ist geplant, dass Nagano in den nächsten Jahren regelmäßig auftreten wird, zunächst am Pult von Concerto Köln und der KlangVerwaltung.

Eigentlich feiern Sie dieses Jahr das 20-jährige Bestehen der Festspiele. Wird es eine spezielle Hommage an den Gründer geben?
Das Jubiläum wäre eigentlich schon 2020 fällig gewesen, aber dann kam Corona dazwischen. Was die Hommage anbelangt, ist das gesamte Programm 2022 so etwas wie eine Referenz an unsere glorreiche Vergangenheit mit unvergessenen Highlights wie Monteverdis "Marienvesper", den Brandenburgischen Konzerten von Bach, einem Schwerpunkt mit Symphonien Ludwig van Beethovens sowie der "Romantischen" von Anton Bruckner, einem Schlüsselwerk der KlangVerwaltung unter Enoch zu Guttenberg.


19. bis 31. Juli. Infos unter herrenchiemsee-festspiele.de, Karten unter Telefon 93 60 93

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.