Brauchen die Münchner Philharmoniker überhaupt einen neuen Chefdirigenten?

Die Münchner Philharmonie ist auf der Suche nach einem neuen Chefdirigenten. Oberbürgermeister Dieter Reiter spekuliert darüber, ob es überhaupt einen Chef braucht.
Robert Braunmüller
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Dieter Reiter während eines Interviews.
picture alliance/dpa Dieter Reiter während eines Interviews.

München - Dieter Reiter sähe die Münchner Philharmoniker gerne unter weiblicher Führung. "Ich hätte hohe Sympathie auch mal für eine Frau", sagte Reiter über das Amt des Chefdirigenten, das seit der Entlassung von Valery Gergiev vakant ist. Der war wenige Wochen nach Russlands Angriff auf die Ukraine entlassen worden, weil er sich nicht vom russischen Regime distanziert hatte, dem er vielfach verbunden ist.

Noch kein Nachfolger für Gergiev

Wann die Nachfolge feststeht, konnte Reiter nicht sagen. Er rechne mit einer Vorlage für den Stadtrat im ersten Quartal. Namen nannte der Oberbürgermeister nicht, aber "wir haben schon durchaus interessante Bewerberinnen und Bewerber", sagte er Cordula Dieckmann von der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Den Philharmonikern ist es problemlos gelungen, die freiwerdenden Termine mit Gastdirigenten und -Dirigentinnen zu besetzen. Im Vergleich zum in diesem Punkt zurückhaltenden Symphonieorchester des Bayerischern Rundfunks beschäftigten die Philharmoniker zuletzt auffallend viele Dirigentinnen, darunter Oksana Lyniv und Nathalie Stutzmann. In den kommenden Wochen stehen Kent Nagano, Maxim Emelyanychev und Susanna Mälkki am Pult. Für Reiter ist das alles andere als eine Verlegenheitslösung. "Wir fahren derzeit gut damit wechselnden Dirigenten. Das ist abwechslungsreich fürs Publikum und macht auch den Musikern Spaß", sagte er.

Brauchen die Philharmoniker einen Chefdirigenten?

Diese Aussage erstaunt: Gergiev dirigierte zwar vergleichsweise oft, die Beschäftigung von Gästen ist bei den Münchner Philharmonikern ebenso wenig eine Neuerung wie anderswo. "Man könnte schon spekulieren, ob man überhaupt einen Chefdirigenten braucht", so der OB weiter zur dpa.

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Allerdings bringe das Modell Herausforderungen mit sich. "Es kann ja sein, dass man irgendwann niemand findet, der gerade Zeit hat. Und wir wollen natürlich keine Lücken haben im Programm", erklärt Reiter. Aber: "Ich fand es eine tolle Zwischenlösung und deswegen müssen wir uns überhaupt nicht hetzen."

Reiters Sorge, die Philharmoniker könnten keine Gastdirigenten finden, dürfte mit Blick auf die Branche unbegründet sein. Dass die Vakanz derzeit Beobachter umtreibt, hat mit einer Aussage des Kulturreferenten Anton Biebl zu tun. Er erklärte im Sommer, dass die Chefsuche bis Jahresende abgeschlossen sei. Diese Aussage erschien Insidern bereits zu diesem Zeitpunkt optimistisch.

OB Dieter Reiter darf nur mitreden

Bestimmt wird der Chefdirigent laut Geschäftsordnung formal vom Stadtrat auf Vorschlag des Kulturreferenten. "Gegen das Votum des Orchesters soll kein Engagement eines/-r Generalmusikdirektors/-in erfolgen", heißt es dort. Das heißt, dass der Chefdirigent - anders als die Intendanten der Theater - faktisch vom Orchester nach einem internen Findungsprozess unter Mitwirkung des Managements und des Orchestervorstands in einer Orchesterversammlung gewählt wird. Ohne dem Oberbürgermeister hier zu nahe treten zu wollen: Er darf zwar mitreden, aber seine Rolle in diesem Prozess ist mehr die eines Notars.

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  • Chroniker am 16.12.2022 19:09 Uhr / Bewertung:

    Für die Münchner Philharmoniker sollten eigentlich nur die Allerbesten in Frage kommen. Und von denen hat in dieser Spielzeit niemand dirigiert, der oder die demnächst für eine weitere Chefposition Zeit hätte. Da ist es durchaus sinnvoll, noch etwas mit der Entscheidung zu warten. Übrigens: Teodor Currentzis, vielleicht der Beste überhaupt im Moment, hat spätestens ab 2025 wieder mehr Zeit. Da endet sein Engagement beim SWR. Die Philharmoniker kennen ihn bereits von zwei Gastdirigaten aus Zeiten, wo er noch kein Weltstar war. Wie verlautet, war er bereits damals in der engeren Wahl als Chefdirigent, man hatte sich dann, um einen großen Namen zu verpflichten und keine Risiken einzugehen, für Gergiev entschieden - leider. Das SWR Symphonieorchester hat er in die Weltspitze gebracht. Vielleicht möchten die Philharmoniker ja an die Zeiten von Celibidache anknüpfen und streben auch wieder dahin.

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