Ein Skeptiker für die Alte Pinakothek
München - Halbwegs seriöse Finanzleute sind naturgemäß eher vorsichtige Menschen. Bei den anderen werden die Unternehmungen schnell zu riskant oder gleich dubios wie etwa im unfassbaren Fall Wirecard. Das war vor fast 300 Jahren kaum anders, als ein gewisser Jean-Baptiste Philippe seinen geldigen Geschäften nachging. Und mit Erfolg, Philippe zählte zu den einflussreichsten Protagonisten der Finanzwelt des Ancien Régime.
Konterfei in zart flirrendem Pastell
Deshalb konnte er es sich spielend leisten, sich von einem Starkünstler wie Maurice Quentin de La Tour konterfeien zu lassen: in zart flirrendem Pastell. Das sorgt für eine leichte, heitere Atmosphäre, und man gewinnt oft genug den Eindruck, die Porträtierten wollten sich gleich wieder der nächsten Tasse Kakao oder einem kleinen Menuett widmen. Tänzelnd.
Selbst im gewichtigen Fall von Jean-Baptiste Philippe ist das nicht anders - bis auf den skeptischen Blick aus dunkel leuchtenden Augen, die dieses feine Bildnis dominieren. Eben erst ging es an die Alte Pinakothek, übertragen durch Fritz Lehnhoff an die Museumsstiftung zur Förderung der Staatlichen Bayerischen Museen.
Lücken in der französischen Abteilung schließen
Die französische Abteilung hat bekanntlich Lücken, beträchtliche, insofern ist diese Gabe umso erfreulicher. Zumal sich diese Arbeit La Tours gut zwischen seinen Bildnissen der "Mademoiselle Ferrand" und des "Abbé Nollet" einfügen wird und schließlich genauso zwischen Jean-Honoré Fragonards Mädchen mit dem Hund und François Bouchers umwerfender Pompadour.
La Tour hat Madame selbstredend auch porträtiert, genauso stammt das vielleicht bekannteste, sicher aber sympathischste Bildnis des Philosophen und Schriftstellers Voltair von ihm. Es war übrigens eine Frau - Rosalba Carriera -, die die Pastellmalerei in Paris populär gemacht hat. Die Venezianerin hielt sich dort um 1720 auf, La Tour war damals noch Student an einer kleinen Akademie.
So wurde La Tour zum beliebten Hofmaler
Doch mit dem genannten Voltaire-Pastell hat er dann 1735 richtig Karriere gemacht und wurde bald einer der beliebtesten Hofmaler. Überraschend ist das nicht, in sanftes Licht getaucht sieht sich jeder gerne. Und La Tour gelingt dabei, durch all den Puder einiges von der Persönlichkeit der Dargestellten durchscheinen zu lassen.
Ab 2022 ist das Bild in München zu sehen
Beim Finanzmann Philippe kann das angedeutete Lächeln jedenfalls nicht über die Wachsamkeit hinwegtäuschen. Schade nur, dass man ihn erst ab Mai 2022 im Rahmen einer Sonderausstellung in der Alten Pinakothek sehen kann. Wobei die aktuellen Besucherzahlen Monsieur Philippe definitiv nicht gefallen würden. Sein Blick ist da jedenfalls sehr vielsagend.
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