Berlinale 2022: Im Hotspot des Kinos

Am Donnerstag beginnt die Berlinale - in halbvollen Kinos mit einem abgespeckten Programm, wenigen Stars und einigen mit Sehnsucht erwarteten neuen Filmen.
Margret Köhler |
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Vorbereitungen am Berlinale-Palast am Potsdamer Platz. Die 72. Internationalen Filmfestspiele finden trotz steigender Corona-Zahlen vom 10. bis 20. Februar 2022 statt. Die Verleihung der Goldenen und Silbernen Bären ist für den 16. Februar geplant.
Vorbereitungen am Berlinale-Palast am Potsdamer Platz. Die 72. Internationalen Filmfestspiele finden trotz steigender Corona-Zahlen vom 10. bis 20. Februar 2022 statt. Die Verleihung der Goldenen und Silbernen Bären ist für den 16. Februar geplant. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Endlich ist es so weit. Nach Diskussionen, Querelen und immer neuen Hygienekonzepten startet am Donnerstag die 72. Berlinale.

 

Berlinale 2022: Eine hybride oder digitale Ausgabe wurde als Option verworfen

Für das Leitungsduo Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian ein Statement für die Kultur und die große Leinwand. Während die Präsenzpflicht in Berliner Schulen bis Ende Februar aufgehoben ist, findet das Filmfestival als reine Präsenzveranstaltung statt, genau zum Höhepunkt der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach prognostizierten Corona-Welle. Die Inzidenzzahlen steigen täglich, Berlin-Mitte gilt als absoluter Hotspot.

Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek.
Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek. © picture alliance/dpa

Eine hybride oder digitale Ausgabe wurde als Option verworfen, wohl auch aus wirtschaftlichen Zwängen. Dabei funktioniert ein Festival auch hybrid - wie im Januar das Sundance Filmfestival oder nur digital wie im vergangenen Mai das DOK.fest München bewiesen haben.

Die Berlinale 2022 ein Superspreader-Event?

Für zusätzlich Aufregung sorgten kritische Artikel wie in "Zeit online" ("Wie im falschen Film") die das Festival in Frage stellten. Anna Wollner schlug im Radio Berlin-Brandenburg vor, jene "Kolleg:innen, die am letzten Tag noch einen negativen Test vorweisen können", mit einem Ehrenbären auszuzeichnen und resümierte: "Sollte die Berlinale zum Superspreader-Event werden, ist ihr Ruf - auch international - wohl endgültig ruiniert."

Torsten Frehse, einer der profiliertesten Arthouse-Verleiher und Chef des Filmverleihs Neue Visionen notierte bei den Kritikerinnen gar eine "reaktionäre Grundhaltung" und eine "Kriminalisierung des Kulturortes Kino". Solche Äußerungen mögen dem durchaus berechtigten Frust über die stiefmütterliche Behandlung von Kultur während der Pandemie geschuldet sein. Aber man darf nicht verleugnen, dass dieses Großevent einem Vabanque-Spiel mit der Gesundheit der Teilnehmer ähnelt.

Berlinale 2022: Nur Geimpfte und Genesene kommen rein

Nur die Hälfte der Kinoplätze wird besetzt, zudem haben nur Geimpfte und Genesene Zutritt. Wer noch nicht geboostert ist, benötigt einen negativen Coronatest.

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Im Kino droht daher kaum Gefahr, eher schon bei der Drängelei vor Teststationen und Spielstätten, in Restaurants um den Potsdamer Platz und in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln. Der zusätzlich ausgedünnte Fahrplan verschärft die Situation. Das ist alles ist ärgerlich und dämpft die Stimmung.

Berlinale 2022: Programm auf 256 Kurz- und Langfilme abgespeckt

Da der Europäische Filmmarkt ins Netz verlegt wurde, fehlt das Gewusel der internationalen Filmeinkäufer und -verkäufer. Die Zahl der akkreditierten Pressevertreter sank von 3.500 vor der Pandemie auf 1.670. Trotzdem sollte man sich nicht nur auf Corona und mögliche Konsequenzen für das Festival konzentrieren, sondern auf die Filme.

Das auf 256 Kurz- und Langfilme abgespeckte Programm (2020 waren es 100 mehr) bietet auch in der Verkürzung auf eine knappe Woche interessantes in allen neun Sektionen, nicht nur im Wettbewerb mit 18 Filmen aus 15 Ländern, darunter 17 Weltpremieren.

Denis Menochet und Isabelle Adjani in einer Szene des Films "Peter von Kant". Der Film eröffnet als Weltpremiere die 72. Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Denis Menochet und Isabelle Adjani in einer Szene des Films "Peter von Kant". Der Film eröffnet als Weltpremiere die 72. Internationalen Filmfestspiele Berlin. © picture alliance/dpa/FOZ/Berlinale

Zu den Highlights beim Kampf um den Goldenen Bären gehört zweifellos François Ozons "Peter von Kant" nach Rainer Werner Fassbinders "Die bitteren Tränen der Petra von Kant", der Eröffnungsfilm mit Denis Ménochet, Isabelle Adjani und in einer Nebenrolle Hanna Schygulla, die alle sehnsüchtig erwartet werden. Gespannt sein darf man auf den Österreicher Ulrich Seidl, der in "Rimini" erneut in seelische Abgründe führt und auf "Everything will be okay" des Kambodschaners Rithy Pan, eine dystopische Fabel um die Frage, was geschieht, wenn Tiere die Macht übernehmen.

Das deutsche Filmschaffen ist mit zwei Beiträgen vertreten. Andreas Dresen traut sich mit "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" auf Komödienterrain.

Alexander Scheer und Meltem Kaptan in einer Szene des Films "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush". Der Film von Andreas Dresen gehört zu den Wettbewerbsfilmen der Berlinale.
Alexander Scheer und Meltem Kaptan in einer Szene des Films "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush". Der Film von Andreas Dresen gehört zu den Wettbewerbsfilmen der Berlinale. © picture alliance/dpa/Pandora Film/Berlinale

Und das bei einem eigentlich ernsten Thema: Murat Kurnaz sitzt im Gefangenenlager Guantanamo, seine Mutter und türkische Hausfrau Rabiye (Meltem Kaptan) kämpft um die Freilassung ihres Sohnes und zieht mit Alexander Scheer als ihrem engagierten Anwalt vor das US-Verfassungsgericht.

Berlinale 2022: Viele Stars bleiben weg, aber Glamour gibt's trotzdem

In "A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe" erzählt Nicolette Krebitz die Geschichte einer unmöglichen Liebe mit Sophie Rois in der Hauptrolle.

Am roten Teppich wird es ohne Promidichte ruhig zugehen. Die Absagen häufen sich. So läuft der Dokumentarfilm "This Much I Know to Be True" über den Musiker Nick Cave. Aber der glänzt durch Abwesenheit. Laut Carlo Chatrian mag er die Stadt und das Festival, muss aber arbeiten. Es scheinen viele internationale Stars arbeiten zu müssen. So reisen auch Sigourney Weaver oder Elizabeth Banks nicht an.

Dafür haben europäische Schauspielerinnen wie Emma Thompson, Juliette Binoche und Charlotte Gainsbourg bisher zugesagt. Und natürlich auch Isabelle Huppert, die mit Lars Eidinger in "A propos de Joan", der traumartigen Biografie einer befreiten Frau, vor der Kamera steht und am Dienstagabend in einer Gala den Ehrenbären verliehen bekommt. Auch wenn es letztendlich keine ultimative Sicherheit gibt, ein bisschen Glamour gibt's also dennoch.

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