Beckenbauer-Darsteller: "Ich dachte, ich verliere die Rolle"
Die Sehnsucht nach Vorbildern, nach "echten" Typen. Sie ist in Fußball-Deutschland wieder laut geworden nach der verkorksten WM in Katar. Ein solch charismatischer Kicker war zu seiner aktiven Zeit Franz Beckenbauer, dem das Kunststück gelang nicht nur als Spieler (1974), sondern später auch als Trainer (1990) Weltmeister zu werden. Gezeichnet von Krankheiten, aber auch von Rissen in der einst so schillernden Vita hat sich der heute 77-Jährige längst aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Von diesen Schattenseiten will "Der Kaiser", eine aufwendig in Prag gedrehte Filmbiografie des Bezahlsenders Sky, nichts wissen. Schadlos bei dieser unkritischen, wenn auch amüsanten Heldenverehrung hält sich Hauptdarsteller Klaus Steinbacher, der trotz mangelnder Ähnlichkeit einen guten Beckenbauer abgibt.
AZ: Herr Steinbacher, Sie sind als passionierter Hobby-Kicker noch für ihren Heimatverein aktiv. Hat Ihnen diese Leidenschaft auch den Mut gegeben, um als Franz Beckenbauer vor der Kamera zu bestehen?
KLAUS STEINBACHER: Unbedingt. Denn normalerweise höre ich aus Vorsicht vor Dreharbeiten immer mit dem Kicken auf. Umso größer war die Freude, dass ich meine Leidenschaft für den Fußball hier auch tatsächlich mal einsetzen durfte. Nur leider lief dann alles anders als geplant.
Was war passiert?
Ich habe mir vier Monate vor Drehbeginn mein linkes Kreuzband gerissen. Ein Albtraum. Im ersten Moment dachte ich sogar, dass ich die Rolle wieder verliere.
Beckenbauer: Lichtgestalt des deutschen Fußballs
Wie haben Sie sich dieser einst so verklärten Lichtgestalt des deutschen Fußballs überhaupt angenähert?
Mir war es wichtig der Rolle auch ein Stück von mir selbst mitzugeben, damit man mit ihr vom Anfang, den 60er Jahren, bis hin zum WM Triumph 1990 mitfühlen kann. Gemeinsam mit Regisseur Tim Trageser habe ich auch entschieden, dass die emotionale Glaubwürdigkeit stets im Vordergrund stehen sollte.
Aber Franz Beckenbauer ist doch auch ein Fußballer mit unverwechselbarem Auftreten.
Natürlich wollte ich ihn als Typ auch anskizzieren und Gesten, die ich liebe, wie den markanten Wischer mit der Hand, in mein Spiel integrieren. Ich habe diese Geste dann aber so oft angeboten, bis Tim meinte: "Jetzt reicht es aber Klaus!"
Franz Beckenbauer wurde oft parodiert. Bestand beim Spielen für Sie die Gefahr, am Ende zu stark zu überziehen?
In der Tat. Und deshalb haben wir die Imitationen auch immer weiter reduziert. Wichtiger war es für mich, sein Wesen zum Vorschein zu bringen, Beckenbauer in all seiner sympathischen Leichtigkeit, seinem unverwechselbaren Charme zu zeigen. Entscheidend war für mich auch die Entwicklung von Beckenbauer: vom Giesinger Straßenfußballer bis hin zum Fußball-Kaiser.
Der Film blendet die dunkleren letzten Jahre, mit den Querelen um die WM-Vergabe nach Deutschland und auch den schweren Krankheiten, aus. Macht man es sich hier mit einer einseitigen Heldengeschichte nicht etwas leicht?
Für mich ist der Film eine ganz bewusst augenzwinkernde Zeitreise durch wichtige Stationen in Beckenbauers Leben und auch des deutschen Fußballs. Und eine solche Erzählweise funktioniert bis zum WM-Titel 90. Möchte man die schwierigeren Momente in der Zeit danach abbilden, wäre das ein anderer Film.
Fußball wegen Kommerzialisierung zunehmend gebrandmarkt
Der heutige Fußball wird wegen seiner Kommerzialisierung zunehmend gebrandmarkt. War ein Franz Beckenbauer mit seinen unzähligen Werbedeals aber nicht einer der ersten Wegbereiter?
In erster Linie war Franz Beckenbauer eine Ausnahmeerscheinung auf dem Platz, die dann auch ein erhöhtes Interesse der Medien auf sich gezogen hat. Und dieses Potential haben dann auch Vertraute von Beckenbauer wie Robert Schwan gesehen, die dann auch hinter den vielen Werbedeals standen. Auf mich hat es aber immer so gewirkt, dass Beckenbauer diese Vereinnahmung selbst gar nicht forciert hat, er immer er selbst bleiben wollte, was ihn mir bis heute sympathisch macht.
Speziell ist im Film Franz Beckenbauers Verhältnis zu Frauen. Wenn bei ihm "der Blitz einschlägt" wechselt er prompt die Partnerinnen.
Eine Affäre zu haben ist immer schwierig und natürlich nicht cool. Aber dass die Figur dem unbedingt nachgehen muss, wenn so heftig der Blitz einschlägt, kann ich ein Stück weit nachvollziehen. Und diese Unbedingtheiten machen den Franz Beckenbauer in unserem Film auch aus.
Wie hat Franz Beckenbauer so viele Menschen trotz seiner Verfehlungen für sich einnehmen können?
Die Öffentlichkeit hat ihm lange Zeit immer wieder verziehen, auch den Steuerbetrug, weil er sich so überzeugend charmant an seine Lebensmaxime "nicht immer alles so ernst zu nehmen" gehalten hat. Außerdem bleibt festzuhalten, dass es nie leicht ist, wenn man in jungen Jahren schon als Legende gilt. Das gilt auch für die Titulierung "Der Kaiser", die Beckenbauer selbst nie verwendet hat.
Hatten Sie im Vorfeld der Produktion einen Zugang zu ihm?
Natürlich hätte ich Franz Beckenbauer gerne getroffen. Das war aber leider nicht möglich.
"Der Kaiser", ab dem 15. Dezember auf Sky
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