Neues Programm: „Otti operettet die Welt!“
Der Kabarettist präsentiert sein neues Programm „Otti operettet die Welt!“ mit der Band „Die Heimatlosen“ und berichtet pointiert, lustig, manchmal auch ernst und melancholisch aus seinem facettenreichen Leben.
AZ: Herr Fischer, Ihr Programm trägt den überraschenden Titel „Otti operettet die Welt“. Was erwartet uns?
OTTFRIED FISCHER: Die Antwort auf den heutigen Kabarettbegriff, der nichts mit dem Sauglockenläuten der RTL-dominierten Formate zu tun hat. Vielmehr ist es der Versuch, eine Comedy-Schiene mit viel Lyrik zu bauen, mit allen Farben und Temperamenten, Freude, stiller Demut, aber auch mit dem stechenden Biss eines Karl Kraus. Eine Fahrt durch unsere Zeit mit dem Vergnügungsdampfer Aida, in einem theatralischen Rahmen. Eine Vermischung von Realität und Illusion, ein Ausflug durch die Zeit und in die Zeit und mit der Zeit, die unsrige ist und die in ihrer Komplexität eh nicht mehr zu erkennen ist.
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Und es wird gesungen?
Ein Höhepunkt ist, dass sich das Kirchenlied „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ durch den ganzen Abend zieht, von einem Kirchenlied ins nächste übergeht, von „We shall overcome“ über „Kumbaya my Lord“ bis „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“...
Ein Kirchen-Medley?
(singt) „Oh Meerstern, ich dich grüße, O Maria hilf! Gottes Mutter, süße! O Maria hilf! Maria, hilf uns allen aus unsrer tiefen Not!“
Das Paderborner Wallfahrtslied!
Und weiter: (singt wieder) „Seemann, lass das träumen. Denk nicht an zu Haus...“
Das klingt schwer nach frühkindlicher Prägung.
Diese Lieder habe ich von klein auf drauf, alles von Schallplatten. Rudolf Schock zum Beispiel: (singt) „Ich bin nur ein armer Wandergesell, gute Nacht, liebes Mädel, gut Nacht“. Oder das Wolga-Lied: (singt): „Hast du dort droben vergessen auf mich? Es sehnt doch mein Herz auch nach Liebe sich. Du hast im Himmel viel Englein bei dir, schick doch eines davon zu mir.“
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Respekt! Mit der Stimme können Sie einen großen Raum füllen.
Im Stück komme ich als schwindliger Entertainer mit einem Ghettoblaster rein und mit einem librettohaft aufgezogenen Büchlein mit den Operetten-Gassenhauern des vorletzten Jahrhunderts. Die Fahrt geht nach Venedig, in die Roaring Twenties, zum Tanz auf dem Vulkan. In Venedig kennen sie schon die Geheimnisse des Amphibienlebens – wir müssen das noch lernen, wenn die Fluten steigen. Stichwort Kevin Costners „Waterworld“. Retten kann uns nur die Heiterkeit des Untergangs. Nach dem Trauermarsch das Finale: „Ich sterbe und weiß nit wann, ich lebe und weiß nit wie lang, ich fahr und weiß nit wohin. Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.“
Dabei kommen Sie eigentlich vom Wort.
Das mit der Musik macht mir sehr viel Spaß. Man ist nicht so ausgelaugt in der Darbietung, weil man sich das teilt. Es ist ein Programm für Musik- und Wortfreunde. Schenkelklopfer sind selten. Neulich sagte jemand: „Weißt du eigentlich, dass du seit 15 Jahren dein Publikum überforderst?“ Ein großes Kompliment.
Wie entstand der Kontakt zur Band?
Posaunist Leo Gmelch und ich haben zusammen Jura studiert und immer gesagt: „Machen wir mal was gemeinsam“ - kaum 40 Jahre später klappt’s.
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Vor ein paar Jahren gab es schon Auftritte mit den „Heimatlosen“ im „Calypso“, einem Schwabinger Künstler-Treff.
Das war unser Versuch, Schwabing ein bisschen aufzuwerten. Schwabing hat draußen in der Welt einen Riesen-Ruf als Münchner Spezialmeile für Unterhaltsames, zehrt aber von längst vergangenen Zeiten. Am Thema Heimat bin ich schon seit meinem letzten Programm dran, seit „Wo meine Sonne scheint“ von 2008.
Wie haben Sie den Lyriker in sich entdeckt?
Du merkst plötzlich, dass du kannst, was du vorher nicht konntest und nicht weißt warum: Kompositionen aus dem Flöz, aus dem Stein des Dichtens zu klopfen.
Was sagen die Kollegen zum neuen Ottfried Fischer?
Sigi Zimmerschied meinte: ‘Es macht Mut, dass so was wieder gemacht wird. Die Jungen müssen sich mal überlegen, warum die so was nicht machen, warum wir alten Deppen das machen müssen.’
Warum erfinden Sie sich mit 61 nochmal neu?
Da ist auch Eigennutz dabei. Zum Beispiel weil ich gerne gröle. Als ich zuletzt Juliette Greco im Prinzregententheater gesehen habe, ist mir etwas klar geworden, was die Nation sehr erschrecken könnte: Ich glaube, ich muss der Welt noch einen Liederabend schenken. Vielleicht mit Konsti-Wecker-Liedern: (singt) „Wenn der Sommer nicht mehr weit ist“. Aber im Ernst: Das Programm ist für mich schon ein Stück weit Selbstverwirklichung, vielleicht auch Vermächtnis.
Info
Sonntag, 20 Uhr, 19 Uhr,
Karten unter 5481 8181