Kritik

"Motherhood" im Pathos Theater: Das Kinderkriegen als schwere Geburt

Lucy Wirth und Patrick Wengenroth bringen Sheila Hatis Buch "Motherhood" auf die Pathos-Bühne.
Michael Stadler |
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Patrick Wengenroth und Lucy Wirth.
Patrick Wengenroth und Lucy Wirth. © Rebecca Hoeft

München - Auf den Stühlen des Pathos Theaters im Kreativquartier sitzen vereinzelt Kinder- und Baby-Puppen, was die eigene Stuhlauswahl etwas erschwert: Soll man sich in die Lücken dazwischensetzen oder eine Puppe auf den Schoß nehmen, um auf ihrem Stuhl sitzen zu können?

Autobiographischer Roman: Will ich Mutter sein oder nicht? 

Die Puppen nehmen nun mal einigen Raum ein, was dann schon zum Thema des Abends, "Motherhood", führt. Denn wo hat das eigene Ich noch Platz, wenn da so ein kleines Wesen geboren wird und sich unweigerlich im Leben breitmacht?

Die kanadische Autorin Sheila Hati hat sich in ihrem autobiographischen Roman "Motherhood" (2018) mit allen möglichen Belangen des Mutterseins auseinandergesetzt, insbesondere mit der Frage, ob sie überhaupt ein Kind haben will.

Vertragen sich schriftstellerische Produktion und Fortpflanzung miteinander?

Ihr Partner Miles hat bereits eine kleine Tochter und zeigt sich offen für weiteren Nachwuchs, unter der Voraussetzung, dass Sheila sich ganz sicher mit ihrer Entscheidung ist.

In Sheilas Umfeld wird eine Freundin nach der anderen schwanger, während sie bislang ihre Schöpfungskraft auf das Schreiben von Büchern konzentriert hat. Verträgt sich das denn: schriftstellerische Produktion und Fortpflanzung, die lange Jahre der Fürsorge und Erziehung nach sich zieht?

Lucy Wirth und Patrick Wengenroth schüren eine gewisse Erwartungshaltung

In spielerischer Form, zwischen philosophischer Betrachtung und anekdotischem Erzählen kommt Sheila Hati naturgemäß nicht zu eindeutigen Antworten, aber zu wunderbar klugen Sätzen.

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Man kann sich daher gut vorstellen, wie Lucy Wirth und Patrick Wengenroth sich für diesen Stoff begeistern konnten, um dann eine städtische Einzelprojektförderung mit Erfolg zu beantragen. Lucy Wirth hat man als prägnantes Ensemblemitglied im Bayerischen Staatsschauspiel unter Dieter Dorn noch im Gedächtnis, später spielte sie an der Berliner Schaubühne.

Fahrige Show zwischen Performance, Revue und Lesung

Patrick Wengenroth wiederum wirkte als Regisseur und Schauspieler unter anderem an den Kammerspielen und der Schaubühne, war zudem von 2017 bis 2019 künstlerischer Leiter des Brechtfestivals. Eine gewisse Erwartungshaltung angesichts des Stoffes und der Performenden konnte man also durchaus haben, sah diese aber schnell enttäuscht.

Denn was Wirth und Wengenroth gemeinsam mit dem Musiker Matze Kloppe auf die Pathos-Bühne bringen, ist eine fahrige Show zwischen Performance, Revue und Lesung, was dem Hin- und Hergerissensein der Autorin vielleicht entspricht, aber die Aufmerksamkeit beim Zuschauen zunehmend strapaziert.

Impro-Modus: Sind wir bei einer Durchlaufprobe dabei?

Ausgehend von einem zentral gesetzten Satz, "Für Frauen tickt immer die Uhr", werden mehrere Eier-Uhren aufgezogen, ihr Läuten durchbricht immer wieder den Spielfluss - als ständiges Alarmsignal, dass es jetzt mal altersbedingt Zeit wird mit dem Kinderkriegen.

Wirth und Wengenroth lesen die Texte oftmals von Zetteln ab, streuen mit der musikalischen Unterstützung von Matze Kloppe einnehmend schön gesungene Songs ein, wechseln die Kostüme und zeigen sich insgesamt in einem Impro-Modus, der wohl überdecken soll, dass bei dieser Premiere noch wenig sitzt. Stattdessen hat man den Eindruck, einer Durchlaufprobe beizuwohnen, bei der die Performenden ihre eigenen Befindlichkeiten immer wieder kundtun müssen.

Da meint Patrick Wengenroth etwa aus dem Stegreif, dass er jetzt gleich den drittaufregendsten Text vortragen wird, während Lucy natürlich die beiden aufregendsten hat.

Ja, und wen interessiert's? Sheila Hatis Buch, das für Frauen wie Männer erhellend ist, hätte man jedenfalls eine wesentlich konzentriertere Vermittlung im Rahmen eines durchdachten performativen Konzepts gewünscht.

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