Kritik

Kunstpfeifer im Gärtnerplatztheater: Pavarotti und Bartoli in einer Person

Nikolaus Habjan begeistert als Kunstpfeifer mit seinem Programm "Ich pfeife auf die Oper" im Gärtnerplatztheater.
Robert Braunmüller
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Der Regisseur, Puppenspieler und Schauspieler Nikolaus Habjan als Kunstpfeifer.
Der Regisseur, Puppenspieler und Schauspieler Nikolaus Habjan als Kunstpfeifer. © Cmarija Kanizaj

München - Sein bahnbrechendes Puppentheater "F. Zawrel - erbbiologisch und sozial minderwertig" erzählt von Euthanasie-Verbrechen in Österreich.

Nikolaus Habjan brilliert in der fast ausgestorbenen Kunst des Kunstpfeifens

Nikolaus Habjan hat den legendären "Herrn Karl" nebst dem grantigen Dirigenten Karl Böhm in beweglichem Pappmaché wieder auferstehen lassen, am Bayerischen Staatsschauspiel inszenierte er Marivaux, für die Staatsoper Carl Maria von Webers "Oberon".

Das alles ist durchaus abendfüllend, da müsste der Puppenbauer, Regisseur und Schauspieler nicht unbedingt noch in einer Matinée in der fast ausgestorbenen Kunst des Kunstpfeifens brillieren.

Aber er tut es doch, und das zum allgemeinen und höchsten Vergnügen. Mit Varieté - dem virtuoses Kunstwollen keineswegs abgesprochen werden soll - hat Habjans Bemühen wenig zu tun, auch wenn der Titel des Programms "Ich pfeife auf die Oper" mit den Augen zwinkert. Rein musikalisch meint es der Kunstpfeifer wirklich ernst.

Nikolaus Habjan: Seine Koloraturen sind sauber

Das zeigt Habjan gleich in der ersten Nummer, einer Arie aus Georg Friedrich Händels Oratorium "Der Messias". Wegen der hellen, hohen Lage erinnert das Pfeifen nicht ganz zufällig an den Gesang von Countertenören oder Kastraten.

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Auch stilistisch orientiert sich der Österreicher an der klassischen Belcanto-Technik des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Seine Koloraturen sind sauber, am schönsten aber ist seine Kunst des "messa di voce", dem lang gehaltenen, mit großem Atem an- und abschwellenden Ton vor allem in den langsamen, getragenen Arien.

Habjans Programm orientiert sich an Liederabenden von Opernsängern. Der Kunstpfeifer interpretiert nicht nur Händel mit Stil und viel Geschmack, sondern auch Arien aus Mozarts "Le nozze di Figaro", "Idomeneo" oder Christoph Willibald Glucks vergessener Oper "La Corona" - und zwar sowohl Arien für Tenor wie für Sopran. Das ermöglicht ihm Luciano Pavarotti und Cecilia Bartoli in einer Person zu vereinen. In Verdis "La donna e mobile" bewies er zudem eine enorme Beweglichkeit, hier und auch bei anderen Spitzentönen riskierte er einen kleinen Luftsprung.

Das wegen der 25-Prozent-Regel begrenzte Publikum applaudiert wie ein volles Haus

Anfangs wurde Habjan von Ines Schüttengruber am Klavier begleitet, später kamen noch Nikolai Tunkowitsch (Violine), Asja Valcic (Cello) und Helmut Thomas Stippich (Akkordeon) dazu. Sie unterstützten Habjan vor allem bei melancholisch-ruhigen Schubert-Liedern mit dezenten Arrangements.

Schmäh gab's natürlich auch: in der weder zu ausführlichen und noch zu kurzen Moderation und im Ungarischen Tanz Nr. 6 von Johannes Brahms. Das wegen der 25-Prozent-Regel begrenzte Publikum applaudierte wie ein volles Haus. Und das wird's hoffentlich geben, wenn Habjan vom 8. bis 10. April mit Franui und einem Georg-Kreisler-Programm ins Gärtnerplatztheater zurückkehrt.

Nikolaus Habjan und Franui: "Alles nicht wahr - Ein Georg-Kreisler-Liederabend" am 8., 9. und 10. April im Gärtnerplatztheater, Infos auf der Homepage und unter Telefon 2185 1960

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