Kuckuck-Festival in München: Gemeinsam die Welt entdecken

Das Kuckuck-Festival zeigt Figurentheater für sehr junges Publikum.
Michael Stadler |
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Szene aus dem Stück "So weit oben" vom Figurentheater Eigentlich.
Szene aus dem Stück "So weit oben" vom Figurentheater Eigentlich. © Andreas Humburg

München - Dass ein Kuchen zum Objekt der Begierde werden kann, ist nicht nur Kindern geläufig. Lust auf Süßes als Antriebsfeder vereint die Generationen - und bringt auch einen Bären sowie ein paar andere Tiere in Fahrt. Ein leckerer Kuchen lockt sie an, aber weil der sich einige Etagen höher befindet, müssen sie sich irgendwie einen Weg dorthin bauen…

Ein Cello-Spieler liefert den stimmungsvollen Soundtrack

"So weit oben" heißt die Produktion des Figurentheaters Eigentlich aus Frankfurt am Main, womit vielleicht ja auch der Blick der Kleinsten und Kleinen auf die Welt der Großen gemeint ist. Vieles scheint erstmal unerreichbar in der Höhe zu liegen, aber mit Bauklötzen lassen sich doch einige Distanzen überwinden.

Ein Cello-Spieler liefert zu der Klettertour den stimmungsvollen Soundtrack; insgesamt gibt es viel Musik bei dem diesjährigen Kuckuck-Festival zu hören, weil sich mit Tönen und Klängen nun mal einiges jenseits der Sprache vermitteln lässt, Gedanken und Gefühle, quer durch alle Altersklassen.

Misstöne, die es auszugleichen gilt, ergeben sich im Leben natürlich auch immer wieder. Zuletzt musste das "Theaterfestival für Anfänge(r)" mit ein paar Virus-Disharmonien fertig werden - oder sogar ganz schweigen: 2021 wich das Festival in den Sommer aus, ein Jahr zuvor fiel es ganz aus.

Kuckuck-Festival: Figurentheater direkt vor Publikum

Nun lockt es wieder an seinen angestammten Platz im Frühling von heute bis zum 21. März mit neun Produktionen aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg und Spanien.

Kuratiert wurde das Programm von der Leiterin der Sammlung Puppentheater des Münchner Stadtmuseums, Mascha Erbelding, Alexander Geurtzen von der Evangelischen Familienbildungsstätte und der Intendantin der Schauburg. Andrea Gronemeyer. Gespielt wird direkt vor Publikum, was gerade bei Kleinkindern wichtig ist, da sie das Vor-dem-Bildschirm-Sitzen gottlob noch nicht gewohnt sind und ihre Aufmerksamkeit vis-à-vis am besten eingefangen werden kann.

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Das Kuratoren-Team selbst musste wegen der Pandemie wieder einiges online sichten. Optimal sei das nicht gewesen, räumt Mascha Erbelding ein: "Wenn man abgefilmtes Theater anschaut, bekommt man ja nicht ganz mit, wie das Kleinkinderpublikum vor der Bühne reagiert hat. Aber ich denke, wir haben auch durch die Videos eine gute Ahnung davon bekommen, ob ein Stück funktioniert. Zudem konnte Andrea Gronemeyer im letzten Herbst nach Bologna zum Festival Visioni di Futuro reisen und einiges vor Ort sichten. Und wir zeigen auch ein paar Stücke, die wir schon seit langem einladen wollten."

So kann "Nightlight", eine Zusammenarbeit des Teater Refleksion aus Aarhus mit dem schottischen Puppenspieler Andy Manley, endlich im Stadtmuseum gezeigt werden. Das Stück handelt von einem Kind, das nicht einschlafen kann, weil ihm einige Fragen durch den Kopf schießen. Mit den Mitteln des Objekttheaters beginnt dann eine "magische Reise durch den Zauber der Nacht".

"Ein Kind mit zweieinhalb Jahren kann in der Regel bereits einfachen Geschichten folgen"

Auch "Loo" der spanischen Truppe Ponten Pie kommt nach einigen Verschiebungen in der Schauburg zu Münchner Bühnenehren. Was Erbelding sehr freut: "Das ist eine schöne, aufwändige Produktion, die schon länger tourt, mit einem Schiffswrack als Bühnenbild, das im Sand vergraben liegt. Das Stück spielt mit Wind und eben diesem Sand, aus dem die Spieler verschiedene Objekte herausfischen, die sie dann teilweise animieren. Das Publikum sitzt sehr nah dran - das ist ein gemeinsames Entdecken mit den Spielern."

Im Spielplan des Festivals werden Altersempfehlungen zu den Produktionen gegeben, "Loo" ist zum Beispiel für Kinder zwischen zwei und vier Jahren geeignet, "So weit oben" für Kinder ab zweieinhalb Jahren. Kann man das denn so genau festlegen? "Mit diesen Angaben versuchen wir ein bisschen, den jeweiligen Entwicklungsstand zu bestimmen, der für das Verständnis eines Stücks nötig oder günstig ist", erklärt Erbelding. "Zwischen den Altersstufen zwei und drei gibt es zum Beispiel einen starken Entwicklungssprung: Ein zweijähriges Kind ist noch voll in der Entdeckerphase, seine Sprachentwicklung noch nicht abgeschlossen. Mit drei wechseln die Kinder in den Kindergarten, dann sind sie sprachlich schon weiter. Ein Kind mit zweieinhalb Jahren kann in der Regel bereits einfachen Geschichten folgen."

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"Als Elternteil schaut man auch dem Kind beim Zuschauen zu"

Die Stücke für ältere Kinder sind durchaus nach den Regeln der klassischen Dramaturgie gebaut, aber es geht beim Kuckuck-Festival weniger um perfektes Storytelling. "Familien sollen eine intensive Zeit miteinander erleben; dabei ist es uns wichtig, dass auch die Eltern ein ästhetisches Erlebnis haben. Als Elternteil schaut man auch dem Kind beim Zuschauen zu; wie es die Dinge, die auf der Bühne geschehen, aufnimmt und auf sie reagiert. So kann man mit seinem Kind die Welt noch mal neu entdecken, sie mit anderen, frischen Augen sehen."

Selbst für Babys gibt es mittlerweile Theaterprojekte, auch wenn diese rar gesät sind. Eines davon feiert beim Festival seine Deutschland-Premiere: "Boucle d'O (Odyssee)" der Compagnie du Porte-Voix aus Frankreich ist geeignet für Zuschauer "ab sechs Monaten". Laut Mascha Erbelding funktioniert die dreißigminütige Aufführung für die ganze Familie, "also für Babys, aber auch ältere Geschwister und die Eltern. Ich würde es als intensives visuelles Konzert beschreiben, bei dem sich das Publikum mit zwei Künstlern, Florian Allaire und Florence Goguel, in einem Wohlfühlraum befindet, der stark von Licht geprägt ist. Es gibt eine gewisse Langsamkeit in den Vorgängen, die für Babys auch notwendig ist. Sie können einer Handlung noch nicht folgen, daher ist das Stück vor allem musikalisch: Die Spieler singen, machen Geräusche, spielen verschiedene Instrumente. Die Zuschauer sind dabei eingeladen, mit zu summen und selbst Töne von sich zu geben."

Kindgerechte Lektionen in Sachen Gastfreundschaft und Integration

Um das Finden und Erfinden von Klängen geht es auch in einer Uraufführung der Schauburg, "La Le Luffft" - und in "klAnK", einem Figurentheaterstück aus der Schweiz, mit dem das Festival heute im Stadtmuseum startet. Die Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger, ausgebildet an der Ernst Busch in Berlin, macht hier gemeinsame Sache mit Andrea Kilian, die ihr Regiehandwerk an der hiesigen Otto Falckenberg Schule lernte. Als zweites Eröffnungsstück in der Schauburg erzählt die luxemburgische Produktion "Willkommen, Bienvenue, Wëllkomm" von drei unterschiedlichen, offenbar recht zitronigen Wesen, zumindest heißen sie Citronella, Lemonova und Monsieur Citron.

Trotz nachbarschaftlicher Nähe ist das Trio sich fremd und fällt den Entschluss, gemeinsam Urlaub zu machen. "Ihre Häuser werden allein durch Licht definiert," erzählt Mascha Erbelding. "Das Ziel ihrer Reise ist dann gar nicht so wichtig, sondern dass sie erste Schritte tun, ihr zu Hause zu verlassen und sich auf jemand anderes einzulassen. Nachdem die Kinder während der Corona-Zeit lange auf ihren eigenen Kosmos beschränkt waren, passt das doch gerade sehr gut." Dabei können die kindgerechten Lektionen in Sachen Gastfreundschaft und Integration natürlich auch für Erwachsene erhellend sein. Ist ja immer schön, daran erinnert zu werden, dass letztlich jeder ein Stück vom Kuchen abhaben will.


Von heute (11. März) bis Montag, 21. März - diverse Spielorte, Programm unter www.kuckuckfestival.com; von "So weit oben", gibt es am 14. März (16.30 Uhr) eine Zusatzvorstellung in der Evangelischen Familienbildungsstätte, von "Boucle d'O" am 18. März (14 Uhr) in der Schauburg ebenfalls

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