Kritik

"Muttersprache - Mameloschn" im Teamtheater": Das Dreieck möchte ganz sein

Berührend: Sasha Marianna Salzmanns Stück "Muttersprache - Mameloschn" im Teamtheater.
Michael Stadler |
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Lea Luisa Schönhuber (links) und Magda Stief.
Lea Luisa Schönhuber (links) und Magda Stief. © Robert Haas

Das Verhältnis der Enkelin zu ihrer Großmutter ist ein sehr gutes, gerne verbringen die beiden die Zeit miteinander. Einmal stöbert Rahel im "Kleinen Lexikon deutscher Wörter jiddischer Herkunft" und wirft ihrer Oma Lin ein paar Wörter zu. "Abgezockt" kommt zum Beispiel von "zchoken" und auch das "ausschmusen" stammt aus dem Jiddischen. Rahels Mutter Clara, die Dritte im Bunde, wirft bald ein, ob es nicht sinnvoller wäre, Spanisch oder Japanisch zu lernen: "Sprachen, die gebraucht werden."

Drei Frauen und das Verhältnis zu ihrer Identität

An dieser Stelle zeigt sich exemplarisch, wie verschieden die drei Frauen zu ihrer Herkunft stehen. Während Rahel sich für das Judentum ihrer Großmutter und ihre eigene jüdische Identität interessiert, möchte sich ihre Mutter damit offenbar nicht auseinandersetzen. "Muttersprache - Mameloschn" heißt das Stück von Sasha Marianna Salzmann, das 2012 im Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt wurde und nun im Teamtheater Tankstelle in einer Inszenierung von Jacoub Eisa zu sehen ist.

Salzmann hat recht alltagsnahe Dialoge geschrieben, denen die Inszenierung (Dramaturgie: Teamtheater-Intendantin Petra Maria Grühn) weitgehend treu folgt. Familiengeheimnisse werden Schritt für Schritt enthüllt: Dass Großmutter Lin als in der DDR ansässige Kabarettkünstlerin vom sozialistischen Regime erlaubt bekam, im Ausland zu touren, hatte, wie man langsam erfährt, nicht nur mit ihrem Status als Holocaust-Überlebende zu tun. Und auch der Verbleib von Rahels Zwillingsbruder Davie, unter dessen Verschwinden Mutter Clara leidet, wird schleichend-andeutungsweise aufgeklärt.

Zahlreiche Dreiecke prägen das Bühnenbild

Die Zersplitterung der familiären Identität spiegelt sich auch im Raum wider. Grundlage des Bühnenbilds von Aylin Kaip ist der Davidstern, der aus zwei ineinander verwobenen Dreiecken geformt ist. Ein plastisches Dreieck steht groß hinten; auf dem Boden davor wurden drei angeschrägte Podeste verteilt, die sich wie Puzzleteile zusammenschieben lassen und ebenfalls ein Dreieck ergeben. Das komplexe Verhältnis zwischen den drei Frauen wird allmählich klarer, eine Annäherung findet statt.

Dass diese auch das Publikum berührt und die unterschiedlichen Haltungen nachvollziehbar werden, liegt an der sorgsamen Regie und dem genauen Spiel der Hauptdarstellerinnen. Magda Stief spielt Großmutter Lin als herzhaft-direkte Dame; Lena Vogt ist als Clara eine etwas überkorrekte, aber doch aufrichtig um das Wohlsein ihrer Tochter bemühte Mutter.

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Und Lea Luisa Schönhuber gibt Rahel als ziemlich affektkontrollierte, selbstbewusst auftretende Rebellin. Vor den Verwirrungen in der Familie flüchtet Rahel Richtung New York - ähnlich, wie einst ihre Mutter als junge Frau nach Paris zog.

Verhaltensmuster ändern sich mit der Zeit

Die Verhaltensmuster ähneln sich über die Generationen hinweg. Eine Matrjoschka-Puppe baut Rahel auseinander, reiht die kleiner werdenden Puppen nebeneinander auf dem Boden. Aus jeder Tochter wird vielleicht wieder eine Mutter, das Bewusstsein für die Herkunft kann dabei schrumpfen. Rahel setzt sich mit ihren Wurzeln jedoch auseinander. Und erzählt immer wieder jüdische Witze. Je mehr sie die geschichtlichen Hintergründe durchschaut, desto besser kann sie die Pointen verstehen.


Teamtheater Tankstelle, Am Einlass 2a, bis 26. März, immer Mittwoch bis Samstag, 20 Uhr, Sonntag 18 Uhr, Karten unter Telefon 260 66 36

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