"hyper" im Volkstheater: Regenwürmer und Cashewnüsse
Unter einem Wasserfall stehen, bis der Körper anfängt zu zittern: Für solche Regieanweisungen ist das Theater nicht der richtige Ort. Also nahm sich Florian Schaumberger die Kamera und filmte seinen Hauptdarsteller Vincent Sauer draußen in der Natur. Dort ließ er ihn auch immer wieder in einem See abtauchen, bis Sauer die Luft ausging und filmte ihn dabei.
Schaumberger: "Exemplarisches Motiv ist die Auseinandersetzung mit der Natur"
Diese Videos sind nun ein Teil des Stücks "hyper", das Florian Schaumberger als seine erste Regiearbeit am Volkstheater zeigt. "'hyper' ist der Versuch, die Digitalität und das Analoge des Theaters zusammenzuführen", sagt Schaumberger. Die Idee dazu kam ihm während der Pandemie, als auch die Theater mit der Frage konfrontiert wurden, wie sie ihren Raum ins Digitale erweitern konnten.
"Die Idee war, einen Abend zu gestalten, indem man ein Theaterstück und einen Film so miteinander verschränkt, dass sich die Erzählweisen bedingen", sagt Schaumberger. "Exemplarisches Motiv des Abends ist die Auseinandersetzung mit der Natur, die sich in der Pandemie noch einmal verändert hat." Denn auch die Bevölkerung entwickelte damals einen neuen Zugang zur Natur.
Schaumberger, der Neue Medienkunst an der Akademie der Bildende Künste in München studierte, hat seine Videokunst schon auf allen großen Bühnen der Stadt eingesetzt. Nun kommt die eigene Erzählung für einen Theaterabend hinzu: Ein junger Mann (Vincent Sauer) sieht, wie im Supermarkt ein alter Mann zusammenbricht. Das Erfahren von einem Todesmoment führt ihn zur Suche nach dem wahrhaftigen Erleben. Er geht raus in die Natur und versucht, an etwas Ursprünglichem anzudocken.
Vincent Sauer wird auf der Bühne Bezug dazu nehmen und sich auch mit der Frage auseinandersetzen, was es für einen Schauspieler heißt, eine Figur zu konstruieren. "Der Schauspieler liefert etwas, was das Video nicht hat. Nämlich eine Einsicht in die Gedankenwelt der Figur", sagt Schaumberger. "Das Stück ist ein bisschen so, als würde man mit einem Freund einen Film auf der Couch anschauen und dann drückt man den Pausenknopf und bespricht, was man gesehen hat."
Schaumberger, Sauer und Corona: Erste Proben per Live-Schalte
Da sich auch Schaumberger zu Beginn der Proben mit Corona angesteckt hatte, kam für ihn ungewollt noch eine weitere Ebene hinzu: "Die ersten Proben, die wir auf der Bühne hatten, konnte ich tatsächlich nur digital sehen, da wurde ich per Live-Schalte dazu genommen."
Auf diese Hyperrealität verzichtet er nun wieder gerne, denn den Zauber des Theaters verortet er doch dort, wo "man einen lebenden Körper hat, der einem etwas erzählt".
Schaumberger: "Wir sehen minutenlang Regenwürmer in einem Loch"
Was Vincent Sauer spielt, oder vor den Videos erzählt, stammt meist aus seiner eigenen Feder, auch wenn ihm Schaumberger mit manchen Videos auch eine harte Nuss aufgegeben hat: "Wir sehen minutenlang Regenwürmer in einem Loch, die sich ineinander verschlingen und dazu beschreibt der Schauspieler einen komplexen Gedankengang von seiner Faszination für Cashewnüsse und wie die hergestellt werden."
Zum großen Zauber des Theaters gehört schließlich, dass sich auch noch so unvorstellbare Dinge auf der Bühne sinnstiftend auflösen können.
Volkstheater, Bühne 2, 13. März, 20 Uhr (ausverkauft); wieder am 15./16./30. März, Karten unter Telefon 523 4655