Der neue Chefdirigent Antony Bramall

Der neue Chefdirigent des Staatstheaters am Gärtnerplatz dirigiert „Die lustige Witwe“
von  Robert Braunmüller
Anthony Bramall im neuen Orchesterprobensaal des Gärtnerplatztheaters.
Anthony Bramall im neuen Orchesterprobensaal des Gärtnerplatztheaters. © RBR

Nach dem Tag des offenen Zuschauerraums und der Eröffnungs-Gala beginnt am Donnerstag der reguläre Spielbetrieb im Gärtnerplatztheater mit der Premiere von Franz Lehárs Operette „Die lustige Witwe“. Josef E. Köpplinger inszeniert, am Pult steht Anthony Bramall, der neue Chefdirigent des Hauses.

AZ: Herr Bramall, der eine oder andere Ihrer Vorgänger dirigierte lieber Mozart und sehnte sich nach Wagner. Sie beginnen mit einer Operette. Zufall oder Programm?
ANTHONY BRAMALL: Ich habe den „Ring des Nibelungen“ und „Elektra“ als Generalmusikdirektor in Karlsruhe dirigiert. Als ich hörte, dass die „Lustige Witwe“ mein Eröffnungs-Stück wird, war ich glücklich – auch weil ich wegen meiner Mutter ein halber Wiener bin. Aber ich freue mich auch auf Vorstellungen von „Hänsel und Gretel“, „Don Giovanni“ oder die Premiere von Donizettis „Maria Stuarda“ – ein Stück, das ich noch nie gemacht habe.

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Gibt es einen gemeinsamen Nenner, der Sie an allen diesen Stücken interessiert?
Der besondere Stil. Ich habe eben Verdis „Don Carlo“ in Leipzig dirigiert. Verdi klingt anders, wenn er für Paris komponiert und nicht für Mailand, obwohl sich die Orchesterbesetzung wenig unterscheidet. Das fasziniert mich.

Wie muss denn die „Lustige Witwe“ klingen?
Einerseits leicht, wie aus dem Ärmel geschüttelt, mit einer beschwingten Unbekümmertheit. Das Tempo muss flexibel bleiben – ähnlich frei wie bei Puccini.

Josef E. Köpplinger lässt aber auch den Tod auftreten. Reagieren Sie da mit Schwere darauf?
Lehár hat ohnehin eine gewisse Morbidität. Das muss ich nicht verdoppeln. Der Tod reißt in der Inszenierung auch nicht alles an sich. Er tritt als Nebenbuhler auf.

Dirigieren Sie die Operette ungekürzt?
Das Duett „Das ist der Zauber der stillen Häuslichkeit“ wird fast immer gestrichen. Wir lassen es auch weg.

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Im Orchester spielt ein Instrument namens Tamburizza. Was ist das?
Ein mandolinenähnliches Instrument aus Osteuropa. Es ist in der Bühnenmusik vorgeschrieben, die wir nach Lehárs Vorschlag im Graben spielen. Es sorgt für Glanz und Glitzer im Vilja-Lied.

In München gibt es drei Orchester, die ein ähnliches Repertoire spielen. Wie positioniert sich da das Orchester des Gärtnerplatztheaters neben den Münchner Symphonikern und dem Rundfunkorchester?
Ich habe keinen Masterplan dafür. Das wäre auch vermessen. Nicht nur wir verändern uns, sondern auch die anderen. Die Herausforderung der fünf Jahre in der Diaspora hat zu einem Aufschwung geführt. Wir müssen erst einmal lernen, wieder im Graben zu arbeiten.

Wollen Sie auch Konzerte geben?
Ich dirigiere gerne Symphonik. Es ist nur die Frage, ob in München jemand meinen Bruckner oder Brahms hören will.

Wie hat sich der Orchestergraben durch den Umbau verändert?
Es ist eng geblieben, aber wir bringen im Ernstfall eine dreifache Holzbläserbesetzung unter. Der Klang ist schön und üppig. Ich dachte bei einer Akustikprobe, dass alle Violinen zusammenspielen würden. Dabei waren es nur die ersten Geigen.

Was ist die Stärke des Gärtnerplatz-Orchesters?
Es ist eine hochvirtuose Truppe voller Experten – auch für Barockmusik. Die Disziplin ist hoch. Es ist eine Wonne, mit diesen Musikern zu arbeiten. Die wissen einfach, wie ein Walzer klingen muss.

Es hält sich das hartnäckige Gerücht, dass der Klang vor dem Umbau auch bei Opern elektroakustisch geschönt wurde.
Das stimmt nicht. Es mag sein, dass manchmal der Klang diskret auf die Bühne übertragen wird, damit die Sänger dort das Orchester überhaupt hören – wie in jedem Opernhaus. Aber auf keinen Fall in Richtung Publikum.

Wo haben Sie die „Witwe“ zum ersten Mal dirigiert?
Vor etwa 30 Jahren in Augsburg. Ich habe schon früher viel Zeit in Bayern verbracht.

Premiere am Donnerstag, 19.30 Uhr, ausverkauft. Weitere Vorstellungen am 21., 22., 24. und 25. Oktober sowie im November

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