"Capriccio" im Prinzregententheater: Schönheit mit Schatten

Als letzte Premiere der Spielzeit zeigt die Staatsoper "Capriccio" von Richard Strauss im Prinzregententheater.
Robert Braunmüller
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Diana Damrau und Michael Nagy in David Martons Neuinszenierung der Oper "Capriccio" von Richard Strauss im Prinzregententheater.
Diana Damrau und Michael Nagy in David Martons Neuinszenierung der Oper "Capriccio" von Richard Strauss im Prinzregententheater. © Wilfried Hösl

Im besetzten Polen begann die Auflösung des Warschauer Ghettos durch die SS. Die Bewohner wurden in Vernichtungslager geschickt, die meisten von ihnen nach Treblinka. Anne Frank beginnt ihr Tagebuch in einem Amsterdamer Versteck, in München formiert sich die Widerstandsgruppe "Die weiße Rose".

In der gleichen, von Luftangriffen noch weitgehend verschonten Stadt bereitet die von Hitler und Goebbels mit Geld überschüttete Bayerische Staatsoper eine Uraufführung vor. Am 28. Oktober 1942 erklingt zum ersten Mal die Oper "Capriccio" von Richard Strauss. In diesem abgehobenen "Konversationsstück für Musik" debattieren Franzosen in einem Schloss leidenschaftlich und mit unentschiedenem Ergebnis darüber, ob der Text oder die Musik für das Gelingen einer Oper wichtiger sei.

Schatten über "Capriccio"

Den Hinweis auf den Stoff verdankte Richard Strauss dem aus Europa vertriebenen und bereits toten Schriftsteller Stefan Zweig. Der hatte sich ein halbes Jahr vor der Uraufführung aus Verzweiflung in Brasilien umgebracht - eine Reaktion von Strauss darauf ist nicht überliefert. Die endgültige Fassung des Librettos stammt von Clemens Krauss, dem damaligen Generalmusikdirektor und Intendanten der Bayerischen Staatsoper.

Richard Strauss verhielt sich in der NS-Zeit ambivalent. Er übernahm repräsentative Aufgaben, ließ sich gerne feiern, kultivierte aber von seiner Garmischer Villa aus eine distanzierte Wurstigkeit. Ein Grund für diese Gratwanderung war auch die gefährdete jüdische Schwiegertochter Alice, deren Großmutter, die im KZ Theresienstadt umkam und die zahlreiche weitere Verwandte in den Todeslagern der Nazis verlor.

Diese Schatten über "Capriccio" hat die Inszenierungen dieser Oper lange wenig gekümmert - insbesondere in München, wo der Uraufführungs-Regisseur Rudolf Hartmann trotz seiner NS-Belastung auch in der Nachkriegszeit lange als Intendant wirkte.

Die Bayerische Staatsoper bringt diese Oper nun als zweite Festspielpremiere im Prinzregententheater heraus. Die Hauptrollen singen Diana Damrau, Pavol Breslik, Michael Nagy und Kristinn Sigmundsson. Die musikalische Leitung hat Lothar Koenigs.

Inszenierung von David Marton

Inszeniert wird die Aufführung von David Marton, der in den Kammerspielen unter Matthias Lilienthal eine Reihe schöner Musiktheater-Aufführungen herausbrachte, darunter eine unvergessliche Bearbeitung von Vincenzo Bellinis "La sonnambula" im Werkraum.

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Martons Version von "Capriccio" war bereits in Lyon zu sehen. Ihm ist zuzutrauen, dass er mit dem Unbehagen an dieser Oper von Richard Strauss zurechtkommt. Denn auf der Bühne zu verschweigen, unter welchen Umständen "Capriccio" entstand, ist so feige, wie die Kritik an diesem verspielten Spätwerk wohlfeil.

Premiere am Sonntag, 19 Uhr im Prinzregententheater. Die Bayerische Staatsoper umgibt diese Neuinszenierung in der zweiten Hälfte der Opernfestspiele mit einem Strauss-Schwerpunkt, Infos unter staatsoper.de

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