Abschied vom Volkstheater in der Brienner Straße: Macbeth zerhackt die Bühne

Christian Stückl und das Volkstheater verabschieden sich von der Brienner Straße.
Volker Isfort
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Da fällt er schon, der letzte Vorhang. Christian Stückl und seine Mitarbeiter verabschieden sich von der Brienner Straße.
Da fällt er schon, der letzte Vorhang. Christian Stückl und seine Mitarbeiter verabschieden sich von der Brienner Straße. © Gabriela Neeb

"Nein, ich weine jetzt nicht", sagte Christian Stückl sichtlich aufgewühlt und wischte sich auf der Bühne des Volkstheaters eine Träne aus dem Gesicht. Gerade war Jakob Immervoll als Macbeth auf der Bühne niedergemetzelt worden. Gut, so etwas setzt Intendanten normalerweise weniger zu, aber dies war der letzte Bühnentod an der Brienner Straße, wo das Münchner Volkstheater 1983 gegründet wurde.

"Auf Wunsch der CSU", wie Stückl am Sonntagabend erinnerte. Es folgte eine wechselhafte Theatergeschichte mit einer legendären Ära unter Ruth Drexel und einem schlimmen Absturz nach ihr, der dazu führte, dass das Theater Ende der 90er Jahre vor der Schließung stand. Als Mitglied der Findungskommission für eine neue Leitung hatte sich Stückl schließlich so vehement für den Erhalt des Theaters ausgesprochen, dass der damalige Kulturreferent Julian Nida-Rümelin Stückl selbst die Intendanz anbot.

Volkstheater vor dem Umzug ins Schlachthofviertel 

"Ich bekam einen Fünfjahresvertrag mit drei Ausstiegsklauseln und einem klaren Auftrag von Ude", sagte Stückl. "Wenn das Theater nicht binnen zwei Jahren auf Vordermann gebracht worden sei und wieder großes Publikum anziehe, sei das Projekt gestorben."

Dass knapp zwei Jahrzehnte später im Schlachthofviertel ein neues Volkstheater vor der Eröffnung steht, ist also vor allem Christian Stückl zu verdanken, auch wenn der Intendant das niemals sagen und wohl noch nicht einmal so sehen würde. "Theater geht nur, wenn alle Mitarbeiter dabei sind", sagte er und holte folgerichtig alle Schauspieler, Techniker und die Verwaltung auf die Bühne, von der sich Jakob Immervoll, bayrisch-kraftvoll mit dem Beil gleich ein Erinnerungsstück heraushacken durfte.

Erinnerungsarbeit: Jakob Immervoll sichert sich ein Stück Bühne.
Erinnerungsarbeit: Jakob Immervoll sichert sich ein Stück Bühne. © Gabriela Neeb

"Aber nur er", betonte Stückl, schließlich wird die Bühne noch ein paar Wochen zur Probe gebraucht. Denn für das neue Haus, das Stückl selbst am 15. Oktober eröffnet - mit welchem Stück ist noch ein Geheimnis - will das Ensemble bestens vorbereitet sein. Und das muss es auch.

Der ewige Welpenschutz für das junge Ensemble im Provisorium an der Brienner Straße ist mit dem Umzug auch ein Stück Vergangenheit. Das neue Theater hat drei Bühnen und die allerbesten technischen Voraussetzungen. "Das ist alles sehr groß dort", sagt Stückl, der seit wenigen Tagen ein Schlüssel für die Spielstätte hat und sich im neuen Domizil ein bisschen "vorkommt wie Tebartz-van Elst - auch wenn es bei uns keine goldene Badewanne gibt", wie Stückl versichert. Die hatte der Bischof übrigens entgegen der Legende in Limburg auch nicht einbauen lassen.

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"Ohne Euch geht gar nix"

Immerhin bekommt Stückl aber ein paar Mitarbeiter und Schauspieler mehr für das neue Haus vom Kulturreferenten genehmigt. Schließlich verfügt das neue Volkstheater über drei Bühnen. Und mit den Anforderungen wachsen auch die Ansprüche. Das wichtigste aber sei, dass auch das Publikum den Wechsel mitvollziehe, sagte Stückl: "Ohne Euch geht gar nix."

Und da an diesem sonnigen Sonntagabend sogar das Gewitter einen Bogen um München schlug, konnte die Hausband beim Abschiedsfest im Garten des Volkstheaters noch Rio Reisers "Junimond" besingen. Im Licht der Wunderkerzen klang die Liedzeile "Es ist vorbei, bye bye" dann aber schon gar nicht mehr nach Trauer, sondern nach Aufbruch in eine noch bessere Zukunft.

Das Volkstheater zeigt am 4. und 5. Juli um 18 Uhr seinen "Brandner Kaspar" auf dem Königsplatz. Karten über Münchenticket und www.bayernspielt.info, derzeit nur Karten für die zweite Vorstellung

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