Interview

Die Feudalherrschaft im Theater aufbrechen

Warum die grünrote Rathauskoalition einen Antrag zum "Schutz vor Machtmissbrauch und Übergriffen in den städtischen Theatern" einbringt.
Robert Braunmüller
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Das Münchner Volkstheater zieht nicht nur bald in den Neubau im Schlachthofviertel um, es trifft nach dem Willen des Stadtrats auch Vorkehrungen gegen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe.
Das Münchner Volkstheater zieht nicht nur bald in den Neubau im Schlachthofviertel um, es trifft nach dem Willen des Stadtrats auch Vorkehrungen gegen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe. © picture alliance/dpa

München - Im Verlauf der Diskussionen um #metoo hat das städtische Kulturreferat 2019 einen Verhaltenskodex zur Prävention von Machtmissbrauch und Übergriffen erarbeitet. Die Münchner Kammerspiele, die Schauburg und die Falckenberg-Schule orientieren sich bereits daran. Die grünrote Rathauskoalition hat nun den Antrag eingebracht, den Prozess auch auf die städtischen Tochtergesellschaften Deutsches Theater, Münchner Volkstheater und Pasinger Fabrik zu erweitern.

AZ: Frau Wenngatz, gibt es einen konkreten Anlass, weshalb die Rathauskoalition die Prävention vorantreibt?
MICKY WENNGATZ: Nein, nicht in dem Sinn, dass es an einem Theater Übergriffe geben würde. In vielen Köpfen sind immer noch tradierte Rollenbilder vorhanden, und durch bloße Appelle erreicht man keine Veränderung. Es gibt einen Beschluss der Gleichstellungskommission, ein konkretes Verfahren zu erarbeiten, und dem ist das Kulturreferat nachgekommen. Der Antrag schließt sich daran an und fordert, das Konzept der Kammerspiele auch an den anderen Theatern umzusetzen.

Micky Wenngatz stammt aus Saarbrücken. Die Kommunikationsberaterin ist stellvertretende Vorsitzende der Münchner SPD, Vorsitzende des Vereins "München ist bunt!" und Vorsitzende der Gleichstellungskommission.
Micky Wenngatz stammt aus Saarbrücken. Die Kommunikationsberaterin ist stellvertretende Vorsitzende der Münchner SPD, Vorsitzende des Vereins "München ist bunt!" und Vorsitzende der Gleichstellungskommission. © Arnulf Fornoff

Eine Vertrauensperson an jedem Theater

Wie sieht das Konzept aus?
An jedem Theater soll es eine Vertrauensperson geben, an die sich Betroffene von Machtmissbrauch und sexistischen Übergriffen wenden können. Die Person soll sich durch persönliche Integrität und einen direkten Draht zu Theaterleitung auszeichnen, damit die Hinweise nicht versanden.

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Wer soll diese Person ernennen?
Im Moment kann das nur die Theaterleitung sein.

Entsteht da nicht ein Zielkonflikt, wenn das Problem von der Intendanz ausgeht? Außerhalb von München gibt es solche Fälle.
Das wäre ein Ausnahmefall. Zuallererst ist es eine Führungsaufgabe der Theaterleitung, solchen Vorfällen zu begegnen. Wenn das Problem die Intendanz betrifft, wird man andere Wege finden müssen. Uns geht es erst einmal ums Grundsätzliche.

Kunstfreiheit rechtfertigt keine Übergriffe

Bei Proben werden auch mal Grenzen getestet. Besteht nicht die Gefahr, dass strikte Regeln die Kunstfreiheit einschränken?
Aus unserer Sicht enden solche Freiheiten dort, wo Menschenrechte verletzt werden. Ich sehe da keinen Widerspruch. Es scheint mir problematisch, wenn unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit sexuelle Übergriffe oder Rassismus verteidigt werden.

Das Theater ist der letzte Ort, in dem es noch Feudalherrscher gibt.
Das wollen wir aufbrechen. Außerdem ist uns wichtig, dass Frauen im Theater nicht nur als Garderobiere oder Visagistin arbeiten, sondern auch als Autorinnen, Regisseurinnen und Intendantinnen.

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