Biografie über Ludwig XIV.: König der Künste und Kriege

Der Historiker Philip Mansel hat eine Biografie über Ludwig XIV. verfasst.
Volker Isfort
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Hofmaler Hyacinthe Rigaud erstellte 1701 dieses Bild von Ludwig XIV. im Krönungsornat - sehr zu dessen Zufriedenheit. Heute hängt es im Louvre.
Hofmaler Hyacinthe Rigaud erstellte 1701 dieses Bild von Ludwig XIV. im Krönungsornat - sehr zu dessen Zufriedenheit. Heute hängt es im Louvre. © imago images/H. Tschanz-Hofmann

Seinen berühmtesten Satz - "‚L'État c'est moi'" - hat er wahrscheinlich nie so gesagt, dennoch gilt Ludwig XIV. als die Verkörperung absolutistischer royaler Macht.

Mansel dreht den Spieß um

Zu seinem 300. Todestag 2015 gab es eine ganze Flut von wissenschaftlichen Neuerscheinungen, weshalb es auf den ersten Blick verwundert, dass der britische Historiker Philip Mansel nun eine 900 Seiten starke Biografie veröffentlicht hat. Aber er dreht den Spieß um: Eben weil es so viele neue Erkenntnisse gegeben habe, sei sein neuer Gesamtüberblick notwendig.

Kein Aspekt bleibt unbeleuchtet

Schließlich ist Mansels Buch nicht ein weiteres über den Bourbonenkönig, sondern das Versailles einer Biografie: Mansel blickt hinter jede Tür. Kein Aspekt des königlichen Lebens, von der Politik und Diplomatie, über die Kunst, die Mode, die Mätressen, die Mahlzeiten, Kriege und Krankheiten, sowie sein Glauben bleibt unbeleuchtet.

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Mit vier Jahren König

Ludwigs Geburt 1638 galt als Wunder, schließlich war seine Mutter, Anna von Österreich, in 23 Ehejahren mit König Ludwig XIII. ohne Nachkommen geblieben. Im Alter von nur vier Jahren wurde er König. Die Geschäfte allerdings übernahm als "regierender Minister" der aus Italien stammende Kardinal Jules Mazarin, engster Vertrauter der Königin und ungemein verhasst beim französischen Adel.

Leidenschaft für Musik und Militärisches

Zwei Leidenschaften entwickelte Ludwig schon sehr früh: Die Begeisterung für Tanz und Musik sowie alles Militärische. Für seine Tanzaufführungen trainierte Ludwig manchmal bis zu sieben Stunden und zur völligen Erschöpfung, bis ins Alter von 30 Jahren tanzte er bei Hofe vor Publikum, danach zum privaten Vergnügen, bis die Ärzte (und seine Korpulenz) 30 Jahre später diese Leidenschaft zum Erliegen brachte.

33 Jahre Krieg

Folgenschwerer für Frankreich und Europa war seine Begeisterung für den Krieg. 33 seiner 54 Regierungsjahre nach Mazarins Tod führte Frankreich Krieg. Der junge König besichtigte Truppen und Schützengräben, verbrachte Wochen in Militärzeltlagern und plante einzelne Attacken später minutiös von Versailles aus, was wegen der Entfernung oft fatale Folgen hatte. Ludwig sah die Pyrenäen im Süden als natürliche Grenze seines Landes an, das er östlich allerdings bis zum Rhein ausdehnen wollte, auch um einen Angriff auf Paris durch die noch zum spanischen Habsburgerreich gehörenden südlichen Niederlande (das heutige Belgien) zu verhindern.

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Ehe mit Maria Teresa

Seine Hochzeit mit Maria Teresa, der Tochter des spanischen Königs Philipp IV., war 1660 Teil eines Friedenskonzepts, das allerdings kaum länger hielt als Ludwigs Interesse an seiner Ehefrau, die schon bald hinter seine zahlreichen Mätressen zurücktrat. Immerhin gebar sie ihm drei Söhne und drei Töchter, die allerdings bis auf den "Grand Dauphin" Louis von Frankreich, im Kinder- oder Säuglingsalter starben.

Seine größte Obsession: Versailles

Ludwigs größte Obsession war der Ausbau von Versailles und dessen Gärten, die er täglich durchstreifte, um Verbesserungsvorschläge zu machen. Kein Aufwand war zu groß, um Bewunderung zu schaffen, Versailles wird nicht nur zum französischen Machtzentrum, sondern zum größten Unterhaltungsspielplatz des Adels: 1200 Aufführungen und Konzerte sollen hier zwischen 1682 und 1715 stattgefunden haben. Molière ist nur einer von vielen, der für den Hof Stücke schreibt.

Das Leben des Königs ist im immer überfüllten Schloss abseits vom Regierungstrakt öffentlich. Es gibt Tage, da berührt der Monarch bis zu 1.000 an Skrofeln erkrankte Menschen, denn ihm werden heilende Kräfte zugesprochen.

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Ludwig XIV. - ein widersprüchlicher Mensch

Der tiefgläubige Ludwig XIV. wird von Mansel als ein äußerst widersprüchlicher Mensch gezeichnet. Einerseits denkt er modern, gründet Akademien, lässt das Pariser Stadtschloss Louvre zur Kunstgalerie umgestalten und in Paris (als erste Stadt in Europa) abends öffentlich Laternen anzünden. Und natürlich wird durch Ludwigs Vorbild bald die Pariser Mode als die fortschrittlichste gelten. Andererseits isst er nicht nur mit den Fingern, er verbietet seinem Enkel bei Tische auch den Gebrauch der Gabel.

Die Vertreibung der Hugenotten

Und Ludwig XIV. begeht große Fehler. Die Vertreibung von rund 200.000 Hugenotten führt zu einem intellektuellen und wirtschaftlichen Verlust. Sein politisches Vermächtnis gerät ins Wanken, als in Madrid der kinderlos gebliebene Habsburger König Karl II. stirbt, Ludwig XIV. seinen Enkel auf dem spanischen Thron durchsetzt und das Habsburger Kapitel in Spanien für immer beendet.

Große Armee, schlechter Diplomat

Es kommt zum Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs (1701-1714). Frankreich ist zwar das bevölkerungsstärkste Land in Europa und hat die größte Armee, aber Ludwig XIV. ist ein schlechter Diplomat. Bald hat er außer Spanien nur noch einen Verbündeten in der christlichen Welt: Bayern unter Kurfürst Maximilian II. Emanuel. Zehntausende bayerische und französische Soldaten werden in der Schlacht von Höchstädt von 1704 diese Allianz bitter bezahlen.

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Französischer Flair in Bayern

Die politischen Hoffnungen Max Emanuels auf eine Herrschaft über die spanischen Niederlande erfüllen sich auch in den folgenden Jahren nicht, aber er wird nach langer Zeit am französischen Hof zurück in Bayern mit den Schlössern in Schleißheim und Nymphenburg versuchen, wenigsten einen Hauch von französischem Flair nach Bayern zu bringen.

Frühformen der Proteste

Die großen Erntekatastrophen 1709/10 kosten mehr als eine Millionen Franzosen das Leben. Es kommt zu Aufständen und Frühformen der Proteste, die acht Jahrzehnte später zur Revolution führen sollten. Am 1. September 1715, einen Tag, "auf den britische Spieler schon lange gewettet hatten", wie Philip Mansel schreibt, stirbt der 77-jährige Monarch.

Durwachsene politische Bilanz

Die politische Bilanz blieb durchwachsen: Fünf Tage vor seinem Tod, hatte er seinem Urenkel, der nun König Ludwig XV. werden sollte, noch hinterlassen, dass er nie seinem Beispiel der vielen Kriege folgen dürfe und besser für das Wohl des Volkes sorgen müsse. Denn neben den immensen Kosten für Versailles war es die Kriegslust des Königs gewesen, die schließlich zum finanziellen Ausbluten Frankreichs geführt hatte.

Philip Mansel stellt "König der Welt" (Propyläen, 944 Seiten, 59 Euro) am 29.11. um 18.30 Uhr in der Staatlichen Münzsammlung vor (Residenz)

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