Wissenschaftler: Seehofer würde CSU mit Rücktritt Gefallen tun

München - Bei der CSU sollten Parteichef und Ministerpräsident aus Expertensicht wieder ein und dieselbe Person sein, um zu alter Stärke zurückzufinden. Horst Seehofer würde seiner Partei mit einem Rücktritt als Vorsitzender einen Gefallen tun, sagte der Medienwissenschaftler Martin Löffelholz von der Technischen Universität Ilmenau, der unter anderem zu Krisen- und politischer Kommunikation forscht.
"Denn unterschiedliche Machtzentren in Landesregierung und Partei haben sich für die CSU als großer Nachteil erwiesen." Seehofer hatte im Frühjahr sein Amt als bayerischer Regierungschef an Markus Söder abgetreten, er blieb aber Parteichef.
Söder als Parteivorsitzender
"Die Wahl von Ministerpräsident Söder zum neuen Parteivorsitzenden wäre sinnvoll, um der CSU bei den Koalitionsverhandlungen und der späteren Regierungsarbeit in einer Koalition eine stärkere Position zu verschaffen", sagte Löffelholz der Deutschen Presse-Agentur in München.
"Nach zu langem Zögern gibt es für die CSU jetzt eine neue Gelegenheit zur Neuordnung der Führungsspitze." Löffelholz machte deutlich: "Die CSU geht zwar geschwächt aus der bayrischen Landtagswahl hervor, ist aber beim Wähler keineswegs abgemeldet."
CSU-Verluste stärken Merkel
Die Verluste der CSU stärken aus Sicht des Kommunikationsexperten kurzfristig Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Denn die Rolle der CSU als bundespolitischer Störenfried wird von vielen Wählern nicht gewünscht."
Mit der Niederlage der bayerischen SPD werde hingegen auch die neue sozialdemokratische Führungsspitze in Berlin unter Führung von Parteichefin Andrea Nahles abgestraft. "Das äußerst schwache Ergebnis der bayrischen SPD zeigt, dass der auf Bundesebene versprochene Erneuerungsprozess von vielen Wählern schlicht nicht wahrgenommen wird."
Eine erneute Niederlage bei der nächsten Landtagswahl in Hessen am 28. Oktober wäre ein klares Signal gegen die Fortsetzung der großen Koalition auf Bundesebene.
Herausragend gutes Ergebnis der Grünen
Die Grünen gehen aus Löffelholz' Sicht hingegen mit erheblichem Rückenwind in den hessischen Landtagswahlkampf. "Das herausragend gute Ergebnis der Grünen im eher konservativen Bayern zeigt, dass die Partei das Potenzial hat, zu einer ökologisch orientierten, liberal-bürgerlichen Volkspartei zu werden."
Neben den bayrischen Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze hätten die Bundesvorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock eindeutig gewonnen. Das Duo demonstriere "in herausragender Weise", wie ökologisch orientierte und liberal-bürgerliche Politik, die im Wahlkampf in Bayern in den Vordergrund gerückt wurde, zusammenpassen.
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