Wegen Beleidigung: Nachbar zeigt Vierjährigen an
Landshut - Maximilian (Name geändert) ist vier Jahre alt und schon bei der Polizei bekannt. Vor Kurzem bekamen seine Eltern einen Brief von der Staatsanwaltschaft Landshut. Der Grund: Der Nachbar hat den Buben wegen Beleidigung angezeigt.
„Weil es eine so kuriose Geschichte ist, habe ich den Brief einfach mal online gestellt und war einfach auf die Reaktionen gespannt“, sagt Maximilians Vater. Doch er musste richtig schlucken, als er den Brief zum ersten Mal durchgelesen hat.
Die Betreffzeile des Briefes: „Ermittlungsverfahren gegen Maximilian, geboren 2012, wegen Beleidigung.“ Und auch wenn die Sache wenige Zeilen darunter mit den Worten „von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wird abgesehen“ aufgelöst wird, erhitzen sich jetzt die Gemüter.
„Was geht denn da ab?“, kommentiert ein Nutzer im Netz. Andere fragen, was ein Vierjähriger sagen muss, um angezeigt zu werden. „Mein Sohn kennt außer ‚Du Blöder‘ keine besonderen Wörter“, antwortet der Vater, der selbst nicht weiß, was sein Sohn gesagt haben soll. Weiter schreibt er: „Aber leider kein Erfolg. Vielleicht beim nächsten Mal, so in zehn Jahren, wenn er strafmündig ist.“
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Der Nachbarschaftsstreit schwelt schon länger
Schon seit vier Jahren herrscht am Wohnort der Familie ein Nachbarschaftsstreit. Seit zwei Jahren flattern der Familie Briefe der Staatsanwaltschaft ins Haus. Auch die Polizei ist Dauergast. Egal, ob der Vater mit dem Sohn auf der Straße Fußball spielt, die Kinder zu nah am Auto des Nachbarn entlang radeln oder der Besuch der Familie falsch parkt – immer wieder wurde direkt die Polizei alarmiert.
„Es ging eigentlich stets um Lappalien, und eigentlich hätte man es ja immer anders klären können. Ich glaube aber, dass unsere Nachbarn das einfach als Freizeitbeschäftigung sehen und versuchen, sie so oft wie möglich auszuüben und uns deshalb immer wieder anzeigen“, sagt der Vater.
„Der Nachbar geht immer mit ausgestrecktem Mittelfinger an uns vorbei, hat auch schon des Öfteren meinen elfjährigen Sohn wüst beschimpft. Immer wieder filmt er unsere Kinder beim Spielen.“ Weil die Familie den Konflikt nicht weiter befeuern will, sahen sie in den meisten Fällen von einer Anzeige ab.
Kann man gegen einen Vierjährigen ermitteln?
Vor Kurzem aber ging es nicht mehr anders: „Meine Kinder haben auf der Straße gespielt, als der Nachbar mit dem Auto in unsere Straße eingebogen ist. In dem Moment, als er die Kinder gesehen hatte, ist er aufs Gas gestiegen. Hätte mein Vierjähriger die Situation in diesem Moment nicht richtig eingeschätzt, dann wäre er unter dem Auto gelegen.“ Das Verfahren wegen Nötigung im Straßenverkehr läuft noch.
Kann man überhaupt gegen einen Vierjährigen ermitteln? „Das hatten wir zu keinem Zeitpunkt vor“, sagt Oberstaatsanwalt Dr. Klaus Ruhland, stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Landshut. Wird eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt, gehe es in erster Linie nicht um das Alter des Täters. Jede Anzeige, die eingeht, werde an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, die dann ein Ermittlungsverfahren einleitet oder davon absieht. „Ein Vierjähriger ist gemäß Paragraf 152, Absatz 2, StPO strafunmündig.“ Es werde auch in keinen Akten vermerkt, dass der Bub schon mal wegen Beleidigung angezeigt worden ist.
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Um den Nachbarschaftsstreit zu beenden und zu vermitteln, wurde vor Kurzem ein Mediator eingeschaltet. Beide Nachbarn haben dort ihre Sicht der Dinge geschildert. Zu einer Aussprache kam es am Ende aber nicht. Der Nachbar habe kein Interesse an einem klärenden Gespräch gehabt.
Auf AZ-Nachfrage sagt dieser nur: „Wenn mich ein Vierjähriger als ‚Hurensohn‘ betitelt, dann muss man sich schon ein bisschen fragen, wie da die Erziehung aussieht.“
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