Uni-Projekt in Bayern deckt die Wege des Kunststoffs um die Welt auf
Erlangen/Nürnberg - Ein Aufruf der besonderen Art sorgte für Aufsehen. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hatten im Juli Urlauber dazu aufgefordert, ihnen Müll vom Ferienort zusenden. Dabei ging es aber nicht um gewöhnlichen Haushaltsmüll, sondern um Plastik das an Stränden, in Bergen oder Wäldern liegt. Die Funde werden derzeit ausgewertet – die Resonanz war groß.
"Ziel ist, zu prüfen, wie sich Kunststoff unter verschiedenen Umwelteinflüssen abbaut", sagt Andrea Büttner, Professorin für Aroma und Geruchsforschung an der FAU der AZ. Sie leitet das Forschungsprojekt. So könne man Erkenntnisse über den Alterungsprozess der Stoffe erlangen. Plastikmüll in unserer Umwelt sei zu einem akuten Problem geworden, das immer mehr Menschen auf der ganzen Welt beschäftigt. Vielen sei aber nicht unbedingt bewusst, welche Wirkung die Kunststoffe auf die Natur haben, sagt Büttner.
Projekt der Universität Erlangen-Nürnberg: "Überall habe ich den Drang, Plastikmüll einzusammeln"
Denn was viele nicht wissen: Kunststoffen werden in der Produktion zahlreiche Zusätze wie Weichmacher und UV-Schutzmittel zugefügt, um ihnen bestimmte Eigenschaften wie Farbe oder Robustheit zu verleihen. "Diese Substanzen können sich unter Umwelteinflüssen verändern und erhebliche Auswirkungen haben.".
Viele dieser Zusätze reagieren nämlich auf Umwelteinflüsse und bilden neue potenziell schädliche Verbindungen, erklärt Büttner. Dies macht es schwierig, die Langzeitwirkungen auf die Umwelt vollständig zu verstehen. Gerade deshalb seien der Aufruf und die Forschung so wichtig. Die Expertin selbst sammelt schon lange Müll in ihren Urlauben. "Da bin ich fast schon paranoid", sagt sie. "Überall auf der Welt habe ich den Drang, Plastikmüll einzusammeln." Auch so sei die Idee für den Aufruf entstanden.
Die Forscher der Friedrich-Alexander-Universität erhielten Proben aus der ganzen Welt
Die Resonanz war groß: "Wir haben unglaublich viele Zusendungen von Urlaubern erhalten", erzählt die Forscherin. "Die Vielfalt der eingesandten Fundstücke war beeindruckend und zeigt, wie weit verbreitet dieses Problem ist." Von Quietscheentchen bis zu Schwimmhilfen sei alles dabei gewesen. "Insgesamt waren es über 100 Zusendungen", sagt Büttner, "und es kommen immer noch welche hinzu."
Auch Christina Kibuta, eine Doktorandin, die die Funde mitauswertet, berichtet von dem besonderen Variantenreichtum: "Wir haben Proben aus der ganzen Welt erhalten." Von Japan über Tansania bis Spanien seien Zusendungen dabei gewesen. "Jeder Kontinent ist vertreten – es war wunderbar, die Pakete zu öffnen", so Kibuta.

Plastikmüll in den Ozeanen häuft sich zu riesigen Müllstrudeln an
Die Funde bereiten aber auch Sorgen. "Es waren viele Zigarettenstummel und Flaschen dabei – aber etwa auch Kunststoffkanister, die Chemikalien enthielten", sagt Büttner.
Plastikmüll in den Ozeanen ist ein globales Problem. Büttner spricht von bekannten Müllstrudeln, wie dem "Great Garbage Patch", einem riesigen Plastikmüllhaufen, der im Meer umherschwimmt. Die Forschung von Büttner zielt auch darauf ab, Lösungen für den Umgang mit Plastikmüll zu finden. Sie weist darauf hin, dass es nicht ausreicht, Recycling als alleinige Lösung zu betrachten. "Die Menschen schreien heutzutage immer danach, dass Sachen recycelbar sein müssen – Recycling ist aber unglaublich aufwendig."
Der Forscher wollen die Bevölkerung für das Problem sensibilisieren
Viel wichtiger sei es, Kunststoff-Produkte möglichst lange nutzbar machen zu können und die Lebensdauer von Produkten zu verlängern. Sie hofft auch, dass die Bevölkerung durch das Projekt sensibilisiert wird und neue Projekte ins Leben gerufen werden, um das Problem anzugehen. "Es haben sich unfassbar viele Umweltorganisationen bei uns gemeldet und wir sind mit ganz vielen in Kontakt gekommen."
"Es ist offensichtlich, dass die Herausforderungen des Plastikmülls in der Umwelt eine vielseitige Herangehensweise erfordern." Die Forschung und die Sensibilisierung der Bevölkerung seien wichtige Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft.
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