Streit unter Nachbarn: Zwei Tote
Ärger unter Nachbarn gibt es immer wieder – wegen zu lauter Musik, Müll im Treppenhaus oder anderen Kleinigkeiten. Doch was in einem gepflegten Mehrparteienhaus am Marktplatz von Rott am Inn in der Nacht auf Dienstag gegen 22 Uhr passiert ist, ist die absolute Eskalation eines solchen Streits: Am Ende liegen eine Frau (66) und ein Mann (73) erstochen in einer Wohnung.
Nach AZ-Informationen handelt es sich dabei um den ehemaligen Hausmeister des Gebäudes, Helmut H., sowie Elisabeth G.. Die beiden waren an dem Nachbarschaftsstreit gar nicht beteiligt – und mussten dennoch sterben.
Was ist passiert?
Nachbarn des Hauses im Ortskern, in dem auch ein Friseursalon und eine Sparkassenfiliale untergebracht sind, schildern „Rosenheim24“, dass eine junge Frau eine Party mit einem 25-jährigen Mann gefeiert habe – „die war total zugedröhnt“, sagt ein Nachbar über die 20-jährige Bewohnerin.
Einem Mann, der direkt unter der jungen Frau am Marktplatz 13 wohnt, ist das wohl zu viel Lärm gewesen. Er geht ein Stockwerk höher, klingelt und beschwert sich. Es sei wohl nicht das erste Mal zum Streit gekommen, erklärt die Polizei.
Wie die Situation eskaliert: Der Mann kündigt an, die Polizei zu rufen, geht zurück in seine Wohnung. Doch der 25-Jährige folgt ihm – mit einem Messer in der Hand. Der Mitbewohner von unten verschanzt sich. Für die beiden Opfer kommt jede Hilfe zu spät
Dann passiert das Unfassbare: Der 25-Jährige sticht auf die beiden Opfer ein, eine 66-Jährige und ein 73-Jähriger, die wohl von dem Lärm im Haus aufgeschreckt in den Flur gekommen sind. Sie hatten getrennte Wohnungen, waren nicht liiert.
Wohin der Täter flüchtet: Der 25-Jährige rennt davon – in Richtung des nördlichen Ortsrandes. Nachbarn berichten, dass der Mann – kein Asylbewerber, wie Stefan Sonntag von der Polizei Oberbayern-Süd auf AZ-Nachfrage bestätigt – dort wohnt.
Er lebe „seit vielen Jahren in Deutschland“ und hat die türkische Staatsangehörigkeit, teilt die Polizei mit.
Dann kommt die Polizei: Gegen 22.20 Uhr geht ein Notruf ein, dass die zwei älteren Menschen mit Stichverletzungen in dem Haus liegen.
Doch Sanitäter und Ärzte können den beiden nicht mehr helfen. Sie sterben trotz Wiederbelebungsmaßnahmen noch am Tatort. Dort nimmt die Polizei die 20-Jährige fest, die vorher mit dem vermeintlichen Täter gefeiert hatte. Sie leistet erheblichen Widerstand, verletzt dabei einen Beamten. Die Polizei äußert sich nicht zu angeblichen Spritzen oder Drogen in der Wohnung der 20-Jährigen.
„Die Hintergründe und das Umfeld müssen wir erst aufklären, das ist Teil der Ermittlungen“, sagt Sonntag. Auch, ob der junge Mann und die Frau ein Paar sind, gilt es noch zu klären.
Die Suche nach dem Täter: Die Polizei kann noch gegen 1.30 Uhr den 25-Jährigen festnehmen. Per Großfahndung suchten sie nach dem Flüchtigen, auch ein Hubschrauber war dabei im Einsatz. Am nördlichen Ortstand von Rott am Inn wird er später gefasst. Am Dienstag ist er im Laufe des Tages vernommen worden, sagt Polizeisprecher Sonntag der AZ. Auch Nachbarn werden befragt: „Das dauert ein paar Stunden, die Zeugen werden ausführlich vernommen“. Gegen den 25-Jährigen erlässt das Amtsgericht Rosenheim Haftbefehl, die 20-Jährige wird entlassen.
Das Haus wird abgesperrt, die restlichen Bewohner müssen ihre Wohnungen verlassen, damit die Spurensicherung arbeiten kann. „Es werden nun Vernehmungen durchgeführt und kriminaltechnische Untersuchungen“, schildert Sonntag. Die Leichen werden obduziert.
Nach dem brutalen Raubmord in Königsdorf ist es der zweite Mord an Senioren in kurzer Zeit.