Söder will Impfpflicht diskutieren und stößt auf breite Kritik
München/Berlin - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eine Debatte über eine Impfpflicht für Pflegepersonal in Heimen angestoßen - und auf breiter Front Widerspruch geerntet.
Frank Werneke: "Impfung muss freiwillig sein"
Der Koalitionspartner SPD widersprach ihm ebenso wie die Opposition, Patientenschützer und Gewerkschaften. "Die Impfung muss freiwillig sein; eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen darf es nicht geben", sagte Verdi-Chef Frank Werneke.
Bisher hatte die Politik eine Pflicht zur Corona-Impfung strikt ausgeschlossen. Söder sagte nun, wenn man höre und lese, dass sich wenige Pflegekräfte impfen lassen wollten, müsse man darüber diskutieren.
Bärbel Bas: "Unser Ziel ist es, Menschen zu überzeugen"
Der Ethikrat müsse sich mit der Frage beschäftigen. "Wir müssen uns überlegen, ob wir für die besonders hochsensiblen Bereiche, das sind die Alten- und Pflegeheime, den Schutz besonders erhöhen", sagte der CSU-Chef im ZDF-"Morgenmagazin". Zuvor hatte er sich bereits in der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag) so geäußert.
Die SPD im Bundestag wies den Vorstoß zurück. "Unser Ziel ist es, Menschen zu überzeugen. Eine Impfpflicht lehnen wir ab", sagte SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas am Dienstag. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, er halte die bisherige Entscheidung gegen eine Impfpflicht für richtig. "Im Moment über eine Impfpflicht zu spekulieren, verbietet sich", sagte Heil in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart".
Friedrich Merz: "Ich bin kein Freund der Impfpflicht"
Auch Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz, äußerte sich so. "Ich bin kein Freund einer Impfpflicht", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und plädierte für eine "deutliche Empfehlung" für eine Impfung.
Auch Politiker der Opposition kritisierten Söder. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sagte "MDR Aktuell", sie halte nichts davon. "Das ist immer wieder auch von Frau Merkel gesagt worden: Es soll keine Impfpflicht geben." Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte, man habe sich die ganze Zeit dagegen ausgesprochen. "Das ändern wir jetzt nicht mittendrin", sagte er in Stuttgart. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Wir haben weiter vor Ort zu wenig Impfstoff, das ist unser Problem. Der implizite Vorwurf, der dem Pflegepersonal mit der Impfpflichtdebatte gemacht wird, versucht Verantwortung zu verschieben."
Der Deutsche Pflegerat nannte Söders Vorstoß "das völlig falsche Signal". Pflegende hätten in der Pandemie bewiesen, dass sie über das Zumutbare hinaus arbeiten, und das seit Monaten, mit vorerst wenig Aussicht auf baldige Verbesserung der Lage, erklärte Präsident Franz Wagner in der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Wenn jemand tatsächlich Bedenken wegen der Impfung hat, braucht es erstmal gute, auf die Zielgruppe zugeschnittene Informationen, um diese aufzufangen."
Verdi-Chef Werneke rief Beschäftigte dazu auf, sich impfen zu lassen. "Nach Abwägung aller Chancen und Risiken ist es schon aus Gründen des Selbstschutzes und des Schutzes der Angehörigen angeraten, sich impfen zu lassen, sofern nicht ernste gesundheitliche Gründe dagegen sprechen", sagte er.